Skulptur im Fokus | Diese Künstler begeistern in Stein

Die klassischen Materialien der Skulptur stehen im Fokus unserer aktuellen Serie. Welche Künstler und Künstlerinnen die mit Stein, Holz und Metall arbeiten sollten Sie kennen? Im ersten von drei Artikeln widmen wir uns ganz dem Stein. Mehr zu diesem faszinierenden Material lesen Sie im aktuellen PARNASS.


Maurizio Cattelan

Noch bis Februar 2022 betört Maurizio Cattelan (*1960 Padua) mit seiner spektakulären Ausstellung „Breath Ghosts Blind“ im Pirelli HangarBicocca in Mailand. Existenzielle Themen stehen im Mittelpunkt dieser Schau, für die die Arbeit „Breath“ neu entstanden ist: eine fragile Skulpturengruppe aus Carrara-Marmor, in der sich eine menschliche Figur und eine Hundegestalt gegenüberliegen. Theatralisch ausgeleuchtet und umgeben von einer ganzen Schar Cattelans berühmter Tauben, mit denen er einst auf der Biennale von Venedig auftrat, strahlt „Breath“ Ruhe und Unruhe zugleich aus und verweist auf den Zyklus des Lebens. 

Maurizio Cattelan Breath, 2021 Installation view, Pirelli HangarBicocca, Milan, 2021 Carrara marble Human figure: 40 x 78 x 131 cm Dog: 30 x 65 x 40 cm, Courtesy the artist, Marian Goodman Gallery and Pirelli HangarBicocca, Milan Photo: Agostino Osio


Jose Dávila

1974 in Guadalajara, Mexiko, geboren, gilt Jose Dávila heute als Meister der Balance. Dass Dávila eine Ausbildung als Architekt in die Skulptur einbringt, scheint naheliegend, betrachtet man die statischen Experimente des Künstlers. Immer wieder treibt er die Physik an ihre rechnerischen Grenzen. Zentimetergenau erarbeitet er Installationen, in denen Stein im Kontext anderer Materialien häufig eine wichtige Rolle spielt, auch weil der Künstler das Spiel zwischen Fragilität und potenzieller Zerstörung liebt. Obwohl die Dystopie, das Auseinanderfallen, das ins Rollen-Geraten des Steins nie passiert, wird doch die Psychologie des Betrachters gefordert. 

Jose Dávila | Installationsansicht »The Moment of Suspension«, ST. AGNES | NAVE, 2020, Foto: Roman Maerz, Courtesy the artist, KÖNIG GALERIE Berlin | London | Seoul | Wien


Michael Kos

Michael Kos entwickelt sein bildnerisches Œuvre in einer konzeptuellen und prozessorientierten Auseinandersetzung mit dem Material. Die Fragmentierung der Dinge ist es, die auch bei Kos die Verbindung seiner Objekte, Installationen und Bilder leistet. Es sind Ausschnitte von Wirklichkeiten, Sprachpartikel, deren treffsichere Montage seinen flächigen Werken und Objekten ihre sinnliche Dinglichkeit verleiht. Kos geht zwar vom Konzept aus, zeigt sich aber bei der Verwendung von Material und Form als stringenter Bildhauer, bei dem die Idee ihre Daseinsberechtigung, so der Künstler, aus der stofflichen Präzision ihrer Umsetzung gewinnt.

Michael Kos, Brancusi reloaded plus, 2015, Marmor-Ei 60 cm im Kabelnest, Gummistifte, Foto: Petra Rainer, 2016


Markus Redl

Mit seinen Steinskulpturen bricht der 1977 in Klosterneuburg geborene Markus Redl radikal mit den ästhetisierenden Zuschreibungen an das Material. Markus Redl setzt körperliche Konzepte in Stein um, die nicht den damit verbundenen Rezeptionsgewohnheiten entsprechen. Bereits während seines Studiums an der Universität für angewandte Kunst in Wien war der Stein eines seiner bevorzugten Materialien. Daneben entstehen Bronzeskulpturen und gleichwertig zu den Skulpturen ein umfangreiches zeichnerisches Œuvre.

Markus Redl | Stein 150/126 [Der Hindukusch bleibt vorerst] (Detail), 2018, Bianco Carrara Marmor, Stahl, 205 × 140 × 110 cm, 1,5 t | Foto: by the artist 

Mein Werk handelt vom Drama der Belanglosigkeit der Existenz. Ob man sich ihr durch Philosophie oder durch eine Diät nähert, am Ende zieht man immer den Kürzeren.

Erwin Wurm

Erwin Wurm

Erwin Wurms Werkserie „Idole“ umfasst Marmorskulpturen in Form von Würsten, Semmeln und Gurken in überproportionaler Größe. Eine Weiterführung von „Signature Works“, in denen sich Wurm wiederholt bekannter, banaler Sujets bedient, die einer kollektiven wie individuellen Identitätsbildung dienen. Die Ironie, mittels Carrara-Marmor die Speisekarte eines Würstelstandes darzustellen, ist Teil des Konzepts. Die Materialität des glänzend polierten Marmors steht im Widerspruch zu dessen trivialer Form. Bewusst verwendet er farbigen Marmor mit starker Maserung, um die „prägnante „schöne“ Ästhetik der Oberfläche des Carrara-Marmors zu brechen.

Erwin Wurm, Dignity, Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, London · Paris · Salzburg © Erwin Wurm / Bildrecht, Wien 2021, Installation View: Ulrich Ghezzi

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