Von der Hass-Liebe des Konsums
Stefanie Moshammer fügt ihrem Schlagabtausch mit der Modeindustrie aktuell im Kunst Haus Wien ein weiteres Kapitel hinzu. Dabei erkennt sich die Künstlerin wie der Besucher, die Besucherin selbst als Konsument:in zwischen Faszination, Fetisch und Ekel.
„We Love Our Customers“, so der programmatische Titel der seit 2018 fortlaufenden Beschäftigung Stefanie Moshammers mit dem Thema Fast Fashion und ebenfalls der Ausstellungstitel ihrer neuen Schau im Kunst Haus Wien, die ausschließlich neue, 2022 entstandene Arbeiten, versammelt.
Wer hier wen liebt das würfelt schon am Eingang die erste Arbeit durcheinander. In einer Reihe von Found Footage Videos führt Moshammer das bizarr-grausame Phänomen der Dupe Mall Videos vor – hier präsentieren Menschen in kurzen Clips mit aufgeregter Stimme ihre Schnäppcheneinkäufe. Projiziert werden die Short Clips auf einer Stoffreste-Sammlung der Großmutter der Künstlerin. Landet Fast Fashion heute im Schnitt oft kaum getragen im Müll – laut einer Greenpeace Umfrage hängt jedes achte Kleidungsstück ungenutzt in österreichischen Schränken – hatten frühere Generationen noch auf jedes „Stoff-fetzerl“ Acht gegeben und es zum Flicken oder Weitervernähen aufbewahrt. Das spiegelt die Stoffrestesammlung der verstorbenen Großmutter wider. Moshammer hat die Textilstücke nicht weiter beschnitten, sondern bloß zusammengefügt. In einer Collage kombiniert sie diese mit einer Stahlkette und einem Daft Punk Zitat: „Do It Faster. Makes Us Stronger“.
Kontraste, wie dieser zwischen industrieller, maschineller einerseits und handwerklicher, analoger Fertigung von Fashion andererseits sind ein Hauptanker der Schau Moshammers, erklärt Kuratorin Sophie Haslinger. Besonders deutlich wird das in der Videoarbeit „She is but a trendy deal“. Von einer künstlichen Intelligenz verfasste Gedichte – den Poem Generator speiste Moshammer mit Vokabeln aus den Dupe Hall Videos – werden zu Liebeserklärungen einzelner Second Hand Kleiderstücke, die uns künstliche Fingernägel verziert mit Logos großer Marken in erotisierender Liebkosung präsentieren. Eine „absurde Komponente und Humor“, seien bei Stefanie Moshammer stets wichtig, so Haslinger. Um den erhobenen Zeigefinger gehe es bei all dem nicht, auch nicht bei den deformierten Textilporträts, die unsere aus dem Gleichgewicht geratenen Vorstellungen von Schönheit anstoßen oder bei der aus der Form gebogenen Kleiderstrange, die den Ausstellungsraum rhythmisiert.
Alles kleine (bissige) Kommentare, aber keine Urteile, so die Künstlerin, denn „auch wenn ich keine Konsumentin von Fast Fashion bin, sehe ich mich als Teil des Problems, weil wir alle konsumieren“, so die Künstlerin, die durchaus auch für Modebrands kommerziell hinter der Kamera steht. Es ginge um ein „Infragestellen des eigenen Vorgehens“, so bleibt das Projekt „We Love Our Customers“ auch vorerst ein fortlaufendes. Das ist auch gut so, würde man gerne mehr davon sehen als es in der Garage des Kunst Haus Wien platztechnisch möglich ist, eine große Soloschau für Moshammer in Wien wäre längst überfällig.
Kunst Haus Wien
Untere Weißgerberstraße 13, 1030 Wien
Österreich
FESCH' KLEIDERTAUSCHBÖRSE
Die Kleidertauschbörse im KUNST HAUS WIEN
FR 28.10., 14:00 - 20:00 und SA 29.10., 10:00 - 20:00