Aufarbeitung des Frühwerks

Lucas Cranach der Ältere

Lucas Cranach d. Ä. (1472–1553) schuf seine frühesten bekannten Werke um 1500 in Wien, kurz bevor er seine Karriere als Hofmaler der sächsischen Kurfürsten in Wittenberg startete. Erstmals beleuchtet ein Ausstellungsprojekt nun das Frühwerk des Künstlers. Dafür arbeiten die Sammlung Oskar Reinhart „Am Römerholz“ in Winterthur und das Kunsthistorische Museum Wien zusammen. Die Ausstellung eröffnete zuerst in Winterthur und ist nun in Wien zu sehen.


Während die mittleren und reifen Jahre von Lucas Cranach d. Ä. gut aufgearbeitet sind, gibt es im Frühwerk noch Lücken, derer sich nun die Ausstellungen in Winterthur und Wien sowie eine gemeinsame Publikation annehmen. Kuratiert wurde sie von Guido Messling, Kurator für Deutsche Malerei der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums Wien, und Kerstin Richter, Leiterin der Sammlung Oskar Reinhart „Am Römerholz“ in Winterthur.

Über die Ausbildung und den frühen Lebenswerk Cranachs ist insgesamt wenig bekannt. Die ersten erhaltenen Werke von Cranach sind allerdings in Wien fassbar. Dorthin muss der aus Franken stammende Künstler, so legen es Quellen nahe, um 1500, also knapp 30-jährig, gelangt sein, vermutlich in der Hoffnung, den sich in Wien etablierenden Humanistenkreis mit Bildnissen zu beliefern. Seine hier geschaffenen Arbeiten fallen durch ihre ausgesprochene Expressivität auf, die vielleicht auf den Einfluss Dürers zurückzuführen ist. Dieser emotionalisierte Bildstil unterscheidet sich deutlich von dem höfisch-eleganten Stil, den Cranach nur wenig später als Hofkünstler der sächsischen Kurfürsten in Wittenberg entwickelte. Im Gegensatz zu den zahllosen Tafelbildern, die seine dortige Großwerkstatt verließen, haben sich aus den Wiener Jahren nur wenige Gemälde erhalten. Schlüsselwerke aus dieser Zeit befinden sich in Winterthur und im Kunsthistorischen Museum Wien. Sie werden in den Ausstellungen um hochkarätige Leihgaben ergänzt werden.

Ausstellungsansicht © KHM-Museumsverband

Die beiden Ausstellungen gleichen einander insoweit, als beide das Frühwerk Cranachs bearbeiten. Es stehen jedoch, ausgehend von den beiden Sammlungen, jeweils andere Aspekte im weiteren Fokus. So sind in Winterthur Cranachs Bildnisse zentral sowie Porträttradition seiner Zeit, während die Ausstellung in Wien einen Schwerpunkt auf das religiöse Bild legt. Einen besonderen Höhepunkt im Genre der Porträts erwartet man allerdings auch im Kunsthistorischen Museum: Erstmals überhaupt werden die berühmten Bildnisse des Humanisten Johannes Cuspinian und seiner Ehefrau Anna die Winterthurer Sammlung verlassen und an ihren Entstehungsort nach Wien reisen können. Das Diptychon des Ehepaars wird für beide Ausstellungen besonders aufgearbeitet und auch mit neuen digitalen Möglichkeiten präsentiert –Besucher können etwa virtuell erkunden, wie diese Diptychen wohl früher präsentiert wurden.

Ausstellungsansicht © KHM-Museumsverband

Ein weiteres großes Feld nimmt auch das Thema Landschaft ein, insbesondere Cranachs Umgang mit der Figur in der freien Natur. Das Gemälde „Büßender Hl. Hieronymus“, datiert 1502, aus dem Kunsthistorischen Museum ist dafür ein herausragendes Beispiel. Darüber hinaus werden sich die Ausstellungen den wenigen von Cranach erhaltenen Zeichnungen und seinem druckgrafischen Werk widmen, ergänzt durch Beispiele früher Buchdruckkunst. Insgesamt geht es dem Projekt darum, auf Basis des Frühwerks Cranachs auch ein reiches Bild der Kunst des frühen 16. Jahrhunderts darzustellen und dabei die gemeinsame Forschung der beiden renommierten Museen, die 2018 durch eine Ausstellung zu Pieter Bruegel d. Ä. einen Anfang nahm, weiterzuführen.

Büßender hl. Hieronymus (3.8 MB)Lucas Cranach d.Ä., 1502, Lindenholz, 56 × 41,4 cm, Kunsthistorisches Museum Wien, © KHM-Museumsverband

Kreuzigung Christi („Schottenkreuzigung“), Lucas Cranach d.Ä, Um 1500, Lindenholz, 58,2 × 45,9 cm, Kunsthistorisches Museum Wien © KHM-Museumsverband

Kalvarienberg, Lucas Cranach d.Ä, Um 1500, Holzschnitt, 399 × 285 mm © Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstich-Kabinett

Ehediptychon des Dr. Johannes Cuspinian und der Anna Cuspinian-Putsch, Lucas Cranach d.Ä. (Kronach 1472–1553 Weimar), 1502, Öl auf Fichtenholz (Picea spec.), jeweils 60 x 45 cm © Sammlung Oskar Reinhart «Am Römerholz», Winterthur

Kunsthistorisches Museum

Maria-Theresienplatz, 1010 Wien
Österreich

Das könnte Sie auch interessieren