59. Biennale di Venezia

Kuratorin Karola Kraus zum Österreichischen Pavillon

Es ist eine besondere Zusammenarbeit. Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl bespielen auf Einladung der Kommissärin Karola Kraus, Direktorin des mumok, den Österreichischen Pavillon auf der 59. Biennale di Venezia.


PARNASS: Diesmal fand erstmals das Prozedere der Auswahl mittels Jury statt. Es wurde nicht zunächst die Kurator:in nominiert, die dann ihrerseits die Künstler:innen bekanntgab, sondern die Bewerbung fand bereits im „Doppelpack“ Kurator:in und Künstler:innen statt. Wie finden Sie die neue Form der Bewerbung?

Karola Kraus: Ich befürworte diese Form der Bewerbung, da man als Kurator:in angehalten ist, im Vorfeld die Künstler:innenauswahl zu treffen und der Fachjury ein Konzept für die Biennale vorzustellen.

PARNASS: Als Kuratorin haben Sie sich für das Duo Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl entschieden. Welche Überlegungen standen hinter Ihrer Entscheidung?

Karola Kraus: Ausschlaggebend für meine Entscheidung war die fulminante Installation der beiden Künster:innen bei der Biennale in Lyon, ihr erster großer gemeinsame Auftritt. Meines Erachtens sind die Räume des Österreichischen Pavillons dazu prädestiniert, ein Künstler:innenduo zu präsentieren. Knebl und Scheirl greifen die Gegebenheit der symmetrisch angelegten Architektur des Pavillons auf, der durch einen Säulengang getrennt und gleichzeitig verbunden ist. Die beiden Teile tragen jeweils die Handschrift einer der Künstler:innen. Dadurch werden die Einzelpositionen unterscheidbar, bleiben aber miteinander im Dialog, um das Künstler:innenduo punktuell zu markieren.

PARNASS: Was macht für Sie die Aktualität der beiden Künstlerinnen aus, die in den letzten Jahren auch international reüssieren konnten?

Karola Kraus: Unter den Begriffen ,trans‘: Trans..., Genre, Medium, Kontext, Materialität, Identität, Ästhetik werfen sie den Blick auf Veränderungen als hoffnungsvollen Moment und anhand der vielfältigen Verschränkungen zwischen Kunst, Performance, Design, Mode und Architektur auf gesellschaftspolitische, sozialrelevante und aktuelle Diskurse.

PARNASS: Die 59. Biennale musste durch die Pandemie verschoben werden, hat sich dadurch etwas am Konzept geändert?

Karola Kraus: Das Konzept hat sich in den letzten Monaten präzisiert. Die Künstler:innen konnten mit neuen Materialien und Techniken experimentieren, die in ihren Werken nun erstmals zum Tragen kommen.

PARNASS: Sie kennen das Werk der beiden Künstlerinnen sehr gut, konnten diese Sie dennoch überraschen?

Karola Kraus: Bei jedem Besuch wurde ich mit neuen und schönen Ideen überrascht.

INSTALLATION VIEW, AUSTRIAN PAVILION, BIENNALE ARTE 2022, Photo: Georg Petermichl, © Jakob Lena Knebl and Ashley Hans Scheirl

PARNASS: Wie sehr haben Sie sich als Kuratorin auch inhaltlich eingebracht oder wo sehen Sie Ihre Rolle in der Zusammenarbeit?

Karola Kraus: Ich sehe es als meine Aufgabe als Kuratorin, all meine Kräfte zur Verfügung zu stellen, um die Ideen der Künstler:innen für ihren Beitrag im Österreichischen Pavillon umsetzen zu können. Eine zentrale Herausforderung war die Akquise von Drittmitteln, um dieses Projekt stemmen zu können.

PARNASS: Viel wird diskutiert über die Länderpavillons, ob nationale Schauen heute noch zeitgemäß sind, was ist Ihre Meinung dazu?

Karola Kraus: Als Peter Weibel 1993 im Österreichischen Pavillon unter dem Titel „Representatives“ die US-Amerikanerin Andrea Fraser, den Schweizer Christian Philipp Müller und den Österreicher Gerwald Rockenschaub präsentierte, stellte die Überwindung der geläufigen nationalen Zugehörigkeit ein Novum dar und wurde kontrovers diskutiert. Seither wird der Ländergedanke immer wieder aufgebrochen. Als deutsche Kuratorin war und ist es mir jedoch wichtig, im Österreichischen Pavillon österreichische Künstler:innen, die eine internationale Strahlkraft haben, auszustellen.

PARNASS: Am Schluss etwas ganz anderes: Welche Tipps haben Sie für unsere Leser:innen. Was sind die Must Sees in Venedig und wo trinkt man den besten Espresso, und wo den Sundowner?  

Karola Kraus: Meine Insidertipps möchte ich nicht verraten, aber der ideale Ort für einen Sundowner mit köstlichstem Bellini für die Dame und Negroni für den Herrn sowie herrlichen Antipasti ist die in den malerischen Gassen versteckte Sonnenterrasse des Hotels Bonvecchiati.

PARNASS: Was ist Ihr Lieblingsort in Venedig?

Karola Kraus: Der Garten des österreichischen Pavillons, einer der wenigen Orte in den Giardinis mit Internetverbindung.

INSTALLATION VIEW, AUSTRIAN PAVILION, BIENNALE ARTE 2022, Photo: Georg Petermichl, © Jakob Lena Knebl and Ashley Hans Scheirl

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