STUDIO VISIT: UGO RONDINONE
Mit seinen eindrucksvollen öffentlichen Installationen „Human Nature“ (2013, Rockefeller Plaza, New York) und „Seven Magic Mountains“ (2016, Las Vegas, Nevada) schafft der Künstler Ugo Rondinone dauerhafte Kunsterfahrungen im Zentrum der Stadt und ortsspezifische Kunstinterventionen in der Natur, die den Betrachter sowohl aufregen als auch verunsichern. Seine vielfältige Atelierpraxis, welche Malerei, Zeichnung, Fotografie, Installationen und Skulptur umfasst, ist definiert durch die bewusste Gegenüberstellung von Großformat und Intimität oder durch Kontrapunktierung von dynamischen künstlichen Farben mit gedämpften Naturtönen der Wüstenlandschaft. Diese Strategien sind zutiefst deckungsgleich mit dem Gefühl der Zerrissenheit im gegenwärtigen globalen Klima.
Rondinones Einzelausstellung „Akt in der Landschaft“ im Wiener Belvedere 21 zeigt verschiedene Komponenten seiner Atelierpraxis. Durch seine Fähigkeit, den Umfang seiner Arbeit zu verändern und zu mobilisieren und vertraute Themen neu zu interpretieren, schaffen seine poetischen Werke transformative Wahrnehmungsverschiebungen. Neben unzähligen Museumsausstellungen ist er durch mehrere namhafte Galerien vertreten, darunter Eva Presenhuber (Zürich), Barbara Gladstone (New York) und Galerie Krobath (Wien). Der in der Schweiz geborene Künstler arbeitet seit 1998 in New York. Ich habe mit ihm in seinem Atelier in Harlem gesprochen, das in einer umgebauten romanischen Kirche untergebracht ist, die er 2011 erworben hat und die als Zentrum seines kreativen Schaffens fungiert, dazu zählen auch subventionierte Gastateliers und Gästewohnungen.
PARNASS: Die Ausstellung „Akt in der Landschaft“ vereint Minimalismus, Land Art, klassische Akte und Konzeptkunst in einem einzigartigen Tableau, das die Stärken Ihrer multidimensionalen Praxis hervorhebt. Wie geht diese Synthese auf unsere Beziehung zur Natur ein?
UGO RONDINONE: Die Ausstellung bringt meine Erdenlandschaften mit den nackten Figuren, die ich 2009 geschaffen habe, zusammen. Ich habe vierzehn Tänzerinnen und Tänzer in ihren besten Jahren geschaffen, die in passiven, sitzenden Positionen rund um die Galerie posieren. Sie sind aus klarem Wachs, in einzelnen Teilen gegossen und mit Erde versehen, die aus verschiedenen Teilen der Welt stammt und mit dem klaren Wachs vermischt ist. Sie werden zu „Knochen der Welt“, sie sind nicht an einen Ort gebunden, sondern repräsentieren etwas Globales. Ich stelle sie mir als eine Art Ökosystem vor. Die menschliche Gestalt verschwindet in der Natur – die Nacktheit der Figuren ist durch die Brauntöne der großen Landschaftspaneele getarnt. Das Organische steht einer geraden Linie gegenüber. Ich habe begonnen, diese Kontraste in den Landschaften der 1990er-Jahre, den „Wanderzeichnungen“, abzubauen. Ich war damals in Österreich, und der Ausflug in die Natur diente mir als primäre Inspirationsquelle. Die Feierlichkeit, die Stille und die Loslösung von der Gesellschaft erlebte ich bei meinen Waldspaziergängen.
P: Ich schätze das hohe handwerkliche Niveau der einzelnen Projekte sehr. Sie handhaben verschiedene Medien, von der Malerei über Stein bis hin zum Bronzeguss, mit Leichtigkeit. Was mir auffällt, ist, wie sich die Bilder entwickeln und aufeinander aufbauen. Gehen Sie auf diese Art bewusst an die Arbeit heran?
UR: Ich sehe Kunst als zwei Gruppen von Arbeiten. Entweder geht es um den Blick nach innen oder um den Blick nach außen, entweder sind sie von der Natur inspiriert oder sie beziehen ihre Inspiration aus der inneren Welt. Sie haben also zwei Gruppen, die nicht miteinander in Beziehung stehen: Die eine Gruppe schaut mit geschlossenen Augen nach innen, die andere Gruppe von Bildern schaut auf die Natur. Bei den selbstreflektierenden Fenstern, den geschlossenen Türen und Backsteinmauern oder auch den passiven Figuren, die sich nicht auf den Betrachter einlassen, geht es beispielsweise darum, sich dem Inneren zuzuwenden. Die anderen Werke begannen mit der Landschaft. Dann kamen die Sonnen-/Sternbilder, die ich mit Horizonten, Bäumen und Himmel weiter ausbaute. Die neueren Sonnenstrahl-Skulpturen, wie auch die Bilder der Na-tur von früher, sind in ihrer Funktion sehr ursprünglich, weil man deutlich sieht, was sie repräsentieren. Sie haben eine kindliche Qualität, die jeden anspricht.
Das ganze Interview lesen Sie in unserer PARNASS Ausgabe 01/2020.
Belvedere 21
Quartier Belvedere, Arsenalstraße 1, 1030 Wien
Österreich