Malerei der Gegenwart

Die Malerei heute: selbstbewusster, dynamischer und vielfältiger denn je. Unter dem Titel „Jetzt! Junge Malerei in Deutschland“ stellten 2019 und 2020 gleich vier Institutionen ­– das Kunstmuseum Bonn, das Museum Wiesbaden, die Kunstsammlungen Chemnitz sowie die Hamburger Deichtorhallen – die junge Generation der Maler und Malerinnen in den Mittelpunkt und unternahmen den Versuch, den aktuellen Stand der Malerei zu diskutieren.


In Österreich widmeten sich die beiden Messen viennacontemporary und PARALLEL VIENNA sowie eine Reihe an Galerien jüngst dem Medium. Mit Marianne Vlaschits gewann den Bildrecht SOLO Award 2020 der viennacontemporary ebenfalls eine Malerin. Dem Werk von Herbert Brandl waren letztes Jahr drei institutionelle Ausstellungen gewidmet und das Kunstforum Bank Austria zeigt aktuell Landschaftsmalerei von Gerhard Richter. Die Malerei ist also zurück – und das in großer Vielfalt hinsichtlich formaler als auch thematischer Ansätze. Doch war sie überhaupt jemals weg? Den ganzen Beitrag lesen Sie im PARNASS 04/2020.

Man hat den Eindruck, fast alles wurde bereits durchdiskutiert – das Crossover zur Fotografie und zu digitalen Bildtechniken, die Möglichkeiten der Abstraktion, Material, Rahmen und Bildraum und die räumlichen Aspekte der Malerei bis hin zur Frage nach ihrer Zuständigkeit für Themen der Gegenwart. Es scheint, dass sich die Malerei nun endgültig von ihrem Rechtfertigungsdruck befreit hat, vorbereitet durch die Maler und Malerinnen der 1980er-Jahre. Die Malerei heute umfasst ein vielfältiges großes und globales Feld und ist geprägt von einer starken Malerinnen-Generation. Man könnte daraus den Schluss ziehen, Malerei bewege sich jenseits der Beschränkungen ihres einst traditionellen materiellen Trägers, charakterisiert durch Schlagworte wie Entgrenzung oder Intermedialität. Die Kunsttheoretikerin Rosalind Krauss beschrieb dies in ihrem 2000 erschienen Essay als „Art in the Age of the Post-Medium Condition“ und meinte damit auch, dass sich viele Künstler nicht nur auf die Malerei als Medium beschränken, sondern ihre künstlerische Praxis zugleich in anderen Kunstformen ausleben.

Die Malerei der Gegenwart erweitert sich in Form von Installationen oder performativen Aktionen spielerisch in den Raum, verbindet sich mit ungewohnten Materialien, technischen und digitalen Möglichkeiten. Soziale Medien und Werbeästhetik spielen etwas in Arbeiten von Oli Epp eine zentrale Rolle, der seine Kunst als „Post Digital Pop“ bezeichnet. Die Schnittstelle zur Fotografie ist erneut ein zentrales Thema, wie etwa bei der österreichischen Künstlerin Daniela Zeilinger oder der Berliner Künstlerin Helen Feifel. Feifel bewegt sich nicht nur durch die Verwendung von Fotografie zwischen den Gattungen sondern auch mittels Objekten, Keramik und Textildesign. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Malerei, die sie gekonnt als  gattungsübergreifendes Medium in ihre Werke integriert. Doch auch wenn Gattungsgrenzen obsolet sind, neue Diskurse im Fokus stehen und die historische und mediale Befragung der Malerei aus einem neuen, anderen Blickwinkel geführt wird, so sind die Paradigmen der Malerei – und des Bildes an sich – selbst jedoch keineswegs ausgelöscht.

HELEN FEIFEL | Stage I, 2018, painted photograph, 186 × 138 cm | Foto: Jens Ziehe, Courtesy Kadel Willborn

Wir haben es mit einer Generation zu tun, die mit den neuen Medien aufgewachsen ist. Das bedeutet eine völlig andere Bildauffassung. Einerseits gibt es die Tendenz, medienübergreifend zu arbeiten, andererseits gibt es Künstlerinnen und Künstler, die Themen der Klassischen Moderne aufgreifen, zeitgemäß umsetzen und Malerei als eigenständige Disziplin sehen.

Erwin Bohatsch, Professor an der Akademie der bildenden Künste in Wien

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