Der Asien-Report: Kunstmarkt mit Untiefen

Für die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts waren es vor allem Käufer aus Asien, die im vergangenen Jahr in den Auktionen die Preistreiber waren. Mehr als 30 Prozent trugen Käufer aus Asien bei Sotheby’s zum weltweiten Auktionsumsatz bei, bei Christie’s waren es mit 34 Prozent mehr als ein Drittel.


Vor der Pandemie vermeldete der Branchendienst Artprice nach dem Rückgang des chinesischen Auktionsumsatzes von 13 Prozent für zeitgenössische Kunst noch, dass dank der Entwicklung eines zunehmend internationalen und prestigeträchtigen Marktes in Hongkong Asien mit 29 Prozent am Gesamtumsatz die zweitgrößte Weltmacht stellt. Das war möglich, da in Hongkong keine Steuern auf Kunstimporte und -exporte anfallen.

Die politischen Geschehnisse vom 31. August 2019 veränderten allerdings den Lauf der Dinge für den gesamten asiatischen Kunstmarkt. Pekings Regierung hatte mit einem Beschluss maßgebliche politische Reformen in Hongkong verhindert. Es folgten Massenproteste in der chinesischen Sonderverwaltungszone. Danach standen sich Staat und Demokratiebewegung mehr denn je unversöhnlich gegenüber, mit unmittelbaren Auswirkungen auf den Markt, wie strategische Ausrichtungen internationaler Galerien sehr schnell zeigten.

Nachdem der New Yorker Galerist David Zwirner 2018 seine Hongkong-Dependance eröffnet hatte, widmete er sich vor allem dem Ausbau seines Standortes in New York sowie der Europa-Zentrale in Paris. Ähnlich Larry Gagosian, der in Zeiten US-amerikanischer Strafzölle gegen China offenbar ebenfalls auf Nummer sicher gehen wollte – und daher in den ehemaligen New Yorker Räumen von Pace und Mary Boone zwei neue Standorte vor seiner Haustür öffnete.

Kukje Gallery K3 | Foto: Yong-Kwan Kim, Bild zur Verfügung gestellt von Kukje Gallery

Strafzölle zwischen 10 und 25 Prozent

Das sicher geglaubte Asien-Geschäft hatte Untiefen bekommen. Die Proteste stürzten die Stadt ins Chaos. Die Gefahr einer militärischen Intervention durch die chinesische Armee ist nach wie vor groß. Dadurch wurde auch das Kunst-Business in der Stadt beschädigt. Denn schnell war klar: Bei einem Einmarsch würden sich in Hongkong chinesische Verhältnisse breitmachen. Mit Strafzöllen zwischen 10 und 25 Prozent auf Kulturgüter chinesischer Herkunft und strategischen Währungsmanipulationen beim Yuan – der Grund übrigens, warum Pace nach zehn Jahren seine Galerie in Peking letztlich aufgegeben hatte.

Seitdem greift der negative Ausblick im Handel des Reichs der Mitte auch auf die 1997 von den Briten übergebene ehemalige Kronkolonie über. Die Pandemie hat diese Aussichten verdichtet. Vor den Protesten entfiel mit 46 Prozent der Auktionsumsätze fast die Hälfte des asiatischen Marktes für zeitgenössische Kunst auf Hongkong, was einem Weltmarktanteil von 14 Prozent entsprach. Noch präsentierte Hongkong sich vor Peking, doch die Achse über London nach New York ist brüchig geworden. Und die politische Situation verschärft den Wettbewerb.

Die asiatischen Fahrwasser weisen gefährliche Strömungen auf, die selbst gewieften Händlern auf den dortigen Kunstmessen zu schaffen machen. Davon weiß regelmäßig auch der Art Basel Report zu berichten. Die Geschäftszahlen chinesischer Auktionshäuser verdeutlichen das Problem – nur etwa die Hälfte aller zugeschlagenen Lose wurden tatsächlich auch verkauft.

Art Basel Hong Kong | © Art Basel

Die Pandemie dürfte diese Käufermentalität möglicherweise verstärkt haben. Mit der Zahlungsmoral steht es in China nicht zum Besten. Zudem bremst die Flut an Fälschungen dort von jeher ein dynamisches Wachstum aus. So war der chinesische Anteil am Weltmarkt mit 21 Prozent vor der Pandemie nur halb so hoch wie der der USA.

Ab 2008 war China für einige Jahre der am schnellsten wachsende Kunstmarkt weltweit. Doch als Xi Ende 2012 die Macht übernahm drehte sich das.

Sebastian C. Strenger

Ab 2008 war China für einige Jahre der am schnellsten wachsende Kunstmarkt weltweit. Doch als Xi Ende 2012 die Macht übernahm drehte sich das. Seitdem ging bei chinesischen Sammlern die Angst um, bei größeren Käufen in Erklärungsnot über die Herkunft ihres Geldes zu geraten. Die Angst vor Repressalien der Staatsmacht ließ sie fortan vermehrt Offshore-Käufe tätigen. New York, London und – nach der Brexit-Entscheidung – Paris konnten davon profitieren, in Europa aber vor allem auch eine seit nahezu fünf Jahren rasant wachsende portugiesische Galerieszene. Nicht zuletzt durch das „Golden Visa“ konnten sich Chinesen mittels des Kaufs einer Immobilie im Wert von mindestens 500.000 Euro hier den Zugang in die EU sichern und tauchten so vielfach als unbescholtene Sammler fernab der Kontrolle der Staatsmacht Chinas als Unterstützer einer boomenden Szene auf. Die Geldströme verlagern sich. Auch für den Kunstkauf.

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