Outdoor-Ausstellung & Community

Zu, aber nicht geschlossen: Close/d im Kunst Haus Wien

Die Umbauarbeiten werden genützt: Das Kunst Haus Wien ist aktuell zwar nicht betretbar, dennoch hat das Team mit „Close/d“ eine innovative Outdoor-Ausstellung auf die Beine gestellt. Neben Kunst im öffentlichen Raum steht auch ein umfangreiches Grätzl-Programm im Zentrum.


„Closed, but staying close“ lautet das sommerliche Motto des Kunst Haus Wien. Während das Haus auf der Unteren Weißgerberstraße vorübergehend wegen Umbauarbeiten geschlossen ist, will man nicht auf Kunstvermittlung und Kontaktaufnahme verzichten: Das jüngste Ausstellungsprojekt „Close/d“, kuratiert von Sophie Haslinger und Barbara Horvath, tritt von 28. Juni bis 31. Oktober 2023 in einen Dialog mit der Stadt und ihren Bewohner:innen. Zwölf Positionen von Künstler:innen mit Arbeits- und Lebensmittelpunkt in Wien fügen sich in das Grätzl rund um das Ausstellungshaus ein, im thematischen Fokus stehen ökologische Perspektiven auf Gegenwart und Zukunft. Es ist das erste Projekt von Gerlinde Riedl als Direktorin des Kunst Haus Wien, in dem sie nicht zuletzt auch Chancen wittert: So spielt die niederschwellige Kunstvermittlung eine zentrale Rolle, um Berührungsängste vor allem mit zeitgenössischer Kunst zu mindern. Neben den an öffentlichen Plätzen präsentierten Arbeiten soll außerdem ein umfangreiches Rahmenprogramm für Zusammenhalt und Auseinandersetzung mit dem Thema innerhalb des „Grätzls“ sorgen. Artist-Workshops, Yoga im Park oder Repair-Cafés können kostenfrei in Anspruch genommen werden. Zentraler Ort des Geschehens: Das Trösch III, ein leerstehendes Erdgeschosslokal, wird zugleich zum Pop-up Community Center und Ausstellungsraum.

Zentraler Ort des Geschehens: Das Trösch III, ein leerstehendes Erdgeschosslokal, wird zugleich zum Pop-up Community Center und Ausstellungsraum.

So startet auch der Kunstspaziergang ausgehend von der Basis im dritten Wiener Gemeindebezirk. Flavia Mazzanti konstruierte die Digitaldruckserie „Flux Selves“ (2023), die das Schaufenster des Trösch III zieren. Mit ihren menschlich anmutenden Wesen, die von farbigem, organischem Geflecht überzogen sind, imaginiert sie eingangs postanthropozentrische Szenarien von Gegenwart und Zukunft. Im Raum selbst zeigt Ralo Mayer die Videoarbeit „Titularium eines weit entfernten Himmelskörpers“ (2023). Die Szenen sind mithilfe sogenannter „cloud tanks“ entstanden, Special Effects, die vor allem in Science Fiction Filmen der Siebziger bis Neunziger verwendet wurden, um atmosphärische Hintergründe zu generieren. Im Center liegen außerdem Poster und Postkarten der Collagen von Marie Vermont, die damit eine Litfaßsäule sowie eine Leuchtreklame nahe des Kunst Haus bespielt.

Community Center TRÖSCH III © Iris Ranzinger
 

Direkt vor dem Museum hat Barbara Kapusta ein fluides Trio aufgestellt, das sich, aus Aluminium gegossen, wie Kaugummi in die Länge zieht. Zwei der Figuren, „One (Upright)“ und „Third (Upright)“ sind bereits 2022 für den Innenraum entstanden, für die Ausstellung hat die Künstlerin „5 (Moving)“ entworfen und in den Außenraum verfrachtet.

Eine besonders interessante Position ziert außerdem ein Schaufenster des Museums: „Suns of the Cloud“ (2020) ist eine dreiteilige Videoinstallation der Gewässerökologin und Künstlerin Christina Gruber, die sich dafür in die Tiefen der Neuen Donau begeben hat. Sie verfolgt den immer noch als invasiv geltenden Sonnenbarsch (immerhin sei er bereits seit etwa 70 Jahren hier), und beleuchtet anhand dessen die Auswirkungen digitaler Netze auf unsere Umwelt. Eigens für „Close/d“ hat Gruber zudem drei Audiowalks zu je fünf Minuten konzipiert, die die Geschichte des Donaukanals erzählen und über hybride Beziehungen zwischen den Arten spekulieren.

Closed, Barbara Kapusta, One (Upright), Third (Upright) 2022, 5 (Moving), © Iris Ranzinger

Eine weitere Arbeit greift auf originelle Art und Weise in den Außenraum ein: Thomas Feuersteins „Epiphyt“ (2023) ist ein geschlossener Brunnen, der um eine bereits existierende Skulptur von Franz Xaver Hauser mäandert. Die Grünalge Chlorella vulgaris färbt das Wasser grün, der Titel kommt von der wissenschaftlichen Bezeichnung „Epiphyten“ für Pflanzen, die auf anderen Pflanzen wachsen und für jene unterstützend sowie als Nahrungsquelle fungieren. Die enthaltene Alge zeichnet sich durch einen besonders hohen Anteil an Proteinen und Mineralstoffen aus, wodurch ihr heutzutage eine zunehmend wirtschaftliche Bedeutung zugeschrieben wird.

Close/d, Simon Brugner, Begreifen (Detail) © Iris Ranzinger

Closed, Barbara Kapusta, One (Upright), Third (Upright) 2022, 5 (Moving), © Iris Ranzinger

Close/d, Christina Gruber, Suns of the Cloud © Iris Ranzinger

Close/d, Thomas Feuerstein, Epiphyt © Iris Ranzinger

Close/d, Hugo Canoilas, Belvedere © Iris Ranzinger

Close/d, Ralo Mayer, Titularium eines weit entfernten Himmelskörpers © Iris Ranzinger
 

Kunst Haus Wien

Untere Weißgerberstraße 13, 1030 Wien
Österreich

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