Neue Ausstellungen im MAK
Drei neue Ausstellungen sind ab 1. Februar im MAK zu sehen. Das Programm ist breit gefächert, neben dem Österreich-Beitrag der Triennale sind Arbeiten von Birke Gorm und eine Auseinandersetzung mit dem Medium Falten.
Im Untergeschoss des MAK eröffneten am 1. Februar gleich drei neue Ausstellungen. Generaldirektorin Lilli Hollein begründet das nicht etwa mit einer „besonderen Ausstellungswut“, viel mehr hätten bauliche Maßnahmen Ende letzten Jahres ermöglicht, getrennte Schauräume und somit Platz für weitere Ausstellungen zu schaffen. Nun stellt die deutsche Künstlerin Birke Gorm „dead stock“ in der MAK Galerie aus, im zentralen Raum des Design Labs wird das Phänomen „Falten“ bearbeitet und im MAK Forum präsentiert Sonja Bäumel ihren Beitrag zur Triennale di Milano 2022. Damit sind neben den Dauerausstellungen im Untergeschoss nun drei völlig unterschiedliche Positionen zu sehen – viel Gehalt auf verhältnismäßig wenig Raum.
Birke Gorm | dead stock
„dead stock“ – unverkäufliche Ware, toter Lagerbestand oder kurz Ladenhüter. Aus Jutesäcken geformte und mit allerlei Unrat bestückte Wesen sitzen am Boden der Galerie und lehnen auf den ersten Blick betont lässig an der Wand. Die Künstlerin Birke Gorm spricht von „Protagonistinnen“, neun sind es an der Zahl. Sie verkörpern Geschlechterrollen, werden überwiegend weiblich gelesen. Die Säcke, also die Oberkörper der Figuren, sind an der Wand aufgehängt, beim näheren Hinschauen wird klar, dass der Schein der lässigen Nonchalance trügt: Sie nehmen eine Abwehrhaltung ein, verschränken die Arme und bewachen ihren Besitz.
Die Installation soll vor allem den Beitrag von Taschen zur Unabhängigkeit der Geschlechter reflektieren, denn bereits seit der Antike soll es dem Mann möglich gewesen sein, Besitz in Taschen mitzuführen. Der Frau sei das erst im 16. Jahrhundert vergönnt worden, und das auch nur in einer höchst umständlichen Variante. Auch Privilegien, Besitz und (Re)Produktion spielen eine Rolle in der Schau – ein volles Programm für einen einzelnen Ausstellungsraum.
Sonja Bäumel | Entangled Relations–Animated Bodies
Organsimen, Amöben und die Frage nach dem Individuum sind das zentrale Thema der Installation von Sonja Bäumel. „Entangled Relations–Animated Bodies“ war der Österreich-Beitrag zur 23. Triennale di Milano 2022. Die raumgreifende Arbeit, das Modell einer 40.000-fach vergrößerten Amöbe, entwickelte Bäumel in monatelanger Handarbeit. Die dynamische Projektion einer echten Amöbe sowie akustische Übertragung einer mikrobiellen Welt überlagern die Installation und verleihen der ohnehin schon raumgreifenden Arbeit noch mehr Dimension. Mit der überlebensgroßen Präsenz dieses Köpers will die Künstlerin eine existenzielle Frage unterstreichen: Wer sind wir eigentlich? Der eigene Körper bestehe immerhin zu 70% aus anderen. So lässt sie die Betracher:innen mit der Ungewissheit zurück, was das „Ich“ ist, und was nicht.
Die Arbeit besteht zum größten Teil aus Papiermaché, was nicht zuletzt als Hinweis auf die frühen anatomischen Modelle aus Papier zu lesen ist. Das Zusammenspiel der fragilen Einzelteile und der massiven Vergrößerung des Körpers schafft zusammen mit den akustischen und visuellen Komponenten eine enigmatische Raumatmosphäre: Die Selbstwahrnehmung gerät ins Wanken, während dieser sonst nie wahrnehmbare Fremdkörper plötzlich übermächtig erscheint.
FALTEN
Um Falten als Gestaltungsmittel geht es im zentralen Raum des Design Lab: Gestalterische, körperliche, philosophische und kulturelle Dimensionen sollen näher beleuchtet werden. Dabei verfolgt Kuratorin Mio Wakita-Elis, Kustodin der MAK Sammlung Asien, einen transregionalen sowie überzeitlichen Ansatz. Ost und West, also Asien und Europa werden gegenüber- und in Bezug zueinander gestellt, das älteste Exponat stammt aus der Renaissance, das jüngste aus 2020. Unweit eines Posters der Filmtrilogie Herr der Ringe steht ein asiatischer Stellschirm aus dem 16. Jahrhundert. Die Zärte gefalteten Papiers und Seidenschals bildet einen krassen Gegensatz zu der Härte und reflexhaften Abneigung von faltigen und eingefallenen Hautstrukturen. Auch hier geht es um ein Thema, das kulturhistorisch gefühlt endlos erforscht werden könnte. Die Ausstellung ist durchaus spannend, sie eröffnet ungeahnte Horizonte und wirft neue Fragen auf. Räumlich ist man leider eingeschränkt, so können die vielen einzelnen Aspekte nur bedingt wirken.
MAK
Stubenring 5, 1010 Wien
Österreich