Kunstraum Dornbirn

Monika Sosnowska

Die vor fast 20 Jahren zum Kunstraum Dornbirn gewordene riesige ehemalige Maschinenhalle ist als Raum so stark, dass hier nur Kunst Überlebenschancen hat, die diese Stärke aushält, ihr kreativ entgegenhält. Die monumentalen Skulpturen von Monika Sosnowska (*1972  RykiPolen) haben diese Potenz, sie sind allein schon ihrer Größe wegen wie geschaffen für diesen speziellen Ort.


„Fatigue“ nennt die 50-jährige Künstlerin ihre aus vier Objekten bestehende Installation, mit der sie den Kunstraum bespielt. Auf dem Boden liegt eine riesige, auf zehn Metern ausgerollte, weiße Schleife, die auf den ersten Blick wie ein achtlos hingeworfenes Papierschnipsel wirkt, wäre sie nicht fast 600 Kilogramm schwer und mit viel Kraftaufwand aus einem dicken stählernen Abwasserrohr herausgeschnitten.

Zelebriert als raffinierter Jonglierakt mit Ambivalenzen, wie es Sosnowska so mag. Gesetze der Schwerkraft scheinen außer Kraft: Schweres wirkt ganz leicht, Hartes ganz weich. Sosnowska eignet sich die Charakteristika der Baumaterialien an, führt jedoch deren Funktion und damit auch die Sehgewohnheiten der Ausstellungsbesucher durch kraftvolle Manipulation wieder ad absurdum. Die Assoziationen, die sich dabei auftun, sind auf den ersten Blick durchaus spielerisch. Wie etwa bei dem 1,3 Tonnen schweren Objekt mit dem Titel „Facade“, das die Künstlerin von der Hallendecke hängen lässt und am Boden nur an einer Ecke kokett punktförmig aufstützt. Das schwarz lackierte Stahlgerüst ist das Ergebnis eines monatelangen Prozesses – eine durch Biegen, Zerren, Falten und Ziehen deformierte exakte Nachbildung der Fassadenstruktur eines postsozialistischen Gebäudes aus den 1960er-Jahren in Sosnowskas Heimatstadt Warschau. Dieses wurde vor rund zehn Jahren komplett umgestaltet – also „verbogen“, wie die Skulptur. Das ist durchaus als politisches Statement zu verstehen, lesbar als Metapher für die radikalen gesellschaftlichen Auswirkungen, die der Wandel Polens vom Kommunismus zur Demokratie mit sich gebracht hat. 

In ihren Werken setzt sich die Künstlerin mit der Architektur der Moderne und ihren Folgen auseinander und zitiert, wie auch in „Facade“, konkrete Gebäude, um diese als Ort des Erlebten beziehungsweise der Erinnerung, mit all ihren geschichtlichen, politischen, psychologischen und anthropologischen Markierungen durchzudeklinieren. Weiter lesen Sie in unserer PARNASS Herbstausgabe.

Kunstraum Dornbirn, Monika Sosnowska, 'Fatigue', 2022, Installationsansicht, Foto Günter Richard Wett, Courtesy der Künstlerin / Foksal Gallery Foundation Warschau / Museum of Modern Art, Warschau, / Hauser & Wirth

Kunstraum Dornbirn

Jahngasse 9, 6850 Dornbirn
Österreich

Monika Sosnowska | Fatigue

bis 30. Oktober 2022

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