Albrecht Dürer

Der Erfinder des Selfies feierte 550. Geburtstag

Die Selbstporträts Dürers gehören zu den bekanntesten Werken der Kunstgeschichte. Sie entstammen einer Zeit, in der sich die Kunstgeschichte Europas zwischen Spätgotik und Renaissance rund um die Erfindung des Buchdrucks vollkommen veränderte.


Anlässlich des 550. Geburtstags Albrecht Dürers 2021 richtet das Belvedere aktuell den Blick auf Künstlerpersönlichkeiten wie Albrecht Dürer, Lucas Cranach den Älteren, Marx Reichlich und Albrecht Altdorfer, die mit ihren Werken den Weg in die Moderne vorwegnahmen. An der Wende zum 16. Jahrhundert begann die von Italien ausgehende Renaissance zunehmend die spätgotische Kunsttradition zu überlagern. Ein kunst- und kulturhistorisch epochaler Zeitraum, der mit der Ausstellung „Spätgotik. Aufbruch in die Neuzeit“ in der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin (Mai–Oktober 2021) profund aufgearbeitet wurde. Legte man dort den Schwerpunkt auf den Zeitraum bis 1500, setzt das Belvedere mit der Ausstellung „Dürerzeit“, kuratiert von Björn Blauensteiner, assistiert von Stephanie Auer, genau an diesem Zeitpunkt an. Der Titel ist auch als Hinweis gedacht, so Belvedere-Direktorin Stella Rollig, „dass Dürer, der auf seinen Reisen nach Italien auch nach Österreich kam, eine der zentralen Einflussquellen für die österreichische Kunst jener Zeit war.“

Österreich in der Spätgotik – am Tor zur Renaissance

Das sogenannte „Haus Österreich“ umfasste zur Dürerzeit die Erblande der Habsburger und damit im Wesentlichen das heutige Bundesgebiet mit Ausnahme von Burgenland, Salzburg und dem damals noch bayrischen Innviertel. Im späten 15. Jahrhundert waren die Reminiszenzen der ausklingenden Gotik in der österreichischen Kunstproduktion noch deutlich spürbar. Die Errungenschaften der italienischen Kunst waren bekannt. Doch Maximilian I. beauftragte vorwiegend süddeutsche Künstler, die zwar Renaissanceformen integrierten, aber mit gotischen Stilmitteln mischten.

Die Vorläufer der Dürerzeit

Zunächst war bis über die Mitte des 15. Jahrhunderts in Europa der sogenannte „Internationale Stil“ verbreitet, dessen künstlerische Gestaltungsweise durch geschwungene Linien und leuchtende Farben charakterisiert war. Zierliche, elegante Figuren wurden von Gewändern mit viel Stoff umhüllt, der in virtuosen Faltenwürfen den Bildraum füllte. Durch den Einfluss der Renaissance wurden die Figuren plastischer, der goldene Bildgrund wurde von Landschaftsdarstellungen oder Einblicken in detailreiche Interieurs abgelöst. Neben der italienischen Kunst waren es vor allem auch Künstler nördlich der Alpen, allen voran Jan van Eyck, die in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts neue formale und inhaltliche Entwicklungen einleiteten.

Marx Reichlich, Heimsuchung, 1502, Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Eintritt in ein neues Kommunikationszeitalter

Für die Verbreitung dieser neuen Bildideen spielten neue Drucktechniken eine wichtige Rolle. Die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg 1455 in Mainz gilt als Meilenstein für die Entwicklung der modernen Kommunikation. Durch die nun verfügbaren Vervielfältigungs-Möglichkeiten konnten Bilder mit großer Geschwindigkeit und auch überregional verbreitet werden.

Dürer war enorm vorbildlich. Sein Monogramm – eines der berühmtesten Markenzeichen der Kunstgeschichte – hat zu der immer üblicheren Praxis von Künstlern nördlich der Alpen beigetragen, selbstbewusst ihre Schöpfungen zu signieren.

Kurator Björn Blauensteiner

Albrecht Dürer, Die Drahtziehmühle, Nürnberg, 1489 oder 1494, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Jörg P. Anders

AM HÖHEPUNKT SEINER ZEIT

Dürers Kunst bezeichnet den Höhepunkt der Übergangszeit von der Spätgotik zur Renaissance. Die Frage nach Dürer und seinen Einfluss auf die österreichische Kunst behandelt der Kunsthistoriker Christof Metzger in seinem Katalogessay. Dürer, so Metzger, durchreiste Gebiete des heutigen Österreich „einigermaßen großzügig. 1495 bei der ersten, 1505/07 bei der zweiten Reise nach Venedig.“ Der am 1471 in Nürnberg geborene Künstler ging mehrmals auf Reisen. Seine erste Reise führte ihn nach Colmar, Basel und Straßburg und wohl auch an den Mittelrhein. 1494 kehrte er zurück in seine Vaterstadt Nürnberg und heiratete dort Agnes Frey. Im selben Jahr brach er zu seiner ersten Reise über die Alpen nach Italien auf. 1505–07 erfolgte seine zweite Italien Reise.

Ausstellungsansicht Dürerzeit. Österreich am Tor zur Renaissance, Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Jörg Breu d. Ä., Flucht nach Ägypten, 1501, Foto: bpk, Germanisches Nationalmuseum, Jürgen Musolf / Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg

Jakob Seisenegger (1505-1567), Hans und Anna Kleplat, 1536/1537, Innsbruck, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Ältere kunstgeschichtliche Sammlung, Inv.Nrn. Gem 103, Gem 104, Foto: Tiroler Landesmuseen

Albrecht Altdorfer, Berglandschaft mit verwitterten Weiden, um 1511, Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste Wien

Ausstellungsansicht Dürerzeit. Österreich am Tor zur Renaissance, Foto: Sandro Zanzinger / Belvedere, Wien, Ausstellungsarchitektur: Margula Architects

Ausstellungsansicht Dürerzeit. Österreich am Tor zur Renaissance, Foto: Sandro Zanzinger / Belvedere, Wien, Ausstellungsarchitektur: Margula Architects

Ausstellungsansicht Dürerzeit. Österreich am Tor zur Renaissance, Foto: Sandro Zanzinger / Belvedere, Wien, Ausstellungsarchitektur: Margula Architects

Ausstellungsansicht Dürerzeit. Österreich am Tor zur Renaissance, Foto: Sandro Zanzinger / Belvedere, Wien, Ausstellungsarchitektur: Margula Architects

Ausstellungsansicht Dürerzeit. Österreich am Tor zur Renaissance, Foto: Sandro Zanzinger / Belvedere, Wien, Ausstellungsarchitektur: Margula Architects

Ausstellungsansicht Dürerzeit. Österreich am Tor zur Renaissance, Foto: Sandro Zanzinger / Belvedere, Wien, Ausstellungsarchitektur: Margula Architects

Ausstellungsansicht Dürerzeit. Österreich am Tor zur Renaissance, Foto: Sandro Zanzinger / Belvedere, Wien, Ausstellungsarchitektur: Margula Architects

Aspekte der Renaissance

In den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts befreite sich die Kunst auch in Österreich mehr und mehr vom mittelalterlichen Diktat ihrer religiösen Funktion. Damit einher ging die Entwicklung neuer Gattungen, wie der Vedute und der Landschaftsdarstellung. Neben der Einbindung des Menschen in die Natur und dem Interesse an der anatomisch korrekten Darstellung des Körpers brachte auch die Zentralperspektive eine Transformation der Bildkompositionen und einen Paradigmenwechsel. Ein Wandel vollzog sich um 1500 auch in der Gattung des Porträts. Waren früher vor allem repräsentative Bildnisse des Adels gefragt, so gaben nun auch Kaufleute, Bürger, aber auch Gelehrte und Humanisten Bildnisse in Auftrag. Ebenso ließen sie ihre Frauen und Kinder porträtieren.

Die Ausstellung veranschaulicht, dass die in der Spätgotik in Österreich tätigen Künstler vielfältige Anregungen ins Land brachten. Gleichzeitig wandelten sich die Orte der Kunstproduktion allmählich von mittelalterlichen Handwerksbetrieben zu neuzeitlichen Künstlerateliers.

Urban Görtschacher, Susannenlegende, um 1520, Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Dürers Reisen auch international im Fokus

Aktuell widmet auch die National Gallery London Dürer eine Schwerpunktausstellung. Im Zentrum stehen hier die Reisen Alberecht Dürers. Zu sehen sind unter anderem 13 Leihgaben der Albertina.

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