Andy Warhol im mumok

Werke Andy Warhols waren zuletzt 1981 im mumok ausgestellt, noch zu Lebzeiten des Künstlers. Fast 40 Jahre später ist es an der Zeit, ihn und sein Schaffen neu zu bewerten. Neben seinem unbekannten Frühwerk wird die Pop Art-Ikone besonders als Ausstellungsgestalter und Installationskünstler vorgestellt. Das mumok widmet dem Künstler gleich drei Ausstellungen. Ab 8. Dezember öffnet das mumok seine Pforten wieder und bis 13. Dezember werden täglich 100 Freitickets an BesucherInnen vergeben. Die Buchung der Tickets und der entsprechenden Timeslots erfolgt über www.mumok.at. First come, first serve!


Mit einer Suppendose hat sich 1962 der damals 34-jährige Andy Warhol einen Fixplatz in der Kunstgeschichte gesichert. Zu Beginn einer Bewegung, die später als Pop Art bezeichnet wird, nimmt er ein kommerzielles Massenprodukt aus dem Supermarkt und „porträtiert“ es in Überlebensgröße. Nach den ersten, noch handgemalten Fertigsuppen geht Warhol zum industriellen Siebdruckverfahren über – und zur Massenproduktion. Auf die Campbell’s Soup Cans folgen die Starporträts von Marilyn Monroe, Elvis Presley und Liz Taylor, die Death and Disaster-Serie, die Flowers sowie die Brillo Boxen aus Holz. Die serielle Wiederholung lenkt weg vom trivialen Motiv und enthüllt gleichzeitig den manipulativen Charakter der Konsumkultur und der Medien. Das ist Andy Warhol, wie man ihn kennt. Dass er vor seiner kometenhaften Karriere als Pop Art-Superstar erfolgreicher Werbegrafiker in New York war, weiß man ebenso. Doch als er durch die genial-schlichten Soup Cans Berühmtheit erlangt, sorgt der Künstler dafür, dass sein Frühwerk in der Öffentlichkeit vergessen und nicht mehr erwähnt wird.

Dieses frühe, unbekannte Schaffen Warhols wird auf der Eingangsebene des mumok präsentiert. Es sind seine nicht-kommerziellen Arbeiten aus den 1950er-Jahren, Zeichnungen und Drucke mit homoerotischen Motiven, Serien und Bücher, sowie außergewöhnliche Papierobjekte.

Ausstellungsansichten / Exhibition views ANDY WARHOL EXHIBITS a glittering alternative Photo: Klaus Pichler ©mumok

Die Ausstellung ist das Ergebnis eines komplexen und aufwendigen Forschungsunternehmens. Kuratorin Marianne Dobner, die seit vielen Jahren zu Warhol forscht – auch in Zusammenarbeit mit der Andy Warhol Foundation in Pittsburgh –, rückt den Ausstellungsgestalter Warhol in den Fokus, seine Präsentationsarten sind ein wesentlicher Bestandteil seines Werkes; nicht das einzelne, autonome Kunstobjekt im Galerieraum zählt, sondern seine Ausstellungen sind immer ein Zusammenspiel der Werkgruppen zu einer raumspezifischen Installation. Auch liebte Warhol den leeren Raum:.

I really believe in empty spaces, although, as an artist, I make a lot of junk. Empty space is never-wasted space. Wasted space is any space that has art in it. An artist is somebody who produces things that people don't need to have but that he, for some reason, thinks it would be a good idea to give them

Andy Warhol (1975)

Das mumok betrachtet den Künstler auch im Kontext zu Minimal und Conceptual Art und liefert eine interessante kunsthistorische Neubewertung. 

Im Werk Andy Warhols überwiegt schon früh die Vielfalt und Differenz innerhalb einer Serie sowie das Prozesshafte – wenn man an seine „Boy Drawings“ und andere Zeichnungen aus den 1950er-Jahren denkt und das spätere Aufgreifen in einem anderen Medium. Nicht das Endergebnis, sondern ein sich ständig verändernder Prozess steht im Mittelpunkt seines Serienbegriffs. Warhol ist stets sehr konzeptuell, sowohl in seinen Arbeiten als auch in der Ausstellungs- und Präsentationsweise. Betrachtet man seine Vorliebe für den leeren Raum und das Reduzierte in der Präsentation, das Strukturierte und Cleane in seinem Werk, wird einem das Minimalistische und Konzeptuelle richtig bewusst. In „MISFITTING TOGETHER. Serielle Formationen der Pop Art, Minimal Art und Conceptual Art“ setzen Marianne Dobner und Kuratorenkollegin Naoko Kaltschmidt Warhols Schaffen in Bezug zu Minimal- und Conceptual Art, schließlich stellte er in den 1960er-Jahren stets mit Künstlern dieser Richtungen aus.

Ausstellungsansicht / Exhibition view MISFITTING TOGETHER. Serielle Formationen der Pop Art, Minimal Art und Conceptual Art / MISFITTING TOGETHER. Serial Formations of Pop Art, Minimal Art and Conceptual Art Charlotte Posenenske, Vierkantrohre (Serie DW), 1967 (1986) Robert Indiana, Love Rising / Black and White Love (For Martin Luther King), 1968 Roy Lichtenstein, Modular Painting with Four Panels #2, 1969 Robert Smithson, Six Stops on a Section, 1969 Photo: Klaus Pichler © mumok

Anstatt Repräsentatives, Bedeutsames, Malerei und Plastik aus dem Museumslager zu holen, wandte sich Warhol den kleinen Schätzen der angewandten Künste zu, wählte aus, was ihn unmittelbar und persönlich ansprach: Schuhkästen mit 194 Paar Schuhen, 17 Stühle, leere Rahmen, 57 Regenschirme, 12 Tapeten und mehrere Kopien von Porträtbüsten – nichts von wesentlicher kunsthistorischer Bedeutung. Sein Interesse am Seriellen lässt sich anhand der Auswahl gut nachvollziehen. Auch präsentierte Warhol die Objekte nicht nach den üblichen Klassifizierungssystemen, Chronologie, Stil oder Medium, sondern stellte sie genauso auf, wie er sie im Depot vorgefunden hatte.

Diese innovative Ausstellungs- und Display- Idee Warhols greift Kuratorin Marianne Dobner in der mumok Ausstellung DEFROSTING THE ICEBOX auf: Aus den bedeutenden historischen Beständen des Kunsthistorischen Museum Wien, das aufgrund seiner riesigen und zahlreichen Sammlungen lediglich vier Prozent ausstellen kann, wurde aus der Antikensammlung und dem Weltmuseum Wien (Warhol war ein fanatischer American Folk Art-Sammler) eine besondere Präsentation auf Ebene 3 zusammengestellt.

Ausstellungsansicht / Exhibition view DEFROSTING THE ICEBOX Die versteckten Sammlungen der Antikensammlung des Kunsthistorischen Museum Wien und des Weltmuseum Wien zu Gast im mumok / Guesting at mumok: The Hidden Treasures of the Collection of Greek and Roman Antiquities of Kunsthistorisches Museum and Weltmuseum Wien Photo: Klaus Pichler © mumok

mumok

Museumsplatz 1, 1070 Wien
Österreich

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