5 Künstler, die keine Angst vor Plastik haben

Plastik ist in aller Munde. Es geht um Verschmutzung, mögliche Pfandsysteme oder die Probleme rund um die Gewinnung des Erdöls. Spannend ist, wie die Kunst mit diesen Themen umgeht. Für zahlreiche Künstler ist Kunststoff auch ein Stoff, aus dem Kunst entstehen kann. Wir stellen 5 herausragende Positionen, die Plastik zum Teil ihrer künstlerischen Praxis machen, vor.


Mandy Barker

Tatsächliche Forschungsexpetitionen auf den Weltmeeren und zahlreiche Residencies, in denen sie Altplastik sammelte, waren wesentlich für die Entwicklung von Many Barkers faszinierend schockierenden Bildwelten. Die zahlreich ausgezeichnete britische Fotografin kämpft seit über einer Dekade mit ihren einzigartigen Bildkompositionen collagiert aus Plastikmüll für mehr Sichtbarkeit der Plastikverschmutzung in den Weltmeeren. Barkers Serien machen zweierlei deutlich: die Verschmutzung ist ein globales Problem, das sich an beinahe jedem Strand und Wasserabschnitt nachvollziehen lässt und der Müll, der im Meer landet, könnte unterschiedlicher nicht sein – ist in der Masse an Plastikmüll doch so gut wie jeder Gegenstand unseres Alltags enthalten. Immer wieder arbeitet Barker mit Wissenschaftlern zusammen und initiierte 2019 auch ein Projekt mit der Stanford University. 

 Mandy Barker | WHERE? – No one wears a watch, 2017 | © by the artist / Greenpeace


Barbara Bernsteiner

In der Fotoserie „Driftwood“ 2004 fotografierte Barbara Bernsteiner Schwemmhölzer, die am Ufer des Silvretta-Stausees angespült wurden – „reine Natur“ und doch durchsetzt mit kleinen bunten Plastikteilchen. Die Fotoserie wurde für sie zum Auslöser eines neuen, bis heute andauernden Werkabschnitts, in dem Plastik als Werkstoff im Fokus steht. Ein Material, das überall verfügbar ist, ob im Haushalt, unterwegs – man kann sich dem einfach nicht entziehen, so Bernsteiner. Das Material, so die Künstlerin, wurde aus dem Glauben herausentwickelt, funktionale Verpackungsmöglichkeiten zu schaffen – ohne vorauszuahnen, welchen Schaden es in der Umwelt anrichten wird.

Ihr Zugang zum Plastik bleibt ein offener, in dem sie dieses auch als interessanten Werkstoff sieht, der spannend in seiner Betrachtung und formalen Bearbeitung ist.

Andrea K. Schlehwein

Barbara Bernsteiner | Aus der Serie »anthropogene buntrosenteiche – fluss_spiegelung«, 2016 (Detail) | © by the artist


IDA-MARIE CORELL

„I really bag you!!!“, “Plastic has no Frontiers”, „White trash“ oder “… fake it until you smell it…” sind Titel, die Ida-Marie Corell ihren Arbeiten gegeben hat. Ihre Installationen, Musik, Performances, aber auch Zeichnungen, Collagen, Malerei, Fotografie, Filme, Videos und Texte drehen sich vorrangig um Identitäten aktueller Kulturen und das Thema „Alltagsobjekt Plastiktüte“. Der Titel ihrer Dissertation am Zentrum für Kunst- und Wissenstransfer an der Universität für angewandte Kunst in Wien lautete so und Ida-Marie Corell geht diesem bis heute unablässig auf den Grund.

Ida-Marie Corell | »I bäg you« Fotokollaboration »The Pink Dress«, 2019 | Foto: Maximilian Pramatarov


Jelena Micic

Die 1986 in Knjaževac, Serbien, geborene Künstlerin Jelena Micić studierte „Textuelle Bildhauerei“ an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Heimo Zobernig. In ihrem fortlaufenden Archiv beschäftigt sich die Künstlerin besonders mit kulturellen Aspekten von Farben und Farbsystemen und Alltagsgegenständen anhand von ausgewählten und modular strukturierten Typen − von der Bonbon-, Eis-, Käse-,
Joghurt- und Zigarettenverpackung über den Flaschen-Drehverschluss bis zum Wattestäbchen. In einer Reihe von Werken, die in Vertretung der Galerie3 auch auf der diesjährigen viennacontemporary zu sehen war, verarbeitet Jelena Micić das ambivalente Material zu Rauminstallationen und Wandobjekten. 

Jelena Micic | Installationsansicht, viennacontemporary 2021 | Foto: Joanna Pianka 
 


Georg Petermichl

Petermichls Werkserien sind formal ästhetisch aber auch höchst politisch, in dem sie mehrschichtige, komplexe Inhalte transportieren und beim Betrachter eine Art „Orientierungsreflex“ (Petermichl) auslösen. Sein künstlerisches Interesse gilt den großen, sozialen Formationen der Realität, schreibt der Künstler in seinem Statement. So gesehen kann man die Serie der „BAGS“ an der Petermichl seit einigen Jahren arbeitet wie auch die Fotogramme der „Bubble Wraps“, die 2017 als Wallpaper ausgearbeitet wurden und jüngst auf der Artissima als Paravent zu sehen waren, auch als Art Zeitzeugen eines sozialen Gefüges lesen. Die aus aller Welt stammenden „Bags“ sind ebenso Werbeträger ihrer Produkte wie geografische Landkarte einer vielgereisten Familie. Der Plastiksack wird zur Metapher für eine ästhetische Strategie einer Gesellschaft mit hohen Wiedererkennungswert. Ebenso sind sie auch eine Metapher für die sprichwörtliche Blase, in der sich jeder von uns bewegt – gesellschaftliche Gruppen, die sich kaum vermischen. Sie sind für Petermichl Symbole einer Gesellschaft in der Verpackungsmaterial in größerer Menge distribuiert wird, als die Produkte selbst.

Der Plastiksack wird zur Metapher für eine ästhetische Strategie einer Gesellschaft mit hohen Wiedererkennungswert.

Georg Petermichl | Bags 1986–2004/2018 #3 (Together) of 293 (1986) | © by the artist

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