Heidi Horten, in dritter Ehe mit Karl „Kari“ Anton Goëss verheiratet, setzt sich ein Denkmal: Im Stadtzentrum von Wien ließ sie ein erzherzogliches Kanzleigebäude zu einem Museum für ihre Kunstsammlung umbauen. Betreut wird das Projekt von Agnes Husslein-Arco, der ehemaligen Direktorin des Belvederes. 


Die Sammlung spricht ohnedies für sich

PARNASS: Sie sind der gute Geist von Heidi Goëss-Horten: Sprachrohr, Beraterin und nun auch Museumsdirektorin. Wie kam es dazu?

Agnes Husslein-Arco: Ich kannte sie über meine Tante und wir sahen uns immer wieder einmal im Sommer am Wörthersee. Sie wusste daher, dass ich für Sotheby’s arbeitete, oft in London war und eine Expertise in zeitgenössischer Kunst habe. 1987 starb ihr Mann, Helmut Horten. Irgendwann danach rief sie an und fragte mich um Rat, wenn sie sich für dieses oder jenes Werk interessierte.

P: Das von Sotheby’s angeboten worden war?

AHA: Ja, sie hat damals nur bei Sotheby’s gekauft.

P: Sie waren daher Dienerin zweier Herren?

AHA: In gewisser Weise. Wenn Heidi Horten ein Werk wollte, hat sie sogar Rekordpreise gezahlt – etwa für ein Bild von Paul Klee. Ich denke, ich habe sie nicht schlecht beraten, wenn man sich anschaut, wie die Werke im Wert gestiegen sind.

P: Im Jahr 2000 mussten Sie bei Sotheby’s aufhören, Sie leiteten dann das Rupertinum im Salzburg.

AHA: Da fehlte mir oft die Zeit, Heidi Horten zu beraten. Sie kaufte daher weniger an. Das ist schade, weil die Preise damals noch günstig waren. Später, als Belvedere-Direktorin, erbat ich Leihgaben von ihr – und ich hätte natürlich gerne ihre Sammlung präsentiert.

Heidi Hoerten Collection, Rendering

P: Ihr Vertrag wurde 2016 aufgrund von Verstößen gegen Compliance-Richtlinien nicht verlängert. So kam es, dass die Heidi Horten Collection im Frühjahr 2018 unter dem Titel „WOW!“ im Leopold Museum zu sehen war.

AHA: Als Mitglied des Stiftungsvorstands schlug ich die Ausstellung vor, Direktor Hans-Peter Wipplinger war sofort dafür. Heidi Horten übernahm die gesamten Kosten, und „WOW!“ hatte 360.000 Besucher. Aufgrund des großen Erfolgs entschloss sich Heidi Horten, in ihrer Heimatstadt Wien ein Museum zu bauen.

P: Den Floh haben Sie ihr ins Ohr gesetzt?

AHA: Wo denken Sie hin! Das war ihre Initiative! Sie sagte aber, ich solle mich darum kümmern. Ich hab' ja eine Ahnung vom Bauen: In Salzburg habe ich die Errichtung des Museums der Moderne betreut – und in Wien die Renovierungen des 20er-Hauses und des Unteren Belvederes. Also suchte ich eine geeignete Immobilie. Mir war klar, dass es eine „prime location“ sein musste. Und dann wurde das Stöcklgebäude im Hanunschhof bei der Albertina angeboten, weil der Investor, die Imfarr Beteiligungs GmbH, doch keine Verwendung dafür hatte. Ich schlug Heidi Horten vor, drei renommierte Architekturteams zum Wettbewerb einzuladen, darunter Kuehn Malvezzi aus Berlin sowie Ortner & Ortner. Heidi entschied sich schließlich für die Pläne des Wiener Büros „the next ENTERprise – architetcs“. Die Architektur mit drei versetzten Plattformen übereinander und zwei freischwebenden Treppen ist wirklich raffiniert. Hinzu kommen seitliche Kabinette. Es wird auch ein Kinderatelier geben und – auf Wunsch von Heidi Horten – einen „Tea Room“. Er wurde von Hans Kupelwieser und Markus Schinwald ausgestaltet. Die Ausstellungsfläche beträgt insgesamt 1.300 Quadratmeter.

Agnes Husslein-Arco, Marie Therese Harnoncourt, Ernst J. Fuchs (the next ENTERprise architects) © Heidi Horten Collection

P: Angeblich standen für den Umbau 13 Millionen Euro zur Verfügung.

AHA: Kein Kommentar. Ich habe ein Budget bekommen – und ich halte es ein.

P: Das Stöcklgebäude wurde komplett ausgehöhlt und unterkellert.

AHA: Ja. Wir haben die Fassade erhalten, es wurde lediglich für den neuen Eingang in der Nordwestecke ein Stück herausgenommen. Und wir werden sie begrünen. Das Gebäude soll den Eindruck erwecken, dass es sich um einen verwunschenen Ort handelt. Denn das Geheimnisvolle macht die Sache noch viel interessanter. Wir brauchen kein protziges Gebäude: Die Sammlung spricht ohnedies für sich. Und vor dem Gebäude soll es später einmal einen frei zugänglichen Skulpturengarten geben. Heidi Horten lebt ja umgeben von ihren Kunstwerken.

P: Was wird dann überhaupt zu sehen sein?

AHA: Die tonnenschweren Skulpturen kann man nicht so leicht transportieren, die Bilder allerdings schon. Es wird immer wieder einen Wechsel der Exponate geben. Die Eröffnungsausstellung heißt „OPEN“: Im Mittelpunkt steht die Architektur, also ohne Stellwände, ich zeige vor allem Lichtskulpturen – etwa von Dan Flavin oder Brigitte Kowanz. Danach stellen wir Heidi Horten als Sammlerin moderner und zeitgenössischer Kunst vor, wir gehen also in die Tiefe.

P: Und sie finanziert den Betrieb auch über ihren Tod hinaus?

AHA: Ja, sie hat Vorsorge getroffen, dass die Sammlung bestehen bleibt und das Museum die nächsten Jahrzehnte in ihrem Sinn bespielt werden kann.

Freitreppe im Museum © Heidi Horten Collection

P: Sie sind Direktorin auf Lebenszeit?

AHA: Das ist nicht geregelt. Ich bin bei der Heidi Horten Collection angestellt. Und weil nun das Museum den Betrieb aufnimmt, bin ich nicht mehr im Vorstand der Stiftung Leopold. Ich glaube zwar nicht, dass es einen Interessenskonflikt geben könnte, da die Aufgaben andere sind. Ich will mir aber nichts nachsagen lassen.

P: Wird im Museum auch auf die Grundlage des Vermögens von Heidi Horten eingegangen? Immerhin war der deutsche Kaufhaus-König Helmut Horten ein „Ariseur“.

AHA: Heidi hat, wie Sie wissen, ein Gutachten erstellen lassen, um Klarheit zu bekommen. Das genügt im Zusammenhang mit dem Museum. In der Ausstellung „WOW!“ waren zwar einige Gemälde zu sehen, die einst von Helmut Horten gekauft wurden, darunter ein kleiner Picasso, ein Chagall und zwei Noldes. In unserem Museum aber werden nur jene Werke zu sehen sein, die Heidi nach dem Tod ihres Mannes mit ihrem Geld erworben hat und die ganz ihrem Geschmack entsprechen.

Lena Henke, UR Mutter, 2019, © die Künstlerin, Courtesy Heidi Horten Collection

P: Sie hat das Vermögen von Helmut Horten geerbt. Und die Bilder daher in gewisser Weise mit seinem Geld gekauft.

AHA: Ganz so ist es nicht. Helmut Horten hat in der Schweiz eine Stiftung gegründet, die medizinische Forschung unterstützt. Heidi Horten hat daher keinen direkten Zugriff auf dieses Vermögen. Aber es ist nicht an mir, darüber zu sprechen. Was ich sagen kann: Uns geht es ausschließlich um ihre Leistung.

Heidi Horten Collection

Hanuschgasse 3, 1010 Wien
Österreich

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