Die Schattenpionierin Gertie Fröhlich
Als Teenager musste Gertie Fröhlich 1944 das Trauma einer gefährlichen Flucht ihrer Familie aus der Slowakei nach Oberösterreich verkraften. Die Melancholie über die verlorene Heimat auf einem Gutshof mit Fischteichen sieht Hans Rauscher als Grund der späteren Wahl eines „träumerischen Stils“ in ihrer Grafik und Malerei.
Obwohl der Vater gegen das Künstlerinnendasein war, wurde sie an der Kunstgewerbeschule in Graz bei Rudolf Szyszkowitz ausgebildet, von dort wechselte sie an die Wiener Akademie zu Albert Paris Gütersloh, damals Begründer der „Wiener Schule des Phantastischen Realismus“. Sie kam schnell mit der Kunstszene in Berührung und lernte über seine Tochter Eva Maria auch den nach Kriegsende im New Yorker Exil verbliebenen Besitzer der „Neuen Galerie“ Otto Kallir-Nirenstein kennen. Da die Galerie in der Grünangergasse 1 nicht weitergeführt werden sollte, überredete Fröhlich 1954 Domprediger Otto Mauer, bei dessen katholischem Akademikerkreis sie einen Sommerjob hatte, eine neue Galerie zu begründen. Die Institution wurde zum zentralen Ort der Nachkriegsavantgarde. Fröhlich war offiziell Sekretärin der Galerie, die ab 1964 nächst St. Stephan hieß, eigentlich jedoch Programmleiterin und Kuratorin. Viele abstrakte Künstler aus dem sich um 1960 auflösenden internationalen Art Club wurden gezeigt, 1965 erstmals gemeinsam Wolfgang Hollegha, Josef Mikl, Markus Prachensky und Arnulf Rainer. Sie fanden wie später der Architekt Hans Hollein, Walter Pichler und Künstlerinnen wie Maria Lassnig, Helga Philipp, Kiki Kogelnik und Franziska Wibmer in der Galerie ihre geistige Heimat.
Fröhlich sprach frech von „Pfadfindergalerie“, was ihre gute Kenntnis der heterogenen Wiener Szene nach 1945 verrät. Abends dort, malte sie tagsüber an der Akademie bis 1956 mit Wasserfarben und Buntstift griechische Mythen aus weiblicher Perspektive und bekam nach dem Diplom den Herbert Boeckl-Preis. Sie studierte auch Bühnenbild und -kostüm am Max Reinhardt-Seminar, dazu Typografie. Ihre Vielseitigkeit mündete in viele Berufe wie künstlerische Grafik bis zu Werbung durch Plakate, Logos, Briefköpfe und Vignetten. Als Kostümbildnerin war sie für das Theater der Jugend, später auch das Vienna English Theater tätig. Ihre Grafik für Zeitungen wie die Wochenpresse, Die Furche und das Redaktionssekretariat für Neue Wege sind weniger bekannt als ihre über 100 Plakate, Flyer und das Logo Zyphius für das 1964 von Peter Kubelka gegründete Filmmuseum, für die sie in Frankreich, England und den USA ausgezeichnet wurde. Weiter lesen Sie in unserer PARNASS Winterausgabe.
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