Zehn Bildhauerinnen, die uns begeistern! (Part I)
Wie kein zweites Medium reflektiert die zeitgenössische Skulptur Parameter wie Form, Raum und Material. Gerade letzteres wird von einer jungen Generation an Künstlerinnen und Künstlern unmissverständlich wieder in den Mittelpunkt gestellt. Ohne Anspruch auf die Vollständigkeit dieses Portfolios möchten wir in zwei Teilen exemplarisch einige Positionen der „Neuen Skulptur“ vorstellen.
Angelika Loderer
Die 1984 geborene Künstlerin Angelika Loderer experimentiert mit Materialien wie Sand, Wachs, Metall, Gips, aber auch mit lebendigen Organismen wie Pilzmyzelen, um ihren Begriff von Skulptur weiterzudenken. Pilze verändern und zersetzen so lange Fotografien, bis der Prozess selbst durch das Austrocknen der Myzele gestoppt wird. Indem sie Löcher von verlassenen Tierbehausungen (wie Maulwurfsgänge oder Spechthöhlen) ausgießt, verzichtet Loderer nicht nur selbst auf den künstlerischen Formfindungsprozess, sondern veranschaulicht auch natürliche Vorgänge, die für den Menschen normalerweise unsichtbar sind, und verbindet so humane und animalische Lebensweisen.
Toni Schmale
Der Mensch, auch als Produkt von sozialkulturell geprägten Geschlechts-, Identitäts- und Rollenzuschreibungen, steht im Mittelpunkt der Skulpturen, performativen Interventionen und Videos der 1980 in Hamburg geborenen Künstlerin Toni Schmale. Skulpturen aus Metall, Beton und Gummi wirken wie dysfunktionale Maschinen, öffnen ein Spektrum des Begehrens und wecken Assoziationen zu Fitness- und Foltergeräten – seien es jene von körperlichen Optimierungsstrategien oder von Praktiken sexueller Lustbefriedigung. Ebenso wie das eigene Selbst in seiner Identität stets vom äußeren Blick eines Anderen determiniert ist, markieren ihre Skulpturen jene Verbindung zwischen innerer imaginierter Wirklichkeit und äußerer materieller Realität.
Cäcilia Brown
Cäcilia Brown interessiert sich für Prozesse des Verfalls und der Vergänglichkeit, für die Konstruktion aus Dekonstruktion, die Dimension und die Materialität im Verhältnis zum umgebenden Raum. Aus Abrisshäusern geborgene Materialien, wie mit Farbspuren oder Betonresten verklebte Dachbalken, Metallteile oder Gläser, sind oftmals Ausgangsmaterial für ihre skulpturalen Installationen. Die Fragmente werden meist ohne dauerhafte Verbindungen so aneinander gelegt, dass sie sich gegenseitig stützen und überlagern, womit sie in ihrer Massivität atmosphärische Dichte und Beständigkeit vermitteln wie zugleich Fragilität und Vergänglichkeit – indem sie sich weigern, eine dauerhafte Formvollendetheit anzunehmen.
Raphaela Vogel
Die Antwort auf die große Frage des Lebens kann so schwierig sein. Oder ganz einfach. Zumindest wenn die Frage „Was mache ich nach dem Aufstehen“ lautet und an Raphaela Vogel gerichtet ist. Denn deren Antwort ist: „Liegenbleiben“. Die in Berlin lebende Künstlerin nennt dieses „Liegenbleiben“ auch ihre „lethargische Praxis“, die die Grundlage ihrer Kunst sei. Das klingt hübsch, aber für eine erfolgreiche junge Künstlerin, die gerade ihre vierte große Ausstellung in diesem Jahr eröffnet hat, schon ein wenig kokett. Sie meine das jedoch keineswegs so. Das Tagträumen, das nicht auf ein Ergebnis zielende Ideen-Entwickeln und Ideen-Festhalten sei vielmehr Voraussetzung für ihr Arbeiten. Demnächst müsse sie deshalb wieder mehr „liegenbleiben“.
SOPHIE HIRSCH
Die Werke von Sophie Hirsch sind ein Balanceakt. Nicht nur weil sie sich wortwörtlich mit physischen Fragen von Gleichgewicht und Wechselwirkungen zwischen Polen befassen, sondern auch metaphorisch, wenn die 1986 in Wien geborene Künstlerin ihre Alltagsbeobachtungen im Material verarbeitet. So sind es oft gesellschaftliche Codes, die die sehr analytischen Überlegungen der Künstlerin anregen, die sich sodann in scheinbar intuitiven, jedoch letztlich sehr kontrollierten Objekten manifestieren. Ihre Skulpturen gehen dabei vom Körper aus und große Teile ihrer Praxis werden zunächst am eigenen Bewegungsapparat erprobt, ehe sie in der Skulptur Übersetzung finden.