Der zeichnerische Blick auf die Welt

WERNER REITERER IM ARTELIER CONTEMPORARY

Der Corona Virus Pandemie und den vergangenen und angekündigten Lockdowns zum Trotz hat die Galeristin Petra Schilcher den Künstler Werner Reiterer zu einer Einzelausstellung gebeten. Seine ironischen und hintergründigen Arbeiten sind unter dem Titel „Mann legt Ei“ seit 19. Dezember im „Artelier Contemporary“ in der Grazer Griesgasse zu sehen.


Ein Gesicht, das unter einem schwarzen Filzhut nur mit Auslassung von Augen und Mund verschwindet, widerspricht der Konnotation dieser Art Verkleidung, die als Strumpfmaske mit kriminellen Handlungen sozialer Unterschichten in Verbindung gebracht wird. In der Arbeit „Social Upgrading in Use“ wird die Herangehens- und Ausdrucksweise des in Wien lebenden steirischen Künstlers prototypisch erkennbar. Es geht ihm immer um „die Ironie, den kritischen Blick auf die Welt, die er in seine Arbeiten verpackt“ sagt die Galeristin und „er gehört zu den Besten, die wir hier in Österreich haben. Er gefällt mir inhaltlich und formal.“

Bücherverbrennung, Werner Reiterer © Courtesy Artelier Contemporary and by the artist

Petra Schilcher hat in ihren Galerieräumen in Graz über die Jahre bereits mit sehr vielen der heimischen und internationalen Größen von Martin Kippenberger bis zu Erwin Wurm, von Hubert Schmalix bis zu Schuster, Kienzer, Kogler, Zobernig, Rehberger, aber auch John Baldessari , Christopher Wool oder Joseph Kosuth zusammengearbeitet, jetzt ist es also Werner Reiterer, den sie zeigt. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen detailreiche Zeichnungen, teils kombiniert mit Texten und Fotografien. In seinen beiden übergroßen Arbeiten widmet sich der Künstler dem Formalismus, der Intervention und ortsspezifischen Projekten, um der Welt mit einer neuen Betrachtungsweise gegenüber zu treten.

Er gehört zu den Besten, die wir hier in Österreich haben.

Petra Schilcher, Galeristin Artelier Contemporary

Eines der Herzstücke der Schau ist die „Bücherverbrennung“, ein Blatt auf dem der Künstler mit Blei- und Farbstift in informativer Weise dem großen Thema des Buchdrucks, des Wissenstransfers und der gleichzeitigen Vergänglichkeit von Schrift auf Papier nachgeht. Ein im Wind fliegendes Papier steht einerseits für die unsägliche Bücherverbrennung zu Zeiten des Hitler Regimes, andererseits für das Phänomen, das wir von Feuerstellen kennen, dass nämlich durch die Hitze der Flammen leichte Gegenstände aufsteigen um danach wieder auf den Boden zu fallen.

Der gedankliche Kosmos des Werner Reiterer wird in all seinen präzisen, akribisch gezeichneten, mit Texten versehenen aussagestarken Arbeiten erkennbar. Ein streng beibehaltener Formalismus und ein gesellschaftskritischer Blick auf die Welt machen seine Bilder so unverwechselbar. Für die 1996 begonnene-, und bis heute immer wieder ergänzte Serie von 70 x 50 cm großen Blättern verwendet Werner Reiterer „19 Bleistifte unterschiedlicher Stärke für genau 19 unterschiedlich starke Grauflächen“ wie er erklärt. Zu den „Gezeichneten Ausstellungen“ gehört beispielsweise „Mann legt Ei“. So wie dieses Bild folgen alle einem konstanten Formalismus, der es Werner Reiterer erlaubt, die unterschiedlichen Inhalte der einzelnen Blätter besser ins Blickfeld des Betrachters zu rücken.

19 Bleistifte unterschiedlicher Stärke für genau 19 unterschiedlich starke Grauflächen

Werner Reiterer

Einige von Reiterers Zeichnungen haben ihre tatsächliche Realisierung in Form von Installationen und Skulpturen erfahren. Sie sind als Kunst im öffentlichen Raum oder aber als temporäre Kunstobjekte zu sehen, beziehungsweise zu sehen gewesen. In den beiden großformatigen Tableaus der Grazer Ausstellung kann man hingegen zwei nicht realisierten Kunstprojekten nachspüren: „Der Bastard“, der für das MQ Areal in Wien geplant war, und die „Flaschenpost“, die Reiterer für Düsseldorf konzipiert hatte.

Mann legt Ei, Werner Reiterer © Courtesy Artelier Contemporary and by the artist


Was die Galeristin Petra Schilcher so besonders an der Ausstellung freut ist einerseits die Tatsache, gerade in dieser Zeit mit einem „extrem angenehmen, unaufgeregten, professionellen Künstler“ zusammenarbeiten zu dürfen, andererseits aber auch ihren Besuchern und Sammlern die gesellschaftskritischen Aussagen, die Werner Reiterer pointiert zu Papier bringt, zeigen zu können.

Artelier Contemporary

Griesgasse 3, 8020 Graz
Österreich

Arbeiten von Werner Reiterer sind überdies im OK in Linz zu sehen: Werner Reiterer „Locked in” 17.12.2020 bis 21.02.2021

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