Nachruf auf Drago J. Prelog: »Ich bilde nicht ab, ich setze Zeichen...«

Drago J. Prelog | Foto: Peter Baum

Drago J. Prelog verstarb überraschend am 11. März 2020, 81-jährig, wie das Museum Liaunig aktuell in einer Aussendung bekannt gab.


Den Unternehmer und Sammler Herbert Liaunig und den Maler Drago J. Prelog verband seit Studientagen eine enge Freundschaft. „Drago j. Prelog war nicht nur ein enger Freund, sondern er war und ist wesentlichster Teil der Keimzelle unserer Sammlung und unseres Hauses. Er war es, der meinen Eltern in den mittleren 1960er-Jahren völlig uneitel Tür, Tor und Augen zu vielen Künstlern im Umfeld der Wiener Galerien „Zum Roten Apfel“ und „Nächst St. Stephan“ öffnete. Die zu dieser Zeit entstandenen Freundschaften markieren die Anfänge und bilden die Basis der Sammlung Liaunig“, wie Peter Liaunig in der Aussendung des Museums betonte. So eröffneten Herbert und Peter Liaunig auch die Reihe der Sonderausstellungen im neuen Zubau des Museums 2016 unter dem Titel „Alte Freunde“ mit Drago J. Prelog. Im Winter 2019 widmete ihm Herwig Dunzendorfer in seiner Wiener Galerie Artecont eine Soloausstellung mit neuen Arbeiten des Künstlers.

Drago Julius Prelog (eigentlich Karl Julius Prelog; seit 1958 nannte er sich Drago Julius Prelog) wurde am 4. November 1939 in Celje, im ehemaligen Jugoslawien geboren. Aufgewachsen in der Obersteiermark besuchte er zunächst von 1954 bis 1958 die Kunstgewerbeschule Graz, Abteilung für dekorative Malerei bei Otto Brunner und studierte anschließend bis 1962 an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Albert Paris Gütersloh. Ab 1969 war er selbst Lehrbeauftragter an der Wiener Akademie, zunächst für Malerei und von 1974 bis 1997 auch für „Schrift und Schriftgestaltung". Prelog nahm 1968 an der Biennale Venedig teil, 1972 zeigte das Universalmuseum Joanneum eine umfassende Werkschau des Künstlers. Weitere Ausstellungen im In- und Ausland folgten.

Die Beschäftigung mit Schrift ist mein Hauptanliegen. Schrift ist mein Thema, meine Obsession.

Drago J. Prelog

 

Drago J. Prelog, Im Zeichen der Schlange, 1975 und 1986 Aquarell, Tusche, Buntstift, Acryl auf Papier, 57,9 x 83,4 cm © Museum Liaunig

Drago J. Prelog, Im Zeichen der Schlange, 1975 und 1986 Aquarell, Tusche, Buntstift, Acryl auf Papier, 57,9 x 83,4 cm © Museum Liaunig


Zum Werk

Bereits seiner Studienzeit Ende der 1950er-Jahre setzte sich der Künstler auf unterschiedliche Art und Weise mit der Umsetzung und Darstellung von Linien, Strichen und Schriftzeichen auseinander und entwickelte, inspiriert von Wols und Arnulf Rainer und dem Spätinformel, abstrakte Zentralformationen, die sich aus über- und untereinanderliegenden Linien zusammensetzten.

Er selbst bezeichnete die „ausgeprägte Hinwendung zum Schriftzeichen“ als das Charakteristikum seiner Malerei. „Die Beschäftigung mit der Schrift ist mein Hauptanliegen – egal ob es sich dabei um skripturale Arbeiten oder Umlaufbilder, die zu einem Zeichen geführt haben, handelt. Die Abwandlung dieser Arbeiten hat mich zu meinem eigenen Alphabet gebracht. Schrift ist mein Thema, meine Obsession. Ich kreise immer wieder um dieses Sujet, wandle es ab und finde immer wieder neue Formen.“ Strebten zunächst in den Werkserien der „Zentralformationen“, Linienknäuel, vom Zentrum zum Bildrand breiteten sie sich in den sogenannten „Skripturalen Arbeiten“ über den gesamten Bildträger aus.

Die Dynamik der Bildkonzeption erreichte er durch eine rhythmisch gesetzte Linienführung und die Struktur der zuweilen pastos aufgetragenen Farbe. Die in Zeilen gesetzten Strichen und abstrahierten Schriftzeichen füllten den Bildträger. Die Bilder sind stets aus vielen Schichten aufgebaut, die Prelog jedoch in der Folge auch wieder palimpsetsartig aufbricht und untere Schichten dadurch wieder freilegt. Anfang der 1970er- Jahre entwickelten sich daraus die gegenständlichen „Bomben- und Explosionsbilder“, in denen die in der skripturalen Phase vorherrschenden Schriftzeichen immer stärker zurückgedrängt werden.

Es folgten von Landkarten motivierte topographische Bilder sowie Bergbilder und die „Stephanstürme“, abgeleitet vom Motiv des Stephansdomes, die er jedoch nicht gegenständlich auffasste, sondern auch als „Piktogramme“ verstand. Darin verband er zeichnerische wie malerische Aspekte.

Drago j. Prelog war nicht nur ein enger Freund, sondern er war und ist wesentlichster Teil der Keimzelle unserer Sammlung und unseres Hauses.

Peter Liaunig, Museum Liaunig

 

Drago J. Prelog, Ohne Titel, 1964 Aquarell, Tusche, Bleistift auf Papier, 45,6 x 59,7 cm © Museum Liaunig

Drago J. Prelog, Ohne Titel, 1964 Aquarell, Tusche, Bleistift auf Papier, 45,6 x 59,7 cm © Museum Liaunig 

Mitte der 1970er-Jahre entstanden die ersten „Umlaufbildern“, in denen er die Konzeption einer hierarchischen Bildordnung negierte und alle vier Seiten der Leinwand unmissverständlich als gleichwertig bezeichnete: Die Leinwand liegt auf dem Tisch, der Maler umläuft den Bildträger und setzt die Linien von allen vier Seiten auf den Malgrund. Zugleich arbeitete er auch mit dem Prinzip des Zufalls, in dem er mit mehreren Stiften in einer Hand, als Rechtshänder mit der Linken zeichnete, als auch mit Hilfe eines ferngesteuerten Spielzeugautos, oder unter Verwendung einer Injektionsspritze den malerischen Prozess in Gang setzte.

Auch in der Werkphase der „Prelografie“, die der Künstler ab 1986 entwickelte, spielt der Zufall eine Rolle. In diesen „Haut- und Schuppenbildern“ setzte Prelog mit Hilfe von Schablonen im Irisdruck farblich verlaufende Strukturen auf das Bild, ebenso entstanden druckgrafische Arbeiten, die an Schlangenhäute erinnern. Diese Arbeiten bilden Prelogs großen vierten Werkabschnitt: die Haut- und Rindenbilder.

In späteren Werkphasen griff Prelog immer wieder einzelne Elemente zurückliegender Schaffensperioden auf und kombinierte diese zu neuen Bildern. Die Linie war und blieb dabei stets das bestimmende Element in seinem Œuvre.

Das könnte Sie auch interessieren