Cues on Point

Christine Sun Kim in der Secession

In ihrer Hauptausstellung zeigt die Secession Arbeiten der US-Amerikanerin Christine Sun Kim. Die gehörlose Künstlerin zeigt ein starkes Programm und beschäftigt sich mit Sound, Identität und Hierarchien, übt sich dabei jedoch in visueller Reduktion.


Schwarze Wellen rollen derzeit über die weißen Wände der Secession. Als wären sie in Eile, als würden sie möglichst schnell an ihr Ziel gelangen wollen, neigen sie sich schräg zur Seite. Beinahe wirken sie hastig aufgetragen, so sind die Linien nicht klar gezogen, und zwischen der schwarzen Farbe blitzt immer wieder der weiße Untergrund hervor. Sie stammen von der Künstlerin Christine Sun Kim, einer US-Amerikanerin, die derzeit in Berlin lebt. Ihre Kunst ist voll Rhythmus und Dynamik, sie sprüht vor Energie und scheint Einengungen und Beschränkungen des Ausstellungsraumes sprengen zu wollen. Sie thematisiert Sprache und Sound, Körper und Identität, Hierarchisierung und Ausschlussprinzipien – es ist vor allem ein Detail, das ihren Arbeiten ein besonderes Alleinstellungsmerkmal verleiht: Kim ist seit ihrer Geburt gehörlos.

CHRISTINE SUN KIM, Cues on Point, Ausstellungsansicht Secession 2023, Foto: Oliver Ottenschläger. Courtesy die Künstlerin, Secession und François Ghebaly Gallery

CHRISTINE SUN KIM, Cues on Point, Ausstellungsansicht Secession 2023, Foto: Oliver Ottenschläger. Courtesy die Künstlerin, Secession und François Ghebaly Gallery

CHRISTINE SUN KIM, Cues on Point, Ausstellungsansicht Secession 2023, Foto: Oliver Ottenschläger. Courtesy die Künstlerin, Secession und François Ghebaly Gallery

So bildet die Gebärdensprache eine wichtige Arbeitsgrundlage ihrer Kunst: Sie übersetzt die Zeichen in ausdrucksstarke Bilder, versieht sie mit einzelnen (geschriebenen) Wörtern, wiederholt die gemalte Gestik oft viele Male. Die Künstlerin untersucht Konvergenzen und Divergenzen zwischen ASL, also der Amerikanischen Gebärdensprache, und der englischen Sprache und zeigt pointiert und zugespitzt Missverständnisse und Ungerechtigkeiten auf. „Sprache“, so Christine Sun Kim, „ist nie starr und unveränderlich, sondern fluide und einem ständigen Wandel unterzogen.“ Das gelte für gesprochene genauso wie für die gebärdete Sprache und so setzt sie sich konstant damit auseinander, beobachtet auch soziale, audiovisuelle Medien wie TikTok und macht auf Fehlinterpretationen und Missdeutungen aufmerksam, etwa in der Arbeit „Tiktok Dilemma“, die inkorrekt rezitierte Gebärdensprache auf der App thematisiert. Ihre Themen verarbeitet sie multimedial, auch in der Secession sind neben der monumentalen Wandmalerei unter anderem Zeichnungen und eine Videoarbeit zu sehen.

Dieser Text wurde gekürzt. Den ganzen Artikel lesen Sie in unserer PARNASS Frühjahrsausgabe.

Secession

Friedrichstraße 12, 1010 Wien
Österreich

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