Skulptur im Fokus | Diese Künstler überzeugen mit Holz

Die klassischen Materialien der Skulptur stehen im Fokus unserer aktuellen Serie. Welche Künstler und Künstlerinnen die mit Stein, Holz und Metall arbeiten sollten Sie kennen? Im zweiten von drei Artikeln widmen wir uns ganz dem Holz. Mehr zu diesem faszinierenden Material lesen Sie im aktuellen PARNASS.


Roberto Almagno

Der in Rom lebende Roberto Almagno (*1954 Aquino, Italien) arbeitet ausschließlich mit Holz, das er in den Wäldern rund um seine Heimatstadt Rom sammelt. Mittels traditioneller Techniken unter Ausnutzung von Feuchtigkeit und Hitze wird das Holz gebogen und in Form gebracht. Die Zerbrechlichkeit des Materials und seine transformativen Kräfte werden durch Almagnos langgestreckte und abstrakte Formen evoziert, die sich wie eine Zeichnung in den Raum einschreiben. Das Auflösen des dichten Materials in eine lineare Formensprache, die scheinbare Leichtigkeit des Materials und das Spiel mit einem prekären Gleichgewicht prägen seine Skulpturen. Almagno versteht die Arbeit an den Skulpturen als einen fortlaufenden und unendlichen Fluss. Das „Gewicht des Lebens“ (Algmagno) löst sich in der Leichtigkeit seiner Skulpturen auf. 

Ausstellungsansicht, Roberto Almagno, Foto: Courtesy Galerie Frey


Armin Göhringer

Holz ist das bevorzugte Material des Künstlers Armin Göhringer, das er jedoch auch mit Eisen oder Papier kombiniert. „Holz evoziert Empfindungen, egal in welcher gedanklichen Richtung“, so der Künstler. Seine Skulpturen von beeindrucken schon allein durch ihre Oberfläche, er bearbeitet sie mit Kettensäge und Brenner. Das Ausbalancieren zwischen massiven, kompakten Partien und filigranen Stegen, die exakte Bearbeitung und wohldurchdachte Verbindung der Materialien lassen seine Skulpturen zwischen Solidität, Transparenz und Fragilität changieren. Mit viel Material-Erfahrung und handwerklichem Geschick öffnet er den massiven Block, greift gekonnt mit Längs-und Kreuzschnitten in die Struktur des Stammes ein und arbeitet dabei klare geometrische Formen heraus. Dabei macht er sich die gewachsene organische Form des Baumstammes ebenso wie die inhärente Spannung des Holzes zunutze. Die Druck-, Zug- und Biegekräfte halten die fragile Skulptur ähnlich wie bei einer Stahlfeder permanent in einer spezifischen Spannung, Stabilität und Bewegung, sodass selbst filigranste Stäbe dichtes Material tragen können.

Das Ausloten der technischen Möglichkeiten und der Grenzen des Materials transportierten auch Göhringers Fragen nach unserer gesellschaftlichen Verantwortung. Wieviel Fragilität verkraftet unsere Welt, wann zerbricht sie am Ungleichgewicht? Die Überarbeitung der Skulpturen mit weißer oder schwarzer Dispersionsfarbe dient auch dazu, „den Möbelcharakter“ (Göhringer) aus dem Holz zu nehmen und die Form gegenüber der Maserung des Holzes in den Vordergrund zu stellen. So entstehen Holzskulpturen jenseits der polierten Oberfläche: fragile ebenso wie massive, lebendige Objekte. Am 13. Jänner eröffnet Galerie Hrobsky die Ausstellung „aus einer linie“ mit Werken der Künstlerfamilie Göhringer. Ausstellungsdauer bis 26. Februar 2022.

Armin Göhringer, Ohne Titel, 2015, Holz, 176 × 44 × 26 cm © by the artist, Courtesy Galerie Hrobsky


Alfred Haberpointner

Werkstatt, Atelier, Experimentierfeld, Archiv – Alfred Haberpointner arbeitet in zwei Ateliers, die mehrere Funktionen erfüllen. In Ebenau im Salzburger Seengebiet hat er den Wald und seinen bevorzugten Rohstoff Holz vor der Haustür, in Leonding waren die Nähe zur VÖEST und damit zur Stahlverarbeitung ausschlaggebend für den Bau seiner Werkhalle. Er ist Bildhauer im wahrsten Sinn des Wortes – Alfred Haberpointner geht mit den Werkstoffen seiner Objekte ganz direkt um. Für ihn ist das Material entscheidend für seine Herangehensweise, er spürt der Materie nach, der Substanz, von der Oberfläche und der Struktur bis zur Dichte und zum inneliegenden Kern. Und dies sowohl bei den verschiedenen Hölzern, die er ganz bewusst auswählt, als auch bei Metall, Blei, Glas, Bronze, welche in den unterschiedlichen Arbeitsprozessen jeweils durch ihre Charakteristika bestimmenden Anteil an der Gestaltung haben. In seinem Atelier finden sich vor allem Holzarbeiten; Haberpointner arbeitet parallel an mehreren Stücken, einige sind gleichsam ausformuliert, andere warten auf die weiterführende Bearbeitung. Er verwendet Hacke und Axt, Schneidbrenner und Fräse, Kettensäge und Stemmeisen, um das Material zu bearbeiten. 

Ich habe Freunde und professionale Forst- und Holzarbeiter, die mich informieren. Da gibt es jemanden, der sich auf Nussbäume spezialisiert hat, wenn da Stämme oder Wurzelstöcke anfallen, kann ich zugreifen.

Alfred Haberpointner

Eine Ausstellung von Alfred Haberpointer ist noch bis 27. Februar 2022 im Salzburg Museum und bis 26. Februar 2022 bei Mario Mauroner zu sehen.

Alfred Haberpointner | K – 46-2011, 2011, Ahornholz, Acryl, 42 × 33 × 25 cm | Courtesy MAM Mario Mauroner Contemporary Art
 


Nika Neelova

Die aus Russland stammende Künstlerin Nika Neelova (*1987) arbeitet immer wieder mit Versatzstücken aus Holz. Architektonische Elemente der Wohnkultur entnimmt Neelova ihrem ursprünglichen Bestimmungsort und inszeniert die gesammelten Elemente neu. Etwa die Schindeln eines Fischgrätparketts oder die Handläufe alter Treppen kommen so in neue Kontexte. Poetische Gesten, die in die Vergangenheit weisen und ästhetisches Alltagserbe thematisieren. So verbindet sich in der Praxis Neelovas die Geschichte mit der Gegenwart. Gleichzeitig beweist die Künstlerin starkes Raumbewusstsein nicht nur im Finden ihrer Materialien, sondern auch in der Art und Weise, wie sie diese neu arrangiert. Nika Neelova studierte an der Slade School of Fine Art London und der Royal Academy of Art in Den Haag, sie lebt und arbeitet in London.

Nika Neelova | Lemniscate VIII, 2019, Holzhandläufe aus einem abgerissenen Haus, zwei Treppenläufe, 260 × 120 × 70 cm, aus der Ausstellung »Glyphs«, Noire Gallery, Turin, 2019 | Courtesy Noire Gallery, Turin

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