Wien darf sich freuen: Rebecca Warren ist in der Stadt

Kneten, Stauchen, Ziehen, Drücken, Kratzen – Rebecca Warrens Skulpturen tragen die Spuren ihrer Hände. Mit ihnen hat die britische Künstlerin längst Kunstgeschichte geschrieben, nun geht sie in Wien mit neuen Arbeiten ins nächste Kapitel.


„Alle die sich heute mit figürlicher Darstellung befassen sind durch Rebecca Warren gegangen“, proklamiert Stella Rollig im Rahmen der Eröffnungspressekonferenz der Einzelausstellung von Rebecca Warren im Belvedere 21. Warren, die sowohl am Goldsmith’s College als auch am Chelsea College of Art ausgebildet wurde, zählt zu den erfolgreichsten Gegenwartskünstlerinnen Großbritanniens. Sie steht in einer langen Bildhauertradition die sowohl an Rodin wie an Giacometti aber auch an Louise Bourgeois und Magdalena Abakanowicz erinnert. 2006 wurde Rebecca Warren für den renommierten Turner Prize nominiert, 2011 wurden ihre Arbeiten auf der 54. Venedig Biennale gezeigt. „The Now Voyager“ – der Titel spielt auf ein Gedicht Walt Whitmans an – ist die erste Personale der britischen Bildhauerin in Österreich.

The untold want by life and land ne’er granted,
Now voyager sail thou forth to seek and find.

Walt Whitman

Kurator Axel Köhne spricht in seiner Erklärung zur Ausstellung von einem „Echo von Retrospektive“ – denn obwohl ganz neue Skulpturen im Belvedere 21 zu sehen sind, so neu, dass die Künstlerin selbst sie bisher nur einzeln im Studio kannte und erst in der Ausstellungshalle in einem Miteinander erfahren konnte – sind viele der gezeigten Arbeiten Versatzstücke von älteren Werken. Frühe Tonarbeiten, die die Künstlerin einst bekannt gemacht haben, werden in ihren Formen aktuell neu aufgegriffen und weitergeführt. „Ich wollte zu ein paar meiner ursprünglichen Ideen zurückkehren, auch um zurück an den Ort und das Gefühl von damals zu gehen und von dort aus weiterzuarbeiten“, erklärt die Künstlerin im Gespräch mit PARNASS. Dort ein Fuß, da ein Gesäß sind Grundformen, die nun eine Neubetrachtung erfahren. So sind auch manche Werktitel angelehnt an ihre früheren Vorbilder – Warren zitiert sich selbst, der Verdacht des Selbstplagiats muss sich aber hinter stets innovativen Gestaltungen zurücknehmen. Es sind eigenartige Wesen, die den Ausstellungsraum bevölkern, ein bisschen erinnern sie die Künstlerin an die berühmte Bar Szene aus Star Wars, wie sie erklärt.

Warren modelliert die Objekte zuerst in Ton und lässt dann von den Tonmodellen Bronzegüsse herstellen. Die Oberflächen werden poliert und bemalt. Fingerabdrücke und Kratzer verweisen auf das ursprüngliche Körperliche, das die Skulpturen ausmacht. Die handbemalten Bronzen sind zweifelsohne die Hauptakteure der Schau, doch sie sind nicht allein. Fragile Neonarbeiten, die auf ein Selbstporträt referenzieren, stehen ihnen zur Seite und werden von rosa bemalten Wänden, die von Warren eigens für die Ausstellung konzipiert wurden, in einen Rhythmus gebracht. Ein Versuch der mächtigen Glasarchitektur von Karl Schwanzer dominant entgegenzutreten.

Rebecca Warren, And who would be my mother (of Invention), 2013/2022, Handbemalte Bronze auf bemaltem MDF Sockel, Bronze: 87 x 86 x 82 cm, Sockel: 65 x 125 x 125 cm © Rebecca Warren, courtesy Maureen Paley, Galerie Max Hetzler und Matthew Marks Gallery. Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Belvedere 21

Quartier Belvedere, Arsenalstraße 1, 1030 Wien
Österreich

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