Nicht nur rund um die Artissima lohnt ein Besuch in Turin. Zahlreiche sehenswerte Ausstellungen können den ganzen Winter über besucht werden – hier unsere Tipps.


Michal Rovner

Fondazione Merz

bis 29. Jänner 2023

Das Werk der israelischen Künstlerin Michal Rovner ist ebenso poetisch wie politisch. Sie bespricht Fragen der Identität, der Dislokation und der Zerbrechlichkeit der menschlichen Existenz. Für die Ausstellung „Alert“ hat die Künstlerin in die Architektur der Fondazione eingegriffen und eine immersive Installation geschaffen. Die Videos und großformatigen Projektionen entstanden aus eigenem Erleben in der Landschaft rund um ihr Atelier. Als Reaktion auf die Flüchtlings- und Vertreibungskrise und die medial geschürten Ängste verbrachte sie, so erzählt Rovner, Nächte in den dunklen Feldern in der Umgebung ihres Ateliers und suchte die Begegnung mit Schakalen, mit dem Anderen, dem Verborgenen. Sie stellte sich den Gefühlen von Angst und Wachsamkeit, Urkräften, die aufkommen, wenn man nachts allein in der Natur ist.

Michal Rovner, Alert, 2022, Foto: Fondazione Merz


Arthur Jafa

OGR Torino

verlängert bis 12. februar 2023

Arthur Jafa konzipierte für die große Halle des OGR Torino eine Ausstellung, in der einige aktuelle Werke des Künstlers zu einer multimedialen Installation zusammengefasst werden. Ton, Bild und Raum werden hier zu einer Einheit und sollen, so Jafa im Interview, ein ganzheitliches Erlebnis ermöglichen. Die mit der Londoner Serpentine Gallery in Auftrag gegebene und produzierte Ausstellung stellt die US-afrikanische Musik in den Mittelpunkt, deren intensiver Sound die dystopischen großformatig projizierten Videobilder begleitet. Der Titel der Ausstellung „RHAMESJAFACOSEYJAFADRAYTON“ nennt die Namen von drei E-Gitarristen: Arthur Rhames (1957–1989), Pete Cosey (1943–2012) und Ronny Drayton (1953–2020). Die Ausstellung zeigt insbesondere Arthur Jafas Beziehung zur Musikszene und die für sein Werk wichtige wechselseitige Befruchtung.

Arthur Jafa, AGHDRA, 2021, Foto: Arthur Jafa/OGR Torino, Andrea Rossetti for OGR Torino


Ólafur Elíasson

Orizzonti tremanti | Castello di Rivoli

bis 26. März 2023

1999 realisierte Ólafur Elíasson im Castello di Rivoli seine erste Museumsausstellung außerhalb Skandinaviens. Nun zeigt er in der Manica Lunga, der langgestreckten Barockgalerie im letzten Stock des Castello di Rivoli, mit Orizzonti tremanti /Trembling horizons“ sechs immersive aktuell entstandene Kunstwerke, in denen das Licht komplexe Muster in fließender Bewegung in einem 360-Grad-Panoramaraum entfaltet und den Raum scheinbar erweitert – optische Täuschungen, die durch Spiegel und Lichtprojektionen entstehen. Einmal mehr verbindet Elíasson Natur, Wissenschaft, Ökologie und ästhetische Visualisierung anhand von Werken, die den Betrachter zur aktiven Teilnahme einladen. Diese neue Serie nennt Elíasson „Kaleidorama“, eine Kombination aus den Begriffen Kaleidoskop und Panorama. Die visuellen Kompositionen schwellen in Frequenz und Rhythmus an und ab – einige in sanften Wellen, andere in heftigem Zittern, je nach dem Verhalten des Wassers oder dem Einfluss der optischen Instrumente.

Olafur Eliasson, Navigation star for utopia (Stella di navigazione per l’utopia), 2022, acciaio inossidabile, legno (rovere), vetro colorato (rosso, verde), ottone, vernice (grigia, nera, rossa), luci LED (bianche) / stainless steel, wood (oak), colored glass (red, green), brass, paint (gray, black, red), LED lights (white) ø 137 cm, Veduta dell’installazione / Installation view Olafur Eliasson: Orizzonti tremanti, Castello di Rivoli Museo d’Arte, Contemporanea, 2022, Photo: Agostino Osio, Courtesy l’artista / the artist; neugerriemschneider, Berlin; Tanya Bonakdar Gallery, New York / Los Angeles, © 2022 Olafur Eliasson


Collezione Cerruti

Der Besuch der Sammlung Francesco Federico Cerruti (1922–2015) in seiner Villa am Vicolo dei Fiori unweit des Castello di Rivoli ist ein einzigartiges Erlebnis – ein Gesamtkunstwerk aus Architektur, Interieur und erlesensten Kunstwerken. Seit 2017 wird die nahezu unbekannte Sammlung vom Museum Castello di Rivoli in Kooperation mit der Fondazione per l'Arte verwaltet und ihr Bestand erfasst, erforscht und auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Cerruti ließ die Villa in den 1960er-Jahren für seine Eltern errichten, wohnte jedoch selten darin und bevorzugte ein kleines bescheidendes Appartement auf dem Fabriksgelände seiner Firma Legatoria Industriale Torinese, eines der führenden italienischen Buchbinderunternehmen, das bis in die 1990er-Jahre auch die italienischen Telefonbücher herstellte – ein einträgliches Geschäft, das den umfangreichen Kunstkauf ermöglichte.

Villa Cerruti, Foto: Antonio Maniscalco Castello di Rivoli


Pinacoteca Agnelli

Im Mai 2022 übernahm Sarah Cosulich die Direktion und baute die von Renzo Piano 2002 für die 25 Werke aus der Sammlung Giovanni und Marella Agnelli errichtete Pinacoteca Agnelli zu einem Kulturzentrum um, in dem zeitgenössische Kunst und die Kunst der Moderne nun in einen dynamischen Dialog treten. Auch unter Einbeziehung der Pista 500, der ehemaligen FIAT-Teststrecke am Dach des früheren Fiat-Firmengebäudes in Lingotto – ein auch für die Geschichte der Stadt ikonischer Ort – als Kunstparcours mit einem schönen Blick zu den Alpen rund um Turin bis hin zum markanten Monte Viso. Zu sehen sind Objekte unter andern von Nina Beier, Nan Goldin, SUPERFLEX, Sylvie Fleury, VALIE EXPORT, eine Videoarbeit von Mark Leckey und die Soundinstallation von Cally Spooner.

Sylvie Fleury, Turn Me On, First spaceship on Venus, Foto: Pinacoteca Agnelli Torino

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