Das Jahr fängt schon gut an
In der Woche nach den Weihnachtsferien ging der Galeriereigen 2022 lautstark los – freilich ohne große Vernissagen, aber mit zahlreichen sehenswerten Ausstellungen. Ein Rundgang.
Galerie Wonnerth Dejaco
Es sind nur zwei kinetische Objekte, die die Ausstellung Philipp Fleischmanns in der Galerie Wonnerth Dejaco ausmachen. Bezeichnend lautet auch ihr Titel „Two Film Sculptures“. Doch der Weg in die Galerie lohnt trotzdem – auch für nur zwei Arbeiten. 16mm Filmstreifen komponiert der Künstler zu einem bewegten Bilderleben, das sich irgendwo zwischen Videoskulptur und immersiver abstrakter Farbfeldmalerei ansiedelt. Arbeiten, die man im Original erleben muss und die sich eines ganzheitlichen Abbildes entziehen. Der Sound des im Projektor gezogenen Filmstreifen und die wechselnden Bilder verführen in ihrer Rohheit. Fleischmann projiziert kein gefilmtes Abbild eines Weltausschnittes, vielmehr macht er Licht- und Schattenwechsel zum Thema.
Galerie Zeller van Almsick
Mit dem Spiel von Abbild und Wahrnehmung geht es auch in der Galerie Zeller van Almsick weiter. Hier kuratiert Lotte Puschmann eine Gruppenausstellung zum Thema „Countershading“. Die Konterschattierung bezeichnet eine spezielle Form von Tarnung, die sich Licht und Schatten zu Nutze macht, und vor allem in der Fauna Anwendung findet. Hier wird das Tarnen und Täuschen in der gut besetzten Zusammenschau von Peter Kogler, Leni Michl, Anne Neukamp und Jonny Niesche aufgefächert.
Galerie Georg Kargl Fine Arts
Harmonisch in Dialog stehen auch Andreas Fogarasi und Mariana Castillo Deball in der Galerie Georg Kargl Fine Arts. Fogarasi zeigt neben einer sehenswerten Anzahl an seinen „Architekturpakten“ aka „Materialporträts“ – jenen markanten Arbeiten, in welchen der Künstler Teile von Abbruchhäusern zu einem kleinen Objektarchiv der Architekturzitate bündelt – auch zahlreiche Werke aus der Serie „Envelop“ von ihm zu sehen. Ausgezeichnet stellt sich dazu die Arbeit der mexikanischen Künstlerin Mariana Castillo Deball in Beziehung. Ihre Installation „Tonalpohualli“, die sich auf den 260-Tage umspannenden Kalender der Azteken bezieht, zieht sich durch große Teile der Ausstellung und steht geradezu bezeichnend für den Versuch der Künstlerin komplexes kulturelles Erbe mit gegenwärtigem Blick erfahrbar zu machen.
Galerie Sophie Tappeiner
Auch Sophie Thun befasst sich in neueren Werkserien, wie sie nun in der Galerie Sophie Tappeiner zu sehen sind, mit der Vergangenheit. Unter anderem steht die Auseinandersetzung mit dem Archiv der Künstlerin Zenta Dzividzinska (1944–2011) im Mittelpunkt. Thuns stark subjektiv geprägte Arbeitsweise regte einen körperlichen Austausch mit den in Riga hinterbliebenen Negativen Dzividzinskas an, die in ihrer Freizeit fotografierte. Mit Jahrzehntealter Verzögerung arbeitete Thun nun diese Fotos aus und stellt sich selbst in Bezug zu ihnen.
Galerie Hubert Winter
Unbedingt zu empfehlen ist noch ein Besuch in der Galerie Hubert Winter. Dort wird die erste Einzelausstellung von Jojo Gronostay gezeigt. Im Zentrum der Ausstellung steht die titelgebende, zweikanalige Videoinstallation „(RE-)CREATION“, aufgenommen in Accra. Der in Wien lebende Jojo Gronostay, der selbst ghanaische Wurzeln hat, initiierte ein Fußballspiel und setzte es als filmische Stimmungsarbeit um. Ein sensibles, tiefgreifendes Arbeiten, mit zahlreichen Winkeln und Interpretationsansätzen, in denen Kolonialismus nur ein Aspekt sein kann. Ein Künstler, den man sich merken sollte.