Galerie Martin Janda

Svenja Deininger | Today, one month ago

Today, one month ago so der Titel von Svenja Deiningers neuer Ausstellung in der Galerie Martin Janda. Ein Titel als Festschreibung, der einen bestimmten Tag und ein subjektives Ereignis evoziert, von dem viele sich aber in dieser seltsam gedehnt erscheinenden Zeit nicht genau erinnern werden, welches das gewesen sein könnte. Denn unsere Zeitwahrnehmung hat sich während wir global von einem in den nächsten Lockdown taumeln nicht nur verlangsamt, sondern hat das Erleben von einem strukturierten Nacheinander von Abläufen zu einer verschwommenen Gleichzeitigkeit gewandelt.


Today, one month ago, eine Festschreibung, die nicht gelingen kann, denn heute war gestern noch morgen und angesichts von Svenjas Deinigers Malereien auch nicht gelingen soll, denn sie leben vom Prozessualem, vom Fluiden, vom Verweben von Farben, Formen und Texturen.

Ihre Arbeiten bauen auf eine abstrakt-geometrische Malereitradition der Moderne auf, ohne jedoch ihre Rigidität und Autonomie zu beanspruchen mit der im 20. Jahrhundert aus einem permanenten Fortschrittsgedanken heraus ein Innovationszwang zur ständigen Reduzierung und Konzentration der malerischen Mittel bestand. Weder gibt es in ihren Arbeiten eine vorab konkret definierte Bildidee und rein rationale Vorgangsweise in Umsetzungsprozess, wie es etwa die Konstruktivisten verfolgten, noch gibt es einen ausschließlichen Rückbezug auf die geometrisch abstrakte Formaskese, wie es etwa die De Stijl Bewegung propagierte. Svenja Deininger ist eine Bildbaumeisterin, ihre Malerei ein Prozess, in dem ein Schritt in den nächsten gleitet. So setzt sie ohne vorherige Vorzeichnung eine abstrakte neben eine gegenständlich anmutende Form, lagert zahlreiche Farbschichten übereinander, die sie teilweise wieder an- und abschleift, um darunterliegende Formen und Farben sichtbar zu machen. Fast scheint es, als wolle sie mit dieser Vorgangsweise die einzelnen Ebenen so miteinander verschleifen, dass ein unauflösbares Gewebe entsteht.

Ausstellungsansicht, Svenja Deininger, Galerie Martin Janda, Courtesy Galerie Martin Janda, Vienna, Photographer: kunst.dokumentation.com

Denn hat man einmal eine Form als über eine andere liegend ausgemacht, verschwindet sie an der Bildkanten unter einer anderen und hat sich eine hart konturierte Linie in eine organisch schwingende Kurve verwandelt. Ungewöhnlich für die neuen Arbeiten von Svenja Deininger, die in den letzten eineinhalb Jahren für die Ausstellung bei Martin Janda entstanden sind, ist der Einsatz von leuchtenden Primärfarben, Rot, Blau, Gelb, die sie neben ihre bisher bevorzugten matt pastelligen Mischtöne, bleiches Rosa, Beige oder Hellgrün setzt. Dennoch gelingt es ihr ein harmonisches Gesamtgefüge zu bewahren, sei es im innerbildlichen Kontext der einzelnen Bildelemente als auch im räumlichen Beziehungsgefüge der Ausstellung. Sobald etwa eine Form durch leuchtendes Rot droht zu sehr aus der Bildfläche zu schreien und die Dominanz zu erlangen, wird sie von einer anderen reduziert farbigen durch geschickt determinierte Größe und Lage rückgebunden und mit der nächsten verwoben. Die diffizilen Verschiebungen der abstrakt-gegenständlichen Formen untereinander tragen zu einer Rhythmisierung des Bildfeldes bei.

Ausstellungsansicht, Svenja Deininger, Galerie Martin Janda, Courtesy Galerie Martin Janda, Vienna, Photographer: kunst.dokumentation.com

Hat man scheinbar eine Form in seiner Gesamtheit erfasst und kommt der Blick zur Ruhe, erfährt er im nächsten Moment einen unerwarteten Twist. Ebenso faszinierend lebendig der Materialumgang der Künstlerin. Mattpudrige Kreidegründe wechseln mit fast technisch-glatt anmutende Flächen, während sich stellenweise die textile Qualität der grundierte Leinwand eröffnet. Im Eingangsraum der Galerie fällt eine nahezu quadratische Arbeit auf, auf der eindeutig die Silhouette einer knienden nackten Frau zu erkennen ist, eine Figur, die sich aus abstrakten Formen zusammensetzt. Das Gemälde ist in monochromen braun-beigen Farben gehalten, fast wirkt es mit seinen scharf konturierten Flächen und glatten Oberflächen als sei es aus Lederteilen zusammengenäht und würde Deininger Figuration mit bewusster Reduktion der Farbe begegnen.

Ausstellungsansicht, Svenja Deininger, Galerie Martin Janda, Courtesy Galerie Martin Janda, Vienna, Photographer: kunst.dokumentation.com

Svenja Deininger begreift ihre Ausstellungen als Sätze und ihre Arbeiten als Wörter darin. Die Wörter, die in der Galerie Martin Janda gesprochen werden, sind ungewöhnlich figurativ und starkfarbig, jede Silbe klar und rhythmisch ausgesprochen, die Klangfarbe tief und harmonisch, der Satz eloquent geformt. Mit diesem Satz kündigt sich auch eine neuartige Narration der Künstlerin an, eine Narration, die Lust auf Fortsetzung macht und noch lange in den Köpfen der BesucherInnen wirkt.

Galerie Martin Janda

Eschenbachgasse 11, 1010 Wien
Österreich

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