Deutliche Kritik von Deutschlands Staatsoberhaupt Frank-Walter Steinmeier an der documenta 15

Ein verstörter Bundespräsident

Fast wäre er nicht gekommen. Fast hätte er der documenta 15 die Beachtung von höchster politischer Stelle verweigert. Letztendlich hat sich der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier aber entschieden, zur Eröffnung der documenta in Kassel zu sprechen. Und zwar überaus deutlich und sehr kritisch.


In seiner Rede ging es natürlich auch um seine Freude, dass es die documenta gibt und dass sie von einem indonesischen Künstlerkollektiv ausgerichtet wird. Aber vor allem ging es um Klarstellungen. Etwa um die, dass niemand außerhalb der Kritik stehe, wenn er sich für seine politischen Botschaften der Kunst bediene. „Eine demokratische Gesellschaft darf Künstler nicht bevormunden, erst recht nicht instrumentalisieren“, so Steinmeier.

Er habe die Diskussionen vor der Eröffnung sehr genau verfolgt und es verstöre ihn, „wenn weltweit neuerdings häufiger Vertreter des globalen Südens sich weigern, an Veranstaltungen, an Konferenzen oder Festivals teilzunehmen, an denen jüdische Israelis teilnehmen“, sagte Steinmeier. Und ergänzte: „Ein Boykott Israels kommt einer Existenzverweigerung gleich.“ Steinmeier zog damit eine klare Grenze und sagte, was in diesem Zusammenhang viel mehr bedeutet als ein oft wiederholtes Bekenntnis: „Die Anerkennung Israels ist Grundlage und Voraussetzung der Debatte!“

Verantwortung lässt sich nicht outsourcen.

Frank-Walter Steinmeier

documenta Halle, Kassel, 2022, Foto: Nicolas Wefers

Dass die vorab geplante Diskussion über die Einladungspolitik der documenta-Macher von ihnen abgesagt wurde, kritisierte Steinmeier sehr und wandte sich mit seiner Kritik direkt an die Geschäftsführerin der documenta, Sabine Schormann und an die Gesellschafter, die Stadt Kassel und das Land Hessen. „Verantwortung lässt sich nicht outsourcen.“ Er mahnte Diskussionen an und forderte, dass sie sich als Vermittler dafür einsetzen, dass diese auch stattfinden. Sabine Schormann hatte zur Pressekonferenz lediglich gesagt, dass die Debatte über die Einladung BDS-freundlicher Künstler an der documenta 15 vorbei gehe. Im Gegensatz zu ihr erklärte Steinmeier: „Die documenta ist nicht nur der wichtigste, sondern auch der beste Ort für die Aushandlungsprozesse der zeitgenössischen Kunst.“ Er bezeichnete sie als „Zukunftsort einer wirklichen Weltgemeinschaft der Kunst“ und zwar „ohne Boykott und ohne Vorverurteilung.“

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