Museum für Konkrete Kunst Ingolstadt

Martin Creed

Martin Creed bespielt das gesamte Ausstellungshaus des Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt mit raumgreifenden Installationen, Wandmalereien, Textarbeiten, Fotografie und Skulptur. Seine Werke können sowohl farbenfroh, grotesk als auch ein kritischer Kommentar zugleich sein.


Das Erdgeschoss hat Creed mit der interaktiven Installation „Half the air in a given space“ (2001) gefüllt, die aus einem Meer aus großen, gelben Luftballons besteht. Der 1968 in Wakefield geborene Künstler setzt sich in dieser begehbaren Arbeit mit Raum und Volumen auseinander und macht Luft im wahrsten Sinne sichtbar, indem er sie in die Ballons gefüllt hat. Es ist eine Gute-Laune-Arbeit, die auch eine metaphorische Situation schafft, wenn man so möchte. Denn der Raum ist ziemlich voll mit den Luftballons, die erst beim Begehen zur Seite weichen und so Wege hindurch freigeben.

Bei jeder einzelnen Bewegung wird außerdem klar, dass sie Konsequenzen für das gesamte Umfeld besitzt, indem sich die Ballons zur Seite schieben, nach oben fliegen und neu zu fallen kommen.

Die Wände der oberen Ausstellungsräume hat der britische Künstler in reduzierter Formensprache aus roten Rastern und schwarzen Diagonalen bemalt. Diese Arbeiten lassen sich vergleichsweise einfach im Kontext von Konkreter Kunst verorten. Vor dem Hintergrund dieser ortsbezogenen Wandmalereien stehen eine Pyramide aus Küchenrollen oder 13 Kakteen in einer Reihe von groß nach klein sortiert für Ordnung, Hierarchie und Kontrolle. Zu diesen Alltagsgegenständen findet sich auch ein Klavier, das von Creed – der auch als Musiker tätig ist – in Ready-made-Manier platziert wurde. Nur auf einer kleinen leeren Wand steht mit schwarzem Stift „Help“ geschrieben. Bezieht sich die Hilfesuche auf den Ausstellungstitel und damit verbunden darauf, was Kunst im Kern ausmacht? Oder muss das lapidar hingeschriebene Signalwort im Kontext aktueller Krisen und Kriege gelesen werden? Creed lässt es offen.

Martin Creed, Installationsansicht, 2023, Museum für Konkrete Kunst Ingolstadt, Foto: Hubert Klotzeck, Bildrecht Wien, 2023

In einem komplett weißen Raum dahinter sind vier Kurzfilme zu sehen, die alle dieselbe Handlung zeigen: In einen ebenso cleanen Raum tritt je eine Person herein und bringt sich zum Übergeben. Das Erbrochene klatscht auf den Boden, wie wenn man einen Eimer Farbe aus mittlerer Höhe umkippen würde. Seit den Wiener Aktionisten mag solch abjekte Kunst vielleicht nicht mehr allzu sehr zu schockieren und heute eher Belustigung hervorrufen. In jedem Fall wird der White Cube radikal in Frage gestellt. Den Boden der obersten Etage hat Creed hingegen mit meterlangen, bunten Tapestreifen beklebt. Die Gesamtfläche wird so zu einer einzigen Bodenmarkierung aus unterschiedlichen Farben, Texturen oder Warnsignalstreifen.

Martin Creed stellt mit seinen Werken grundlegende Fragen über den Kunstbegriff. Ein von ihm in jedem Raum scheinbar zufällig platzierter zusammengeknüllter Papierball verdeutlicht dies zusätzlich. Seine Arbeiten funktionieren auf einer formalen Ebene ebenso wie als Metaphern für das Kunstsystem, das der Turner-Prize-Träger offensichtlich mit Humor nimmt.

Martin Creed, Installationsansicht, 2023, Museum für Konkrete Kunst Ingolstadt, Foto: Hubert Klotzeck, Bildrecht Wien, 2023

Museum für Konkrete Kunst Ingolstadt

Tränktorstr. 6-8, 85049 Ingolstadt
Deutschland

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