Ein Besuch bei der Sammlerin Regine Thiess

Regine Thiess, geborene Scharpff, stammt aus einer Sammlerfamilie. Ab den 1960er-Jahren bauten Ute und Rudolf Scharpff eine herausragende Sammlung mit Fokus zunächst auf Nouveaux Réalistes, amerikanische Graffitimalerei und sozialkritische amerikanische Kunst auf. Später wurde der Schwerpunkt der Sammlung auf Malerei gelegt. Seit 2004 leitet die jüngere Tochter des Sammlerehepaares, Carolin Scharpff-Striebich, die Sammlung, deren Stiftung sie seit dem Tod des Vaters 2019 vorsitzt. Ihre Schwester, Regine Thiess, beschloss unterdessen, selbst mit dem Sammeln zu beginnen und in Abgrenzung zu den Schwerpunkten der elterlichen Sammlung eine jüngere Generation anzukaufen. PARNASS besuchte die Sammlerin in ihrem Haus am Münchner Stadtrand, wo Werke musealer Größe einen beinahe ganz normalen Haushalt beleben.


Wie ein Boomerang komme ich immer wieder zur Kunst zurück

 

Regine Thiess

Regine Thiess | Foto © psfotodesign, Petra Schramböhmer

„Das ist noch eine jener Arbeiten, wie sie meine Eltern sammelten“, zeigt Regine Thiess auf eine Arbeit Andy Warhols, deren Beleg, den sie erst kürzlich fand, sie fasziniert – bloß 500 DM hatte das Porträt Marylin Monroes damals gekostet, inzwischen habe sich natürlich viel auf dem Kunstmarkt getan, so die Sammlerin. Während der Vater Yves Klein und Lucio Fontana noch auf Raten gekauft hat, sind solche Stücke inzwischen „überhaupt unleistbar“ geworden und ein gewisses Preissegment ist für Regine Thiess auch gar nicht mehr interessant. „Ich will nicht immer am Kunstmarktspiel mitspielen“, erklärt sie neben einer Edition von Isa Genzken eine Künstlerin, die inzwischen schon „zu teuer“ geworden ist. Auch unter den Zeitgenossen ist es oft schwierig, an Werke zu kommen, ist doch die Nachfrage oft größer als das Angebot. Wie bei Wolfgang Tillmans, von dem ein Artist Proof aus der Silver Serie – eine persönliche Freigabe des Künstlers der vergriffenen Edition – dem Esstisch gegenüber hängt. „Ich bin eigentlich niemand, der Fotografie sammelt, aber diese Arbeit geht schon ins Malerische, die wollte ich unbedingt“, so Regine Thiess.

 

Carol Bove | Young Hermes, stainless steel and urethane paint, 36,8 × 38,1 × 71,1 cm | Courtesy Sammlung Thiess

Als Ankerpunkte ihrer Sammlung beschreibt sie Themen wie Verletzlichkeit, starke weibliche Positionen und auch Künstler, die die Welt ein wenig schöner machen wollen, wie Jeppe Hein, dessen Luftballon über dem Fernseher im Wohnzimmer hängt, wo, für den Besuch extra eingestellt, eine Arbeit von Ed Atkins läuft. Begrüßt wird man im Hause Thiess aktuell – die Hängungen wandeln sich ständig – von einer Trilogie von Bunny Rogers. Zu dieser Arbeit gehören auch zwei Betonbüsten mit Trockenblumen der Serie Cement Garden, 2020, die gerade noch im Kunsthaus Bregenz zu sehen war, gegenüber hängt ein Werk von Alicja Kwade, die ebenso wie Rogers mehrfach in der Sammlung von Regine Thiess vertreten ist.

Lesen Sie weiter in unserem PARNASS Special Auctions & Fine Arts!

Seth Price | Untitled, 2018, dye-sublimation print on synthetic fabric, aluminium, LED matrix 243,8 × 139,7 cm | Courtesy Sammlung Thiess

Mehr über den Wiener Kunsthandel erfahren Sie in unserer Sonderausgabe Auctions & Fine Arts!

Das könnte Sie auch interessieren