Kunsthistorisches Museum Wien

Ganymed in Power

Verschoben ist nicht aufgehoben! Bald kann man den alten Meistern des Kunsthistorischen Museums wieder dabei zusehen wie sie sich in der Gemäldegalerie tänzelnd erheben und miteinander illuster plaudern als wären Epochen und Geografien aufgehoben. Welche „Macht“ in einem Museum steckt, gesellschaftspolitische Diskurse anzuregen, beweist die siebte Ganymed-Inszenierung ab Sommer 2021.


Die Künstlergruppe „wenn es soweit ist“ rund um Regisseurin Jacqueline Kornmüller und Schauspieler und Produzent Peter Wolf lädt in ihrem Erfolgsformat zeitgenössische Autoren und Komponisten dazu ein, Auftragswerke über Meisterwerke der Gemäldegalerie zu schreiben, die sodann mit 30 Künstlern inszeniert werden. Vom Text zur Musik und zum Tanz hat man diese aufwendigen Inszenierungen inzwischen bis zum Zeichentrickfilm weitergedacht.

Es wird zwei Animationsfilme in der Galerie zu sehen geben und außerdem noch mehr Musik als in den letzten Aufführungen. Durch diese ungewöhnlich dialogische Erarbeitung der Werke der Kunstgeschichte entstehen nicht nur neue Assoziationsketten im Ausstellungsraum, sondern auch „Interpretationsketten“, wie Jacqueline Kornmüller es beschreibt: „Es begegnet sich die Kunst, denn es sind Künstler, die mit der Kunst arbeiten – der Komponist oder Schriftsteller, der Schauspieler, der das weiterträgt – es antworten Künstler auf die Kunst.“

Ganz frei dürfen sich diese die Fragestellungen erwählen. „Die zufällige Auswahl ist wichtig für den Schaffensprozess und für das Entstehen von echten Inhalten, die jeden einzelnen Schriftsteller wirklich betreffen. Durch die Inszenierung bekommt das Ganze dann eine Fassung, ein gemeinsames Gesicht“, erklärt Peter Wolf im Gespräch im Kunsthistorischen Museum. Das gemeinsame Titelthema 2021 lautet Macht, ein Programm, das nicht nur in der Gemäldegalerie stark widerhallt.

Martin Eberle und Martin Ptak © Foto: Helmut Wimmer

So erklärt Kornmüller: „Macht ist für uns in vielerlei Hinsicht aufgelegt. Nicht nur, dass das Museum einen merkwürdigen Weg bei der Bestellung einer neuen Intendanz ging, generell beschäftigt uns das Thema Macht in Österreich sehr, weil wir einen Regierungssturz und einen Regierungswechsel hinter uns haben, natürlich hat das auch viele Autoren beschäftigt.“

So setzt sich etwa Isolde Charim in ihrem Text, gespielt von Gerti Drassl, über ein Bildnis Maria Theresias mit den Rollen von Monarchen und den Insignien der Macht auseinander und entdeckt, dass die Macht zweierlei Triebfedern hat – Liebe und Angst. Benny Omerzell dreht die Geschichte von Georg dem Drachentöter perspektivisch und erzählt aus der Sicht des Drachen, während Franz Schuh den Akt der Selbstermächtigung anhand der Selbstbildnisse Rembrandts paraphrasiert. Milena Michiko Flašar überrascht indes mit ihrer Wahl „Die Kinderspiele“ von Pieter Bruegel, wobei sie das Spiel der Kleinen als Spiegelung der Machtverhältnisse der Großen entlarvt.

Mona Matbou Riahi und Mahan Mirarab © Foto: Helmut Wimmer

Die Performerin Katrin Grumeth erarbeitet auf einem Podest von gerade einmal 35 mal 35 Zentimetern, wie im Spiel schon alles angelegt ist, was später im Leben Ernst wird. So zeigen Kornmüller und Wolf das Potenzial auf, das Museum als Seismografen für gesellschaftliche Phänomene zu begreifen und den Ort als Diskussionsparkett anzunehmen. Wie Peter Wolf betont: „Im Kern geht es darum, wie die Dinge ineinandergreifen – wie entsteht eine Gesellschaft, wie arbeitet die Welt? Es geht uns nicht darum, ein Bild zu erklären. Das eigentlich Interessante ist, dass wir es schaffen, hier in diesem Kosmos alter Kunst plötzlich Dinge in Verbindung zu bringen, die die Moderne beschreiben.“

Kunsthistorisches Museum

Maria-Theresienplatz, 1010 Wien
Österreich

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