Gallery Diary - tart.vienna | Magdalena Kreinecker

Die Galerie Elisabeth & Thoman präsentiert in ihren Projektraum tart.vienna Arbeiten von Magdalena Kreinecker. Die  Ausstellung "Only Time" ist bis 5. Juni 2021 zu sehen!


Wie Lichtflecken tanzen organische Formen auf dunklem Grund. Das Auge sucht Halt im Ungegenständlichen, bildet Assoziationen zu bereits bekannten Bildern. Sonnenreflexe auf einer Zimmerwand, eine interstellare Molekülwolke.

So nonchalant die Kompositionen von Magdalena Kreineckers Radierungen wirken, sind sie doch alles andere als zufällig: ihnen liegt ein minutiöser Entstehungsprozess zu Grunde, in dem sich das Analoge und das Digitale die Hand reichen. Die Verwandtschaft der kupfernen Druckplatte zur fotografischen Platte, auf der das einfallende Licht seine Spur hinterlässt, ist hier nicht nur dem technischen Modus geschuldet, sondern der Verfahrensweise der Künstlerin.

Gefundene Motivfragmente werden gescannt, verfremdet und arrangiert, im Belichtungsprozess auf das Sieb übertragen, mit welchem das Sujet wiederum mit Baumharz zur Ätzung auf die Druckplatte aufgebracht wird, bis mit ihr so schließlich der Druck auf Papier erfolgen kann. Eine Prozedur, die nicht nur zeitaufwändig ist, sondern deren Ergebnis die Zeit auch materiell innewohnt. Zeit im Sinne der Dauer der Ätzung wird zum bestimmenden Faktor der vollendeten Arbeit.

Magdalena Kreinecker, Links: 2021 Aquatinta Radierung auf Büttenpapier, kaschiert auf AluDibond 56 x 39 cm Auflage 1/5 + 2 AP; Rechts:  2021 Aquatinta Radierung auf Büttenpapier, kaschiert auf AluDibond 56 x 39 cm Auflage 1/5 + 2 AP © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / Matthias Aschauer

Vielfach legt sich Schicht um Schicht aufeinander, ob digital oder durch den wiederholten Druck. Die Grenzen zwischen den Bildebenen verschwimmen, eine Unschärfe entsteht, die das Auge fordert, es austrickst. Magdalena Kreineckers Kompositionen verweisen auf das, was die Künstlerin und Autorin Hito Steyerl als „Unschärferelation des modernen Dokumentarismus“ bezeichnet. Bilder, die gerade in ihrer Verschwommenheit Unmittelbarkeit und Authentizität vermitteln wollen, letztlich jedoch nichts als die „eigene Aufregung“i zeigen. Zu Grunde liegt diesem Diskurs stets die Frage nach der Wirklichkeit, ihrem Abbild und dessen digitaler Manipulation. Welchen Bildern können wir Glauben schenken, und: ist den eigenen Augen zu trauen?

Der leuchtende Glanz der Kupferplatte verbleibt in der Werkstatt, und doch ist Only Time durchdrungen von Fragen, die die verblichene Aura des technisch reproduzierbaren Kunstwerks adressieren. Denn als digitales Speichermedium und Leiter hat Kupfer längst eine neue Aura gewonnen – jene der Macht über das Wissen und seine Verfügbarkeit.

Magdalena Kreinecker, It occurs once in a minute, twice in a moment, but never in an hour. (O.T.), 2021 Linolschnitt und Siebdruck mehrfarbig, Öl auf Seidenpapier, kaschiert auf MDF, Lack, Leinöl, Fichtenholz je 77 x 100 x 1,6 cm Installation 200,5 x 387,5 x 8 cm, © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / Matthias Aschauer

Die Assoziation zur kühlen Haptik des Speichermediums bricht die Künstlerin durch die Verwendung von weichem, langfaserigem und porösem Seidenpapier. Als Bildträger wirkt es fragil, obgleich seine Elastizität es widerstandsfähig macht; handgefärbt und in Bahnen verwebt kommt es auf Objekten in den Raum, den Magdalena Kreinecker durchaus mit kunsthistorischen Referenzen versieht. Keine Aura, aber eine Anmutung des Sakralen.

Only Time. Ein Schuss Gefühl. Kitsch? Oder Pop, wie das leuchtende Flieder auf rotem Grund? Eine ironische Geste als Titel – oder schwingt hier womöglich auch ein Funken Ernsthaftigkeit, ein Hauch von ‚unguilty pleasure’ ii mit? Who can say?

tart.vienna

Seilerstätte 7, 1010 Wien
Österreich

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