Art Düsseldorf 2019, Skulpturenplatz, Sammlung Viehof, Carl Andre, 81 Steel Cardinal, 1989 | Copyright Sebastian Drüen

Es war die dritte Ausgabe der noch jungen Art Düsseldorf. Wo im Frühling Platzhirsch Art Cologne – die älteste Kunstmesse der Welt – alljährlich seinen Rang verteidigt, gibt es nun auch im Herbst ein Messeevent, das sich selbstbewusst auf die Kunstkalender namhafter Galerien drängt. Doch wer glaubt, dass Jugend und Mut einhergehen, wurde in Düsseldorf leider enttäuscht.


Vergangenen Donnerstag, am 14. November 2019, fiel der Startschuss zur diesjährigen Art Düsseldorf – nach durchaus turbulenten Zeiten. Im Oktober 2018 hatte die Schweizer Messegesellschaft MCH Group ihren Rückzug angekündigt und damit der Rückenwind der Art Basel an Kraft verloren. Doch scheint im dritten Jahr die Marke Art Düsseldorf ausreichend positioniert, um unbeeindruckt an der Vision eine zweite Großmesse im Rheinland zu etablieren festzuhalten.

Punkten kann das Vorhaben zunächst mit seiner Größe: Mit nur knapp 100 Galerien, rund die Hälfte aus dem Ausland, gelingt ein Event, das man über ein Wochenende gut konsumieren und auch ausreichend verdauen kann. Auch wer Interesse hat den Kunstraum um Düsseldorf mit seiner Sammlerszene näher kennen zu lernen, hat hier dank kräftiger Initiative der örtlichen Sammler elegantere Möglichkeiten zur Vernetzung als auf den Megaevents anderer Städte.

Quasi als Aushängeschild für die rege Sammlerkultur in NRW präsentierte sich zum Messeauftakt „Rhineland Independent“ – ein Zusammenschluss der vier Privatsammlungen und Stiftungen Julia Stoschek Collection, KAI 10 Arthena Foundation, Langen Foundation und Sammlung Philara. Für den ersten gemeinsamen Auftritt auf der Messe lud man die Guerrilla Girls zu einer Performance ein und legte so, just mitten auf einer Messe und damit direkt am Puls des Kunstmarkts, das Augenmerk auf die noch immer von Männern dominierte Kunstwelt. Die vier Sammlungen nahmen das Projekt zum Anlass, ihre eigenen Frauenquoten in Augenschein zu nehmen und den Dialog unter den vier wichtigen Sammlungen zu öffnen. Es soll der Beginn einer weitreichenden Zusammenarbeit (etwa mit einer Collector‘s Night) und damit einer potenten Vernetzung werden.

Von Minimal Skulpturen bis zur gemalten Digitalisierung

Neben dieser besonderen Präsentation gab es weitere fokussierte Messebereiche. Zunächst einen gelungenen Schwerpunkt auf Galerien aus Polen sowie weiters einen Skulpturenfokus, der sich leider auf zwei Arbeiten beschränkte. Auch wenn man mit Alicja Kwade und Carl Andre eine hervorragende Auswahl traf, hätten die Arbeiten durchaus eine dichtere Nachbarschaft auf dem Gebiet der Skulptur verdient.

Weiters war der wohl wichtigste Fokus der Art Düsseldorf aber „Next Generation – rsvp“ – eine Plattform für Galerien die sich in den letzten zehn Jahren gegründet haben und schwerpunktmäßig junge Kunst zeigen. Highlights waren hier zum Beispiel die Kölner Galerie Drei mit Arbeiten von Cathrin November Høibo, Megan Rooney und Anna Virnich sowie die Galerie Tobias Naehring, der unter anderem Eva Grubinger mitbrachte, die in wenigen Tagen auch eine Ausstellung im Belvedere 21 eröffnet.

Eine absolute Entdeckung war Ana Navas bei Sperling. Die 1984 in Ecuador geborene Künstlerin verarbeitet in ihren anziehenden Multimedia-Skulpturen unter anderem Momente der „Power Dressing“ Bewegung. Jenem Modestil der 1980er, der es Frauen ermöglichte, ihre Autorität in einem professionellen Umfeld zu etablieren, das traditionell von Männern dominiert wurde.

Eine absolute Entdeckung war Ana Navas bei SPERLING.

Paula Watzl

 

Ana Navas & Veronika Hilger at Art Düsseldorf 2019, SPERLING, Images by GRAYSC | Courtesy SPERLING, Munich

Ana Navas & Veronika Hilger at Art Düsseldorf 2019, SPERLING, Images by GRAYSC | Courtesy SPERLING, Munich

Ebenfalls im Sektor rsvp trumpfte Bernhard Buhmann bei Carbon 12 auf. Die kräftigen Farbfeldmalereien des in Wien lebenden Künstlers regten auch einen Talk an. Am Freitagnachmittag sprachen die Künstler Bernhard Buhmann und Manuel Rossner mit mumok Kuratorin Marianne Dobner darüber, wie sich künstlerische Produktion durch die Digitalisierung verändert. Hörenswert wurde hier darüber diskutiert, wie die Frage des Mediums aktuell vielleicht an Bedeutung verliert.

So erläuterte Dobner, dass sie beobachtet wie eine jüngere Künstlergeneration sich mehr mit Fragestellungen auseinandersetzt und erst im zweiten Schritt nach einem passenden Medium sucht, welches das spezifische Problem am besten beantworten kann. Im Falle Buhmanns ist es klassische Malerei, die auf unsere komplexe digitale Realität antwortet.


Vom Erfolgsfaktor Standort

Auch die Österreicher konnten gut verkaufen. Gleich in der ersten Stunde der Messe konnte die Galerie Nächst St. Stephan eine große Arbeit von Jongsuk Yoon um 45.000 Euro platzieren – der stimmige Stand aus nur zwei Positionen, der Dialog wurde mit Michał Budny installiert, wurde also belohnt. „Die Österreichischen Galerien sind eine Bereicherung für die Messe“, schwärmt auch Kurator Wilko Austermann der für PARNASS im aktuellen Up&Coming Special einen Einblick in Düsseldorfs Szenen gab und immer wieder an der Brücke Wien – Düsseldorf agiert. Aktuell zeigt er zum Thema etwa eine kleine, feine Ausstellung im Wiener Kunstraum Super.

Der Dialog der beiden Städte funktioniert. „Das Rheinland verspricht einen guten Markt“, meint man bei der Galerie Nächst St. Stephan, die bereits jahrzehntelange Erfahrung auf der Art Cologne hat. Düsseldorf muss sich inhaltlich noch schärfen, seine heimischen Galerien wie die Gäste im Rheinland vielleicht mehr als eine brave Verkaufsplattform, wo man das gesamte Galerieportfolio auffährt, erkennen. Denn die Besucher sollten nicht nur wegen der tollen Halle gerne kommen. „It’s like a walk in the park”, hört man einen Künstler sagen. Dass die Art Düsseldorf sich von Anfang an für das fantastische Areal Böhler entschieden hat, war wohl gleich ein wesentlicher Faktor für ihren Erfolg. Das einzigartige Tageslicht Areal versprüht Charme und Energie und macht der Wiener Marxhalle, wo alljährlich die viennacontemporary stattfindet, meinten viele Gäste in Düsseldorf, ganz schön Konkurrenz.


Von Österreich an den Rhein

Durchaus nicht der einzige österreichische Beitrag der auffiel. Insgesamt waren die österreichischen Galerien gut vertreten auf der Art Düsseldorf. Wohl jedem Besucher ins Auge gestoßen ist der grelle und aussagestarke Stand bei Lisa Kandlhofer. Großartig agierten hier unter anderem Lokalmatador Malte Bruns, die begehrte Nana Mandl und Karl Karner, dessen mysteriöse Tonformen in denen sich Skulpturen verstecken wohl für einen der größten Überraschungsmomente der Messe sorgten, miteinander.

Doch auch eine stimmige Zusammenstellung mit Arbeiten von Alwin Lay, Christian Bazant-Hegemark, Melanie Ender und Nikki Luna bei unttld contemporary überzeugte. Auf dem eleganten Solostand Manfred Wakolbingers bei Smolka Contemporary waren unterdessen vor allem die Fotografien sehr gefragt.

Bei Mario Mauroner und Nikolaus Ruzicska gab es derweil vielleicht ein bisschen zu viel Auswahl. Ruzicska hatte unter anderem Imi Knoebel dabei – ein vielgesehener Gast auf der Messe. Und damit vielleicht eines ihrer Grundprobleme. So war auch Sigmar Polke gut in dem einen oder anderen Bauchladen vertreten, während man auf mutige Solopräsentationen und Neuentdeckungen im Großen vergeblich hoffte. Ein Konzeptstand mit bemalten Teppich Jonathan Meeses bei Sies + Höke war wohl das höchste der Mut-Gefühle.

Doch es konnte gut verkauft werden. Beispielsweise eine fragwürdige Malerei eines Lamas von Huang Yi-Seng bei der Liang Gallery aus Taiwan um 25.400 Euro. Eine der begehrtesten Positionen der Messe war Henrike Nauman, die nicht nur von einer bedeuteten Privatsammlung angekauft wurde, sondern auch mit einstimmigem Beschluss durch den Freundeskreis des Kunstpalastes. Die erworbene Arbeit „DDR Noir“ von 2019 wurde von KOW Berlin – die überhaupt wieder mit einem sehenswerten Stand auftrumpften – angeboten. Eine Mixed-Media Installation mit Möbeln und Gemälden von Karl Heinz Jakob um 25.000 Euro. Auch die Sammlung NRW hat am ersten Messetag Ankäufe getätigt, unter anderem von Jan Albers und Andreas Schmitten.

Huang Yi-Sheng, The Happening Effect, 2019, Oil on canvas, 175 x 115 cm | Courtesy Liang Gallery

Huang Yi-Sheng, The Happening Effect, 2019, Oil on canvas, 175 x 115 cm | Courtesy Liang Gallery


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