Ein Tipp aus London: Robert Rauschenberg

Gang und Hauptraum der Galerie Ropac im Ely House werden bis Ende Juli mit Arbeiten von Robert Rauschenberg bespielt. Den Kern der Ausstellung bilden zwei Serien aus fotografisch basierten Siebdrucken mit Malerei auf Aluminium die Rauschenberg 1991 als Resultat seiner langjährigen Experimente mit Metall erarbeitete. Die „Night Shade“-Serie ist naturgemäß dunkel, mit dichten schwarzen Pinselstrichen übersät und hält die Betrachter auf Distanz, während dieselben bei der „Phantom“-Serie durch das glänzende Aluminium als Spiegelung ins Bild geholt werden.


Die Räumlichkeiten des Ely House bieten beste Voraussetzungen für den Dialog von Rauschenbergs alten Fotografien mit den beiden Serien. Umgeben von der reichen architektonischen Gliederung des Gebäudes fungieren die Fotografien, die auf unzähligen Reisen des Künstlers entstanden sind, wie eine Vorgeschichte zu den Gemälden, die gelernt und verstanden werden muss, um die Bildsprache dieser Serien aufnehmen zu können. Vor allem die „Phantom“ Werke bauen auf einer Interaktion mit den Fotografien auf, da diese monochromatischer und dadurch visuell schwerer zu entziffern sind. Die eigene Reflektion der Betrachter verschmilzt mit den Siebdrucken der zuvor gesehenen Fotos, was diese sowohl als fremde als auch als eigene Erinnerungen aufscheinen lässt. Rauschenbergs Auswahl an Fotografien aus den 1950er- und 1960er-Jahren dienen ihm als Selbstreflektion, die er in den zwei Serien aufarbeitet. Demnach kann das Widerspiegeln des Gegenübers in diesen Bildern sowohl als physisches Eindringen verstanden werden, wie auch als eine Positionierung der Betrachter in die Denkweise des Künstlers.  

Installationsansicht, Ely House, © Thaddaeus Ropac Gallery

Die „Night Shades“ sind dunkler und wirken schwerer geradezu bedrückend. Wie albtraumhafte Verzerrungen der unterlegten Fotografien erscheinen die schwarzen Linien als eine Verschleierung aber auch als emotionale Aufarbeitung dieser Erinnerungen. Der Titel der Serie bezieht sich auf die gleichnamige Pflanze, die dunkle, giftige Beeren trägt, kann aber auch auf das Fallen eines Vorhanges (Shades) hindeuten.  Die „Phantoms“ spielen dagegen auf den phantasmagorischen Effekt der Spiegelung.

Die Ausstellung, die nach ihrer Eröffnung in Paris letzten Jahres nun am Londoner Standort der  Galerie Thaddaeus Ropac zu sehen ist, gibt einen umfangreichen Einblick in einen Bereich des Schaffens von Rauschenberg, der den meisten Besuchern nicht allzu vertraut sein dürfte. Mit der erlesenen Auswahl und dem erhellenden Fokus auf Rauschenbergs Werk, gelingt der Galerie Ropac erneut eine faszinierende Ausstellung von musealer Qualität.

London Ely House

37 Dover Street, W1S 4NJ London
Vereinigtes Königreich

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