Quer durch Bayern | Teil 2

Von Oberpfalz bis Würzburg

Unser Kunst- und Kulturraum führt uns über München hinaus in alle Himmelsrichtungen des Freistaates Bayern und der Region Franken. Freilich gäbe es in dieser der Kunst so nahen Gegend noch viel mehr zu entdecken, doch unsere Auswahl soll Ihnen Höhepunkte präsentieren und den einen oder anderen Ankerpunkt für Ihre nächste Reise nahelegen. Zum ersten Teil kommen SIe hier.


Oberpfalz

Kooperatives Arbeiten im Museumsnetzwerk

Kooperatives Arbeiten – davon lassen sich auch die Museumsleiter der Kulturkooperative Oberpfalz inspirieren: Das SPUR Museum, das Cordonhaus, das Oberpfälzer Künstlerhaus, das Luftmuseum und das Museum Ludwig Gebhard haben sich zum Netzwerk „Zeitgenössische Kunst“ zusammengeschlossen. So können sie Gästen die kulturellen Perlen der Region noch besser näherbringen. Erlebbar ist die Kunst dabei im Spannungsfeld zu historischen Bauten wie einem Zehentstadel, einer extravaganten Gründerzeitvilla oder bereits ganz unmittelbar im öffentlichen Raum wie in Tiefenbach, wo 13 Skulpturen - Kopfbilder und konstruktivistische Figuren aus Bandstahl - den Weg zum Museum Ludwig Gebhard säumen. Einige der Künstler hatten ihre Heimat in der Oberpfalz, nun könnten ihre Werke Urlauber mit dem Erwerb eines „Siebdruckführerscheins“ zu eigenen kreativen Werken anregen. Unseren Horizont insgesamt zu erweitern ist ein besonderes Anliegen des Luftmuseums in Amberg, zeigt es Kunst doch gern von ihrer experimentellen Seite.

Mehr Museumstipps der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern finden Interessierte mitten in der Münchner Altstadt in persönlicher Beratung im Infopoint Museen & Schlösser in Bayern (Alter Hof, Mo.-Sa. 10-18 Uhr) und digital auf dem Blog Museumsperlen.

„Großer geharnischter Sitzender“, 1995, Eisenplastik von Lothar Fischer, einem Mitglied der Gruppe SPUR © www.bayern.by - Florian Trykowski


Nürnberg

Eine Kunsttour durch Nürnberg

Eine Kunsttour durch Nürnberg, die zweitgrößte Stadt Bayerns, beginnt man am besten unweit des Hauptbahnhofes im dichten „KunstKulturQuartier“. Für alle Fans der zeitgenössischen Kunst ist erste Anlaufstelle hier die „Kunsthalle Nürnberg“, die seit 1967 mit internationaler Gegenwart die Stadt aufmischt. Diesen Herbst ist eine große Einzelausstellung Marcel Odenbachs geplant. Der 1953 in Köln geborene Künstler ist ein Pionier der Videokunst in Deutschland, der schon früh eine spezifische Bildsprache der Montage und Überblendung von Film- und Fernsehmitschnitten, Archivmaterial und selbst produzierten Bildern sowie Filmsequenzen entwickelt hat. Außerdem fasziniert Odenbach, der auch schon in der Kunsthalle Wien zu Gast war und von der Galerie Crone vertreten wird, mit großformatigen Papierarbeiten und kleinteiliger Collagetechnik. Die Ausstellung in der Kunsthalle Nürnberg gibt mit einer Auswahl von Collagen, Filmen und zwei großen Videoinstallationen einen konzentrierten Einblick in das vielfältige Werk von Marcel Odenbach, der in Köln, Berlin und zeitweise in Ghana lebt. Neben dem „Künstlerhaus“, das zwischen offenen Werkstätten und Veranstaltungen ein vielfältiges Programm bietet, und dem „Kunsthaus“, wo im Herbst eine Soloschau von Kevin Coyne zu sehen ist, empfehlen wir im KunstKulturQuartier vorrangig auch einen Besuch der „Kunstvilla“. Hier wird Kunst aus Nürnberg von 1900 bis heute gezeigt, und die Stadt rückt einem Besucher mit diesen Einblicken ein Stück näher.

Zurück in Richtung Frauentorturm, einem der vier mächtigen Rundtürme Nürnbergs, lohnt dann ein Besuch im Kunst und Design Hotspot „Neues Museum“. Im Herbst zieht hier Andy Warhol, begleitet von Cy Twombly und anderen Stars der Sammlung des Museum Brandhorst, ein. Zum 20-jährigen Bestehen des Neuen Museum gastieren rund 50 Werke aus der Münchner Sammlung in Nürnberg. Ein Besuch im „Germanischen Nationalmuseum“ ums Eck darf auch nicht fehlen, ehe wir einmal quer durch die Altstadt zum „Albrecht-Dürer-Haus“ spazieren. Freilich gäbe es am Weg noch genug zu entdecken – etwa das „Spielzeugmuseum“ oder das „Stadtmuseum im Fembo-Haus“, das 950 Jahre Nürnberger Geschichte veranschaulicht. Doch das Dürer-Haus sticht als Besonderheit hervor, es ist das einzige Künstlerhaus aus dem 16. Jahrhundert in Nordeuropa. Ab 1509 wohnte und arbeitete Albrecht Dürer (1471–1528) in dem mächtigen Fachwerkhaus, das man nun museal durchschreiten darf. Es ist eines der wenigen unzerstörten Bürgerhäuser aus Nürnbergs Blütezeit und seine Räume spiegeln heute authentische historische Atmosphäre. Besonderheiten sind die Führungen durch eine Schauspielerin als Dürers Ehefrau Agnes sowie die Erläuterungen historischer Drucktechniken in der Hauswerkstatt.

ALBRECHT-DÜRER-HAUS, Foto © Uwe Niklas

NEUES MUSEUM, NÜRNBERG. Foto © Florian Trykowski, floriantrykowski.com

Kulturhauptstadt Europas N2025 - 2. Bid Book

Nürnberg hat am 21. September 2020 das zweite Bewerbungsbuch um den Titel Kulturhauptstadt Europas 2025 bei der Kulturstiftung der Länder eingereicht. Auf 100 Seiten beschreibt das Buch das geplante kulturelle und künstlerische Programm, die europäische Dimension, die Strategie und die Idee, die hinter dem Slogan PAST FORWARD und den drei Themen „Humanity“, „Activity“ und „Community“ steht.

Foto: Olivia Barth-Jurca


Erlangen

Kunstmuseum Erlangen und das Kunstpalais

So gilt es in Erlangen neben den beiden zentralen Ausstellungshäusern auch jede Menge Kunst im öffentlichen Raum zu entdecken. Der „Kunst- Guide“, ein laufend aktualisierter Plan, bietet einen Einstieg in die frei zugängliche Kunst der Stadt. Im Rahmen eines Spaziergangs entlang der mehr als dreihundert Kunstobjekte im öffentlichen Raum kann man sich einen Überblick über das Kunstschaffen in und um die Region verschaffen. Für Kunstbegeisterte sind aber zunächst vor allem Besuche im Kunstpalais sowie im Kunstmuseum Pflichttermine, denn das Herbstprogramm der beiden Häuser lässt sich sehen. Hier begegnen wir unter anderem Vivian Greven, der jungen Malerin, die wir bereits im PARNASS Up&Coming als aufstrebende Künstlerin aus Düsseldorf kennenlernten.

Das Kunstmuseum Erlangen ist eine Plattform für die spannende, vielfältige Kunstszene aus Erlangen, Fürth und Nürnberg, aber auch aus ganz Franken und der Oberpfalz. Seit 2001 zeigt das Museum im barocken Loewenichschen Palais Einzel- und thematische Gruppenausstellungen mit herausragenden modernen und zeitgenössischen Künstlern aus der Region, deren Strahlkraft und künstlerische Qualität weit über die Region hinausreicht. Die Keramikwerkstatt von Elly und Wilhelm Kuch hatte eine solche Strahlkraft, war Drehscheibe für Künstler aus der ganzen Welt, die sich zum Arbeiten und zum künstlerischen Austausch ausgerechnet im fränkischen Burgthann trafen. 

Das Kunstpalais – Museum für zeitgenössische Kunst im Herzen von Erlangen – präsentiert die Einzelausstellung der Malerin Vivian Greven. Sinnliche Oberflächen, erotische Kompositionen, makellose Schönheit, doch immer wieder durch einen überraschenden, kalten Durchschuss verzerrt – die neuesten Gemälde von Vivian Greven (*1985 Bonn) verführen die Betrachter mit einer eigentümlichen Spannung, die sich zwischen Polen wie Perfektion und Unheimlichkeit, Tradition und Avantgarde aufbaut.

Vivian Greven, "E.A.", 2020, Öl und Acryl auf Leinwand, 120 x 90 cm, Courtesy the artist, Foto: Ivo Faber


Bamberg

Vom Kunstverein über das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia bis hin zu den großen Museen der Stadt bietet Bamberg vielfältige Kulturbegegnungen. Im Historischen Museum Bamberg steht die Plastiktüte im Zentrum einer hochaktuellen kulturhistorischen Schau. Sie gilt als umstrittenes Symbol unserer Konsumkultur und soll in Kürze abgeschafft werden. Die Ausstellung „Tüte um Tüte“ widmet sich erstmals diesem kulturgeschichtlichen Objekt. Sie zeigt, wie und warum man begann, im 19. und 20. Jahrhundert zunächst Papier- und dann Plastiktüten zu verwenden, welches Image sie ihren Trägerinnen und Trägern verleiht und mit welchen Mitteln sie als Werbefläche dient. Ein anderer Pflichttermin: Die Sammlung Ludwig begeht dieses Jahr ihr 25-jähriges Bestehen in Bamberg. Diese wird mit einer Ausstellung gewürdigt, die 25 besondere Schätze aus der Porzellan- und Fayencesammlung des Sammlerehepaars Ludwig genauer unter die Lupe nimmt.

ALTES RATHAUS | © BAMBERG Tourismus & Kongress Service


Würzburg

Eine Symbiose von vergangenheit und Gegenwart

Kunst in historischen Architekturen erleben, dafür steht Würzburg. Ob im Martin von Wagner Museum im Südflügel der fürstbischöflichen Residenz, im Museum für Franken auf der Festung Marienberg oder im Kulturspeicher – einem Hafenspeicher vom Beginn des letzten Jahrhunderts. Wie gut sich zeitgenössische Kunst in kulturhistorisches Gut einfügt, beweisen in Würzburg mehrere Stationen. Ungewohnt ist im Kulturspeicher zunächst der architektonische Rahmen. Das Museum für Kunst vom 19. bis zum 21. Jahrhundert befindet sich seit 2002 in einem denkmalgeschützten Hafenspeicher aus dem Jahr 1904. Auf 3.500 Quadratmetern Ausstellungsfläche treffen hier Werke aus Romantik, Biedermeier, Impressionismus, Expressionismus sowie der heutigen Zeit auf die über 250 Exponate umfassende Sammlung „Peter C. Ruppert. Konkrete Kunst in Europa nach 1945“. Diese Dauerausstellung ist besetzt mit Künstlern wie Max Bill, Günter Fruhtrunk und Victor Vasarely.

Der Name Giambattista Tiepolos (1696–1770) hat in Würzburg einen hellen Klang. Die Fresken, die dieser Jahrhundertkünstler zwischen 1750 und 1753 in der Fürstbischöflichen Residenz geschaffen hat, gehören zu seinen bedeutendsten Werken, die jedes Jahr Hunderttausende von Besuchern anziehen. Anlässlich von Tiepolos 250. Todesjahr zeigt das Martin von Wagner Museum sämtliche Zeichnungen Tiepolos in seinem Besitz neben einer Reihe internationaler Leihgaben, dazu zahlreiche Blätter aus seinem unmittelbaren Wirkungskreis: Merkskizzen seiner Söhne Giandomenico und Lorenzo ebenso wie Pauskopien seines wichtigsten Mitarbeiters Georg Anton Urlaub. 

Die Festung Marienberg erhebt sich als Wahrzeichen über Würzburg. Sie liegt nur eine Shuttlebusfahrt von der Würzburger Residenz oder einen Spaziergang von der alten Mainbrücke entfernt. In dem großzügigen Gebäudekomplex befindet sich mit dem Museum für Franken eine der bedeutendsten Kunstsammlungen Bayerns. Zwischen Weinbergen, alten Mauern und barocken Gärten lädt das Museum zu einer Erkundungstour ein. Ob allein oder mit Freunden kann man hier besondere Schätze entdecken: Die weltberühmte Riemenschneider-Sammlung mit über Werken des mittelalterlichen Bildhauers, den bronzenen Kultwagen aus Acholshausen oder auch die Gemälde von Lucas Cranach d. Ä. und Giovanni Battista Tiepolo. Von der Archäologie bis ins 19. Jahrhundert, von der Malerei bis hin zu meisterhaftem Kunsthandwerk bietet das Museum für Franken eine herausragende Sammlung. Im Fürstenbau, der sich im inneren Burghof befindet, können Sie die Kunstschätze der Fürstbischöfe entdecken und mehr über die Geschichte Würzburgs erfahren. Zudem bietet sich einer der herrlichsten Blicke über die Stadt.

FESTUNG MARIENBERG, Außenansicht Museum für Franken © Museum für Franken/MainfrankenMedia

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