Tirol Kunstsommer Highlights 2020

Ob Museum, Kunstraum oder Galerie, Tirol hat diesen Sommer einiges zu bieten. Wir haben ausgewählte Highlights zusammengefasst.


Kunstraum Innsbruck

In Zeiten von Orientierungslosigkeit und der Unmöglichkeit stabile geopolitische Grenzen zu ziehen, visualisiert Siniša Ilić mögliche Erinnerungen an 100 Revolutionen. Er zeichnet in seinem Kunstwerk die fragilen Bedingungen unseres Lebens nach und suggeriert eine mögliche Orientierung in einer sich in ständigem Wandel befindlichen Welt. Bilder von arbeitenden Menschen verflechten sich mit Landschaften der Kontrolle und des politischen Aufruhrs. Die aktuelle Gesundheitskrise reiht sich in eine lange Geschichte historischer Veränderungen ein: von der Oktoberrevolution und der blockfreien Bewegung bis hin zu den Beobachtungen des Künstlers bezüglich des Überlebens in einer neoliberalen kapitalistischen Welt, die auf Klassenhierarchien, rassistischen Ausgrenzungen und Ausbeutung beruht.

Die Ausstellung "Un_controlled Territories" präsentiert eine Auswahl der jüngsten Kunstproduktionen von Ilić. Unter Verwendung verschiedener Medien, Kleinformatzeichnungen, großer temporärer Wandgemälde, Videoarbeiten, Drucke und Collagen schafft Siniša Ilić eine visuelle Sprache für die Erforschung vergangener, aktueller und imaginärer politischer Entwicklungen und Bewegungen mit dem Interesse an einer anderen Zukunft.

UN_KONTROLLIERTE TERRITORIEN | Siniša Ilić bis 10. Oktober

ZUM TERMIN

Siniša Ilić, Orientation in 100 Revolutions, 2017 (acryl, pen and textile on board, 25x35 cm)


Taxisplais

Die Siebdrucke von Corita Kent (1918–1986) vereinen diverse visuelle und textuelle Quellen auf unerwartete und freudvolle Weise. Ästhetische Erfahrungen des Alltags, spirituelle Botschaften, Zitate aus Literatur, Popkultur und den Massenmedien werden farbintensiv nebeneinandergestellt und im Sinne sozialer Gerechtigkeit politisch mobilisiert. In ihren Arbeiten geraten Buchstaben und Sprache zur Form und zum Bild, die Form und das Bild zum Inhalt.

Kents Serigraphien können sowohl als Pop Art als auch als Wegbereiter der Pictures Generation angesehen werden. Im Alter von 18 Jahren trat Kent der Vereinigung von Glaubensschwestern der Immaculate Heart of Mary in Los Angeles bei, deren Ordensmitglied sie für drei Jahrzehnte blieb. Am dortigen College avancierte sie zur renommierten Kunstprofessorin und leitete schließlich dessen Kunstabteilung. Leidenschaftlich setzte sie sich für Frieden und soziale Gerechtigkeit ein und wurde seit den 1960ern als Künstlerin, Pädagogin und Persönlichkeit des öffentlichen Lebens gefeiert, die 1967 mit dem Titel „THE NUN: GOING MODERN“ (Die Nonne auf dem Weg in die Moderne) auf dem Cover der Newsweek erschien. Ihr Engagement im Feld der neu aufkommenden Pop Art mit all den kulturellen Veränderungen, die diese Bewegung bezüglich der Zusammenführung von Hoch- und Populärkultur einläutete, speiste sich aus Kents Interesse und Einsatz für die vom Zweiten Vatikanischen Konzil angestoßene Revitalisierung und Erneuerung religiösen Lebens. In Kents Arbeiten wurde das eine in den Dienst des anderen gestellt und führte zu ihrer einzigartigen und alle Klassifizierungen herausfordernden Kunst.

Mit "Corita Kent___Joyful Revolutionary" präsentiert das TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol erstmals eine Einzelausstellung der Künstlerin in Österreich. Im Fokus stehen dabei Kents Siebdrucke aus den 1960er Jahren, die mittels vielschichtigem Archiv- und Dokumentationsmaterial kontextualisiert werden. 

Corita Kent___Joyful Revolutionary bis 11. Oktober

ZUM TERMIN

Corita Kent american sampler, 1969 Siebdruck auf Papier, 586 x 306 mm, Courtesy Corita Art Center, Immaculate Heart Community, Los Angeles Foto: Arthur Evans

Reinhold Ewald nach Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, Goethe, Johann Wolfgang von (1749–1832) in der Campagna, 1959, ölhaltige Farben auf Leinengewebe (nicht analaysiert), 167 x 211 cm, Klassik Stiftung Weimar, Museen, Inv.-Nr. KGe/00556 © Klassik Stiftung Weimar, Museen


Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum

Olivenhaine und saftige Orangen, ewige Sonnenstunden und delikater Wein – die Sehnsucht nach dem sorglosen, heiteren Italien ist größer denn je. Dort, so scheint es, kann man dem tristen Arbeitsalltag entfliehen. So ging es wohl auch Johann Wolfgang von Goethe, als er sich im 18. Jahrhundert von Karlsbad aus auf eine „Italienische Reise“ begab. Mit seinem Buch, das er vor mehr als 200 Jahren verfasste, löste er nördlich der Alpen eine Italiensehnsucht aus, die bis heute reicht.

Was Goethe in Italien wahrnahm, war jedoch nur das, was er bereits erwartet hatte: Anstatt der trostlosen Situation in dem politisch zersplitterten Land beschrieb er das heitere, sorgenfreie Land. Wie diese Erwartungen und die herben Erfahrungen in der mediterranen Realität in Konflikt geraten, dem widmet sich die Sonderausstellung im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. „Wir bringen das Land, wo die Zitronen blühn‘ nach Innsbruck und hinterfragen zugleich, wie die künstlerische Darstellung und die italienische Wirklichkeit zueinander stehen“, so Direktor Peter Assmann. Gezeigt werden u. a. Goethes eigene Zeichnungen, die die Eindrücke des Dichters unmittelbar darstellen, beeindrucke Werke von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein bis Michael Wutky, imposante Skulpturen wie der 1,75 Meter hohe Gipsabguss der „Juno Ludovisi“, Grafiken wie jene von Johann Peter Denifle sowie zeitgenössische Fotografien von Barbara Klemm und Gianni Berengo Gardin.

Goethes Italienische Reise | Eine Hommage an ein Land, das es niemals gab bis 26. Oktober

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Galerie Bernd Kugler

Die Bilder beider Künstler sind abstrakt und realistisch zugleich. Man könnte sie, wenn man es wollte, aus beiden Winkeln betrachten. Mit dieser Aporie und Polarität ist das Oeuvre beider Künstler entstanden. Sie bedienen sich einer „Sprache“, die uns eine Wirklichkeit kommuniziert, die so nicht ausgesprochen, nicht existieren würde. Die Bilder bezeichnen etwas, was über sie und ihre materielle Beschaffenheit hinaus ragt, eine Realität, die man umgangssprachlich „die Welt um uns herum“ nennen könnte. Wir sehen dort Blumen, sind es Blumen? Wir sehen Stillleben, Landschaften oder Naturereignisse. Aber sehen wir sie wirklich?

Das, was wir betrachten, sind Bilder. Die Malerei ist eine Verdichtung, eine Abstraktion – eine Form, die außerhalb des Bildes nicht existiert und sich auch den Worten entzieht und unaussprechbar bleiben muss. Die Metaphern, die Malerei benutzt, sind für die literarische Sprache unerreichbar. Ähnlich verhält es sich bei der Dichtung. Auch sie ist für Prosa in ihrer geheimen Gänze unerreichbar.

ROSS BLECKNER | ERWIN GROSS bis 28. August

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Ross Bleckner, Handful after Handful, 2012, oil on canvas, 182,9 x 182,9 cm


Galerie Johann Widauer

Oliver Larics künstlerisches Konzept beruht zum einen auf einer Hinterfragung und Problematisierung der Rezeption von  Kunst, zum anderen geht es dem Künstler um fließende Übergänge zwischen der Welt des Digitalen und einer physischen  Wirklichkeit.

Der virtuelle Raum ist nicht mehr nur ein Gegenentwurf zur realen Welt der Gegenstände. Vielmehr entwirft Laric dreidimensionale Skulpturen, deren Genese jedoch nicht mehr auf die Idee des  „Schnitzens“ oder „Meißelns“ zurückzuführen ist wie in der klassischen Skulptur, bei der ein Kunstwerk aus einem vorhandenen Block herausgearbeitet wurde.

Oliver Laric  | Transformationen zwischen analoger und digitaler Wirklichkeit bis September

ZUM TERMIN

Oliver Laric, 2020 Exhibition, Courtesy Galerie Johann Widauer

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