Director's Cut

Sabine Schaschl über Fritz Glarner

Fritz Glarners "Rockerfeller Dining Room" revisited by Alfredo Häberli, Installationsansicht Museum Haus Konstruktiv, 2016 © Museum Haus Konstruktiv (Stefan Altenburger)

Sabine Schaschl (* 1967 in Klagenfurt) ist Direktorin des Museums Haus Konstruktiv in Zürich. Für unser Format Director's Cut schreibt Sie in unserer aktuellen Ausgabe 4/2018 über den schweizer Künstler Fritz Glarner (*1899 Zürich).


Eines der Herzstücke der Sammlung des Museums Haus Konstruktiv in Zürich ist der von Fritz Glarner für die Stadtwohnung von Nelson A. Rockefeller in 1, Rockefeller Plaza in New York gestaltete „Dining Room“. Glarner, der seit 1923 vorwiegend in Paris lebte, übersiedelte 1936 nach New York und konnte dort in eindrücklicher Weise als Künstler Fuß fassen.

Nach namhaften Aufträgen für Wandmalereien, wie dem über elf Meter breiten Wandbild von 1958/60 im Time & Life Building in New York und dem sich über zwei Stockwerke erstreckenden, sieben Meter hohen Wandbild in der Dag-Mammarskjöld- Bibliothek im New Yorker UNO-Gebäude von 1961/62, erhielt Glarner den Auftrag für die Gestaltung des privaten Esszimmers in der Residenz des wohlhabenden Auftraggebers Nelson A. Rockefeller, der seinen gesellschaftlichen Anlässen einen modernen künstlerischen Hintergrund verleihen wollte.

Glarner gestaltete die Wände und Decke umfassende Malerei in einem die Architektur und den Innenraum vereinheitlichenden Konzept, das sich in besonderer Weise in der sitzenden Position erfahren lässt. Entsprechend seinem Bildkonzept des „Relational Painting“, wie Glarner seine Malereien ab den 1940er-Jahren nannte, fokussierte er auf die Beziehung von Formen und Farben zueinander. Dabei kreierte er eine optische Komposition mit den Farben Rot, Blau und Gelb, den Nicht-Farben Schwarz und Weiß und mittels Grau suchte er nach einer Harmonisierung der jeweiligen Setzungen.

Fritz Glarners "Rockerfeller Dining Room" revisited by Alfredo Häberli, Installationsansicht Museum Haus Konstruktiv, 2016 © Museum Haus Konstruktiv (Stefan Altenburger)

Fritz Glarners "Rockerfeller Dining Room" revisited by Alfredo Häberli, Installationsansicht Museum Haus Konstruktiv, 2016 © Museum Haus Konstruktiv (Stefan Altenburger)

Glarners Werke folgen nicht mathematisch definierten, rigiden Ordnungsstrukturen, sondern sind malerische, das Gleichgewicht der Elemente suchende Kompositionen. Im Gegensatz zur Malweise anderer konstruktiv-konkreter Künstler ist der Pinselduktus in Glarners Schaffen deutlich sichtbar. Die manuelle Gestaltung, der langwierige Prozess bleibt als Teil des künstlerischen Werks bestehen und so lebt der „Rockefeller Dining Room“ nicht nur von der Beziehungsstruktur der einzelnen Form- und Farbelemente zueinander, sondern auch vom Lichteinfall auf die individuellen Pinselstriche.

Es ist ein besonderer Glücksfall der Kunstgeschichte, dass der „Rockefeller Dining Room“ in seiner Gesamtheit erhalten blieb und dass die Tafelbilder nicht – wie nach dem Tod des Besitzers angedacht – einzeln verkauft wurden. Dank des Engagements der Kunstliebhaber Joan Washburn, Anne Rotzer, Rolf Weinberg und der Paul Büchi-Stiftung konnte der „Rockefeller Dining Room“ in die Schweiz überführt und kann heute dauerhaft präsentiert werden. Um Glarners Konzeption des Raums als Esszimmer zu würdigen, wurde im Jahre 2015 die Zusammenarbeit mit dem Schweizer Designer Alfredo Häberli gesucht.

Es ist ein besonderer Glücksfall der Kunstgeschichte, dass der „Rockefeller Dining Room“ in seiner Gesamtheit erhalten blieb und dass die Tafelbilder nicht – wie nach dem Tod des Besitzers angedacht – einzeln verkauft wurden.

Sabine Schaschl, Direktorin Haus Konstruktiv, Zürich

Die ursprüngliche Raumausstattung mit Esstisch, Sesseln, Teppich, Vorhängen und Lampen wurde von den Rockefellers persönlich vorgenommen. In der Zusammenarbeit mit Alfredo Häberli trachteten wir nicht nach der Kopie des Ursprünglichen, sondern wollten eine Möblierung in der Gestaltungssprache der Gegenwart, die im Einklang mit Glarners Malerei steht.

Sabine Schaschl, Direktorin Museum Haus Konstruktiv, 2016 | Foto: Bluesun

Sabine Schaschl, Direktorin Museum Haus Konstruktiv, 2016 | Foto: Bluesun

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