Kunst- und Kulturraum

Galerierundgang St. Moritz

St. Moritz war von schon immer ein Rückzugsort und Inspirationsquelle bedeutender Künstler. Mittlerweile umfasst St. Moritz auch eine Reihe von internationalen und Schweizer Kunstgalerien. Nana Pernod fasst die wichtigsten Kunstgalerien zusammen eine Tour zum Nachmachen.


Galerie Karsten Greve AG

Die Galerie Karsten Greve liegt im Herzen von St. Moritz Dorf unweit des berühmten Café Hanselmann. Die Räumlichkeiten sind verwinkelt: Im Erdgeschoß und im Zwischengeschoß zeigt der aus Köln stammende Galerist Karsten Greve wechselnde Ausstellungen. Im ersten Geschoß ist der Raum mit Positionen galerieeigener Kunstikonen wie Leiko Ikemura , Josef Albers, Lucio Fontana und weiterer namhafter Kunstschaffender bestückt. Seit 1999 besteht die Filiale in St. Moritz neben jenen in Köln und Paris. Greve hatte schon als Kind einen Bezug zur Landschaft des Engadins, darum zog es ihn nach St. Moritz. Das Programm ist nicht durch den alpinen Ort beeinflusst, sondern zeigt Werke der galerieeigenen Künstler. Durch langjährige frühe Freundschaften zu Künstlern wie Louise Bourgeois sind sowohl bekannte Namen als auch noch nicht etablierte, lebende Kunstschaffende Teil des Programms. 

Installation view, Galerie Karsten Greve, St. Moritz, 2008 (with works by Louise Bourgeois, Pierre Soulages, Lucio Fontana, John Chamberlain and Piero Manzoni), Courtesy of Galerie Karsten Greve, Köln ,Paris, St. Moritz, Photo: Saša Fuis


Gallery Elle 

2019 eröffnete Atossa Meier eine junge Galeristin mit persischen Wurzeln, die Gallery Elle im Suvretta House in St. Moritz. Zuvor hatte sie sich bereits im Badrutt’s Palace Hotel in St. Moritz beim Einrichten der Master Suites mit passender Kunst als Kennerin profiliert. Der Schritt in den alpinen Raum lag für Atossa Meier auf der Hand: Der Kundenstamm ihrer bereits länger bestehenden Gallery Elle in Zürich hat mehrheitlich ein Feriendomizil im Engadin und wollte sich dort auch mit Kunst umgeben. Die Galeristin vertritt in St. Moritz dieselben Kunstschaffenden wie in Zürich, nur hat sie für ihre Klientel im alpinen Oberengadin ein besonderes Programm ausgewählt: Alle in St. Moritz gezeigten Werke sind aus natürlichen Materialien gefertigt (unter anderem Gold und Perlmutt) und tragen in sich etwas, das an diese spezielle Berglandschaft und ihr Licht erinnert. Ihr generelles Thema „Himmel“ findet in den Wolkenbildern des kanadischen Künstlers Ian Fisher eine ausdrucksstarke Manifestation. Atossa Meier bedient in ihrer alpinen Galerie eine sehr internationale – brasilianische, israelische, aber auch persische – Kundschaft. Ihren Auftrag versteht sie im klassischen Sinne einer Galeristin: den Käufer glücklich zu machen und aus dem rohen Diamanten des Kunstschaffenden einen Juwel zu formen. Darum vertritt sie nur gut ein Dutzend internationaler Künstler. Sie wird als Geheimtipp gehandelt und möchte das auch so beibehalten.

Gallery Elle | Cloud Sculptures von Mathias Kiss, Cloud Paintings von Ian Fisher, 
Meteor light von Christopher Boots | Foto: Gian Giovanoli


Kunstgalerie Central

Markus Kirchgeorg und seine Tochter Léonie führen zusammen seit 2016 die Kunstgalerie Central in St. Moritz. Das Programm der Galerie hat einen direkten Bezug zum Engadin, seiner alpinen Landschaft und Kultur: Entweder der Kunstschaffende lebt hier oder sein Werk bezieht sich aufs Engadin. Junge und ältere zeitgenössische Kunstschaffende wie Ernestina Abbühl mit ihren wachsüberzogenen Reliefs interpretieren diese Berglandschaft auf ganz eigene Art und Weise. Die Ausstellungen dauern über beide Hauptsaisonen. Das ist für die Nachhaltigkeit der Kundenbeziehungen wichtig, denn viele Interessierte sind immer wieder kurz im Engadin. Die Kunstgalerie Central charakterisiert auch ihr Gebäude: eine Neuinterpretation des Engadiner Baustils durch die renommierte Architektin und gebürtige Bündnerin Tilla Theus, dessen Fassade ein geometrisches Engadiner Sgrafitto ziert. 
 

© Kunstgalerie Central


Art JED Galerie AG

2017 gründete Artur Piotr Jedrzejewski mit Partnern aus der Wirtschaft und britischen sowie US-amerikanischen Kuratoren die Art JED Galerie in St. Moritz. Er lebt und arbeitet in Monaco, wo er ebenfalls eine Kunstgalerie führt. Seine Mitarbeiterin Anna Lukasik lebt in St. Moritz und gestaltet mit ihm das Programm der Galerie. Die Galerie zeigt gegenwärtig fotografische Arbeiten der italienischen Künstlerin Laura Ceretti, die zwischen lien und der Schweizer Bergwelt pendelt. Zu sehen sind spektakuläre Drohnen-Aufnahmen der Engadiner Landschaft. Die Hälfte des Bildes wird jeweils gespiegelt, wodurch eine Art Panoptikum entsteht. Das Programm der Galerie wechselt zwischen einheimischen Kunstschaffenden und Kunstikonen wie Damien Hirst. Entsprechend variieren auch das Preisspektrum und die Klientel. Die Lage der Art JED Galerie zwischen Badrutt’s Palace Hotel und dem Zentrum von St. Moritz, dem Café Hanselmann, macht sie für spontane Walk-in-Besuche attraktiv. In der winterlichen Hochsaison ist sie stets geöffnet, ansonsten auf Vor­anmeldung.
 

© Galerie Art Jed


Hauser & Wirth St. Moritz

Die 1992 in Zürich gegründete Galerie Hauser & Wirth ist eine der wichtigsten der Schweiz. Unter anderem werden Ausstellungsräume in Hong Kong, New York, Los Angeles und London geführt und ein hauseigener Verlag betrieben. Im Dezember 2018 öffnete Hauser & Wirth seine über 4.000 Quadratmeter große Dependance im Zentrum von St. Moritz. Diesen Winter wird, kuratiert von Peter Pakesch, eine Zusammenschau von Maria Lassnig und Cindy Shermann gezeigt. Die Präsentation untersucht die entscheidende Rolle, die beide Künstlerinnen – obwohl sie mehr als eine Generation auseinander liegen – bei der Entwicklung von Diskussionen über Identität, Geschlecht und den Körper in der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts spielen.

Maria Lassnig , Hurra – ein Junge! (Hooray, It's a Boy!), ca. 2008, Oil on canvas, 150.2 x 209.5 cm / 59 1/8 x 82 1/2 in © Maria Lassnig Foundation, Courtesy the Foundation and Hauser & Wirth


Galerie Andrea Caratsch AG

Der aus Schanf stammende und damit einheimische Galerist Andrea Caratsch führt seine St. Moritzer Galerie seit 2013. Vorher war er Galerist in Zürich. Er und seine Frau sind nach langen Aufenthalten in Weltstädten gerne und entschlossen wieder ins Engadin gezogen, genauer nach S-chanf, dem Heimatort der Familie Caratsch. Caratschs Galerieprogramm umfasst Newcomer wie die 26-jährige Schweizer Künstlerin Charlotte Leimer, aber auch bekannte Künstler wie Not Vital, George Condo und Giorgio de Chirico. Vital hat dabei den engsten Bezug zu der alpinen Landschaft, die er auch in seinem Œuvre diskutiert. Das sehr international ausgelegte Programm interessiert eine breite Klientel: Jährlich kommen neue Kunden, was auch der Atmosphäre von St. Moritz sowie der alpinen Seenlandschaft geschuldet ist. Einmalig sind die fast musealen Räume: groß, hoch, hell dank natürlichem Tageslicht. Caratsch ist ein Kunstkenner mit großer Leidenschaft für sein Metier, was sich im wachsenden Kundenstamm spiegelt.

Galerie Andrea Caratsch | Ausstellungsansicht »BLACK’N’WHITE«, Winter 2016 / 2017 | Courtesy Galerie Andrea Caratsch, St. Moritz


Galerie Curtins

Der Galerist Franz Rödiger ist ein langjähriger Kenner des einheimischen Kunstschaffens. Als ausgebildeter Restaurator war er jahrzehntelang in den Kirchen des Engadins unterwegs. Durch seinen Beruf und als Kunstkenner knüpfte er früh Freundschaften zu Kunstschaffenden der Region. 1975 gründete er die Galerie Curtins in St. Moritz. Er arbeitete weiter als Restaurator und bildete sich auch in der Farbenlehre weiter. Sein Programm mit einheimischen Kunstschaffenden wie Ursina Vinzens, Jacques Guidon, Alberto Giacometti und anderen, die sich vom Engadin inspirieren ließen, spiegelt auch die engen Freundschaften, die den Galeristen mit seinen Künstlern verbindet. Obwohl er Originale von Alberto Giacometti und Karl Aegerter in seiner Galerie zeigt, gibt es bei ihm keinen Ansturm. Denn für Rödiger ist es wichtig, dass der Käufer eines Werkes eine Beziehung zu diesem hat oder entwickelt – einfach so als Schnäppchen kann man ihm nicht einkaufen.

© Galerie Curtins


Galerie10

Die junge Galerie, die im Winter 2019 ihre Tore öffnete, zeigt ein vielschichtiges Programm internationaler Kunstschaffender und einheimischer Kunst. Die Galeristinnen Andreea Caragea und Andrea Scott sind bestrebt, dem Besucher mit ihren Ausstellungen ein spezielles Seherlebnis zu geben. Den Ort St. Moritz haben sie gewählt, weil er eine strahlkräftige künstlerische und kulturelle Referenz bildet, wenn man an Namen wie Giacometti, Segantini, Nietzsche und an andere mehr denkt. Zudem kommt ihnen die Diversität der Menschen, die sich zeitweise oder dauernd in St. Moritz aufhalten, entgegen, um das Potenzial des Ortes für die Galerie10 auszuschöpfen. Sie stellen Kunstschaffende aus, die sie später auch fördern. Eine Wiederholung ist dann angesagt, wenn der Protagonist bei den Besuchern und Käufern ein großes Echo fand.

Galerie10 | Ausstellungsansicht »Santiago Parra«, Sommer 2021 | Courtesy Galerie10


Petra Gut Contemporary AG

Im Sommer 2021 eröffnete Petra Gut die erste auf Fotografie spezialisierte Galerie in St. Moritz und damit neben Zürich ihren zweiten Standort in der Schweiz. Der Bezug zur Natur spielt in ihrem Programm eine entscheidende Rolle: Der international gefeierte schottische Naturfotograf und Tierschützer David Yarrow, der Fotograf, Umweltaktivist und Polarforscher Sebastian Copeland und der legendäre Schweizer Bergfotograf Robert Bösch, bilden einen zentralen Teil ihres Ausstellungsprogramms. Mit der Galerieeröffnung im Engadin, das seit jeher ein magischer Ort mit bedeutungsvollem künstlerischem und kulturellem Erbe ist, möchte sie ihren Kunstschaffenden eine weitere Plattform bieten. Neben ihrer Zürcher Kundschaft wird die alpine Landschaft auch von einer internationalen Sammlern besucht und bewundert. In St. Moritz zeigt Gut ab Februar Robert Bösch mit einer Ausstellung zu seinem neuen Bildband „Engiadina“.

© Petra Gut Contemporary


Vito Schnabel Gallery

„Das Engadin-Tal verfügt über eine sehr reiche Geschichte an Künstlern, die in der Region gearbeitet haben, darunter Alberto Giacometti, Jean-Michel Basquiat, Andy Warhol und mein Vater. Es ist erstaunlich, die Werke einiger dieser Künstler zeigen zu können und neue Künstler in die Region zu bringen“, erklärte der Galerist Vito Schnabel 2017 im Interview mit L’Officiel. Bereits 2015 gründete Schnabel, Sohn des Malers und Filmregisseurs Julian Schnabel, seine Galerie in St. Moritz. Ergänzend zu Aktivitäten in den USA, wo er regelmäßig in New York und Santa Monica Ausstellungen organisiert, präsentiert Schnabel auch in der Schweiz Künstler wie Laurie Anderson oder Urs Fischer. Auch Newcomer aus den USA werden hier gezeigt, so im vergangenen Sommer Spencer Lewis.

Installation view: Spencer Lewis: Susan Mary, Vito Schnabel Gallery, St. Moritz, July 7 – September 26, 2021 © Spencer Lewis; Photo by Stefan Altenburger; Courtesy the artist and Vito Schnabel Gallery


Mehr Kunsttipps entlang der Alpen in unserer PARNASS Ausgabe 04/2021

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