Albertina

Zwei Künstlerkollektive in Österreich

Mit der Doppelkonstellation Hauenschild Ritter – Muntean/Rosenblum zeigt die Albertina die grafischen Arbeiten zweier Künstlerduos, die die österreichische Kunstszene der letzten drei Jahrzehnte prägten und mit einer unverkennbaren Handschrift großformatige Tableaus schaffen.


Die Gattung Zeichnung gilt als Teil der Tätigkeiten vieler Künstler und bemüht sich stets um eine realistische Darstellung konkreter Begebenheiten. Durch die Ubiquität medialer und virtueller Bilder dienen jedoch nicht nur die sichtbare Natur oder real geglaubte Fotografien derselben als Ausgangspunkt einer piktoralen Debatte, sondern eine Kombination verschiedener Bildwelten, die in einen neuen visuellen Kontext übertragen werden – in diesem Fall mit einem der genuinsten künstlerischen Medien.

Peter Hauenschild und Georg Ritter

Peter Hauenschild und Georg Ritter, deren Arbeiten im ersten Teil der Ausstellung zu sehen sind, bedienen sich dieses Phänomens, indem sie ihre Bilder digital montieren und am Computer neue Szenarien entwerfen. Erst dann werden die analog zeichnenden Hände ins Spiel gebracht, deren Tätigkeit sich auf dem Papier manifestiert.

In mehreren Schichten überlagern die Künstler ihre gegenseitig aufgetragenen Schraffuren von Räumen, Landschaften u­nd den ihnen zugehörigen Personen. Oft sind es die Künstler selbst, die in ihren Bildern auftauchen. So beziehen sie sich in der vierteiligen Serie „Im Lichte der Arbeit“ auf ihre gemeinsame Tätigkeit in der Stadtwerkstatt Linz, in der sie an Projekten, etwa für den öffentlichen Raum, arbeiteten und die Bildschirme ihrer Monitore als einzige Lichtquelle in dem ansonsten fensterlosen Raum dienten.

Ähnlich visualisierten sie einen Kellerraum, der ihnen 1995 in der New Yorker Broome Street als Atelier angeboten wurde, aber nicht geeignet war. Ausgelichtet und leicht adaptiert stand er dennoch Modell für eine ihrer Zeichnungen. Neben dem urbanen Raum spielen aber auch Landschaft und Natur in ihrer Historizität eine Rolle in den Arbeiten von Hauenschild Ritter, etwa ein menschenleerer Friedhof in Madrid als Repräsentationselement in einer ihrer ersten Zeichnungen.

Hauenschild Ritter, Goldhauben II, 2008, Pastell auf Papier, Sammlung Klöcker, Bad Homburg v. d. Höhe © Hauenschild Ritter, Foto © Georg Ritter

Markus Muntean und Adi Rosenblum

Markus Muntean und Adi Rosenblum hingegen fokussieren auf Figurendarstellungen in einem vorwiegend urbanen beziehungsweise kulturell aufgeladenen Setting. Sie beziehen sich auf eine Vielfalt an vorformulierten fotografischen BiIdwelten, die aus Lifestylemagazinen und sozialen Medien stammen und mit Text versehen in neue Bedeutungszusammenhänge gebracht werden. Wenn auch in der Gegenwart verortet, stehen für viele ihrer Arbeiten und die ihnen inhärenten Gestaltungsprinzipien Werke aus der Kunstgeschichte Pate. Ästhetische Prämissen und Schönheitsideale wiederholen sich in den Szenerien und Ausdrücken der dargestellten Personen in einer an die Jugendkultur angelehnten Lebenswelt. Die Gesichter erscheinen meist nachdenklich und sinnieren über Momente, die durch Textphrasen am unteren Bildrand mit dem Bildinhalt korrelieren.

Muntean/Rosenblum schaffen dadurch bestimmte Personae, deren Individualität textuell untermauert oder auch aufgelöst wird. Der unverkennbare Stil des Künstlerduos setzt sich nicht nur in Zeichnung und Malerei, sondern auch im Medium Video fort; eines ist, im Format angepasst, in die Bildabfolge der Ausstellung integriert. Der (kunst-)historische Bezug wird hier auch in der Auswahl der Musik spürbar, einer Motette des spanischen Renaissancekomponisten Cristóbal de Morales.

Die Protagonisten finden sich fast bewegungslos auf einer teils abgesperrten Straße ein, wobei einige geschäftig mit Handy und Fotoapparat agieren und ein Sicherheitsbeamter als Rezitator dient. Dadurch inkludieren die Künstler die von ihnen analysierten Medien mit der für sie notwendigen technischen Apparatur und vokalen Komponente als Metaebene in den Bildraum. Simulierte Bewegung als grundlegendes Moment der Arbeiten steht somit den vorwiegend statischen Ansichten bei Hauenschild Ritter gegenüber.

Muntean / Rosenblum, Untitled ("There is so much..."), 2020, Pastellkreide, Öl und Acryl auf Leinwand, Sammlung Berkson © Muntean/Rosenblum, Foto: Courtesy of Muntean/Rosenblum

 

Albertina

Albertinaplatz 1, 1010 Wien
Österreich

Das könnte Sie auch interessieren