Kunsthaus Graz

Hito Steyerl

Fiktion und Realität, Dystopie und Utopie, harte Gesellschaftskritik und joviale Ironie – das alles überlappt und vernetzt Hito Steyerl in ihrer animierten Filmcollage im Kunsthaus Graz, dessen Space 01 die Künstlerin als Höhle voller animalischer Geister inszeniert.


Auf kaltem, hartem Stein als Kinosessel inszeniert sitzt es sich etwas unbequem. Doch Bequemlichkeit liegt Hito Steyerl nun mal nicht. Die japanisch-deutsche Künstlerin, die in Wien promovierte, eckt gerne an. Etwa wenn sie beharrlich eine Auszeichnung mit dem deutschen Bundesverdienstkreuz ablehnt oder als sie diesen Sommer unter viel Medienecho ihre Beteiligung an der documenta 15 zurückzog und ihre Installation abbauen ließ. Auch in ihrer Arbeit legt sie den Finger gerne direkt in die Wunden der Zeit.

So thematisiert ihre neue Multimedia-Installation „Animal Spirits“, die derzeit auf mehreren Screens im Kunsthaus Graz zu sehen ist, gleich mehrere Knackpunkte der Gegenwart wie Kryptokunst und die mit der Digitalisierung verbundene Distanzierung unserer Gesellschaft – und die Veränderung des Kunstmarktes. Somit wird auch Ökonomisches ausverhandelt und auch Fragen der Ökologie werden zentral diskutiert – mittendrin die Frage nach der Rolle des Menschen. Ganz schön viele Themen und doch gelingt Steyerl der Spagat und auch der Unterhaltungsfaktor kommt nicht zu kurz. In für Steyerl typischer Ästhetik passiert in der Installation vieles gleichzeitig und in hohem Tempo. Um der vernetzten Bildkultur der Künstlerin Folge zu leisten, muss man in neuen Medien einigermaßen geübt sein. Die Kultur, an der sie Kritik übt, muss man also bis zu einem gewissen Grad selbst konsumieren.

HITO STEYERL »Animal Spirits«, Installationsansicht National Museum of Modern and Contemporary Art, Korea (MMCA), 2022 Foto: Hong Cheolki, MMCA, Korea, © by the artist, Andrew Kreps Gallery, New York, Esther Schipper, Berlin, und Bildrecht, Wien 2022

Im Zentrum von „Animal Spirit“ steht der Sündenbock Wolf. Nicht nur hierzulande löst das ungezähmte Tier viele Emotionen nicht nur unter Bauern und Jägern aus, auch in anderen Erdteilen ist der Wolf ein Symbol für Einmischung und ungewollte Veränderungen. So begleitet die Videoarbeit, die sich aus historischem Filmmaterial, Animationen, Motion Graphics und dokumentarischen Interviews zusammensetzt, unter anderem den spanischen Schäfer Nel, der einen Wolfspelz trägt und sich als Aktivist versteht. Er ist nicht nur Schäfer, sondern produziert auch Käse und ist Youtuber sowie Teil der spanischen Künstlergruppe INLAND. Außerdem gibt es eine Reality–TV-Show mit ihm und einen Cheese coin – eine Kryptowährung. Alles etwas kompliziert, aber im Detail auch nicht relevant. In der Informationsflut der präsentierten Videoarbeit geht es wohl vielmehr um die Übersetzung von Emotionen und Denkanstößen als darum, Fakten aufzuschnappen. 

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HITO STEYERL »Animal Spirits«, Installationsansicht National Museum of Modern and Contemporary Art, Korea (MMCA), 2022 Foto: Hong Cheolki, MMCA, Korea, © by the artist, Andrew Kreps Gallery, New York, Esther Schipper, Berlin, und Bildrecht, Wien 2022

Universalmuseum Joanneum - Kunsthaus Graz

Lendkai 1, 8020 Graz
Österreich

Hito Steyerl

Animal Spirits

bis 8. Jänner 2023

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