Statement Yves-Michele Saß
In München wird etwa alle fünf Jahre aufs Neue betont, wie sehr sich die Kunstszene im Aufschwung befindet. Die Zwischenräume dieser wiederkehrenden Aufbruchsstimmungen werden in der bayrischen Landeshauptstadt aber mit „granteln“ verbracht. Denn Probleme gibt es genügend: Die Mietpreise, Gentrifizierung, der generelle Konservatismus, Sexismus an der Akademie und zuviel Aufmerksamkeit für das Oktoberfest und den FC Bayern.
Eigentlich ist alles gar nicht so schlimm: Wenn das Haus der Kunst endlich aufhört, sich selbst zu demontieren, hat München eine respektable Museumslandschaft zu bieten. Besonders das Museum Brandhorst hat mit den vielbeachteten Ausstellungen „Painting 2.0“, „Kerstin Brätsch“ und „Jutta Koether“ allen Grund, sein Jubiläum selbstbewusst zu feiern.
Der Kunstverein öffnete sich durch die engagierte Arbeit von Chris Fitzpatrick und Post Brothers wieder der Münchner Community und band die hiesige Szene deutlich stärker in die Aktivitäten ein. Zudem hat der Kunstverein mit der Berufung von Maurin Dietrich als neue Direktorin ein für Münchner Verhältnisse progressives Zeichen gesetzt. Eigentlich überfällig, aber Dietrich macht alles richtig und zeigt in der ersten Ausstellung die afroamerikanische Künstlerin Diamond Stingily.
Mit dem Galerienfestival „Various Others“ kam auch Dynamik in die behäbige Galerieszene Münchens. Die Initiative, die heuer zum zweiten Mal stattfindet und internationale Gäste zu gemeinsamen Ausstellungen einlädt, bündelt endlich das Potenzial der Szene. Unterstützung bekommt sie dabei auch vom Kulturreferat, das zuletzt einen mit 50.000 Euro dotierten Kunstpreis für Junge Galerien und Off-Spaces ins Leben gerufen hat, der an sechs Preisträger verteilt wird.
Denn neben Museen und Galerien leisten die selbstorganisierten Räume und Projekte wichtige Arbeit: „Ruine München“ mit einer Mischung aus Performances und Publikationen, „Der fahrende Raum“ von Maxi Baumgartner mit stark kunstpädagogischem Hintergrund, das diskursiv ausgerichtete „Lothringer13_Florida“ oder die „Empfangshalle“, die neben einem Atelierhaus auch einen Ausstellungsraum in der Maxvorstadt betreibt. Ebenso die Ausstellungsräume „Milchstraße“ und „fructa space“, der zuletzt mit der Klasse Pumhösl kollaborierte.
Apropos Akademie: Auch hier tut sich einiges, und die Zukunft der Akademie sieht nicht allzu schlecht aus, da mit Alexandra Bircken, Nicole Wermers und Florian Pumhösl zuletzt Künstlerinnen von internationalem Format als Professoren berufen wurden.Ob die Münchner Szene damit mal wieder seinen Zenit erreicht hat oder die Talsohle gerade durchschritten wird: Die nächsten fünf Jahre werden es zeigen.