Adieu, Traklhaus

Dietgard Grimmer | Foto: Gerold Tusch

Kunst im Traklhaus besteht seit 1973 im Geburtshaus des Dichters Georg Trakl und hat sich zu einem bekannten und geschätzten Ausstellungsort für aktuelles Kunstschaffen in allen Techniken und Themen entwickelt. Von 1986 bis 2020 wurde die Landesgalerie „Kunst im Traklhaus“ von Dietgard Grimmer geleitet. Insgesamt kuratierte sie 376 Ausstellungen. Seit Ende Februar ist sie in Pension. Über die Nachfolge wurde bisher nichts bekannt. Margit Zuckriegl traf Dietgard Grimmer kurz nach ihrem Abschied von der Galerie im Traklhaus zu einem Gespräch.


PARNASS: Sie sind seit März 2020 in Pension. Nach 34 Jahren Ihrer Tätigkeit als Leiterin der Galerie im Traklhaus: was kann man in der Rückschau für ein Resümee ziehen?

Dietgard Grimmer: Eine Antwort auf diese Frage würde sehr umfangreich ausfallen. In wenige Worte gefasst kann ich in der Rückschau sagen, dass mit den Programmen im Traklhaus sehr viel erreicht wurde. Von der Verbesserung und Ausstattung der Räume bis zur Personalsituation, vom Erfolg der Ausstellungen (gemessen an Besuchern, Kritiken und dem erfreulichen Feedback der Kunstschaffenden, was ich besonders in den vergangenen Monaten erfahren durfte) ist die Bilanz sehr positiv.

P: Als Sie im Jahr 1986 die Galerie im Traklhaus übernahmen war das kein bekannter Ort für die Präsentation von Kunst; welche Aktivitäten gab es?

DG: Die Galerie im Traklhaus besteht seit 1973 im Geburtshaus von Georg Trakl in der Salzburger Altstadt. Bis 1983 war der Salzburger Kunstverein für das Ausstellungsprogramm in diesen Ausstellungsräumen zuständig. Auch andere Institutionen wie die Berufsvereinigung organisierten hier Ausstellungen.

Ab 1985 hat die Kulturabteilung des Landes Salzburg die drei Ausstellungsräume übernommen und zuerst ein gemischtes Programm mit Werken von hauptsächlich Salzburger Künstlern vorgestellt. 1986 begann das Förderprogramm mit dem Ziel, Arbeiten von jüngeren, noch nicht so bekannten Österreicherinnen und Österreichern zu präsentieren. Es sollten nicht nur Künstler aus Salzburg, sondern aus allen Bundesländern eine Starthilfe in Form einer Ausstellungsmöglichkeit erhalten.

Dieses Programm wurde ab Ende 1999 von einer neuen Ausstellungsreihe, einem Kooperationsprogramm mit anderen Museen und Institutionen, abgelöst. Darin geht es nicht mehr ausschließlich um die Förderung von jungen Künstlern, sondern mehr um einen weiteren Schritt in der Arbeit der Künstlerinnen und Künstler, den die Galerie im Traklhaus mit jüngeren und auch schon bekannteren Kunstschaffenden geht.

Kein Depot, kein Team, keinen Kühlschrank, nichts …

Dietgard Grimmer über die Anfänge des Traklhauses

In der österreichweiten Ausschreibung ist das Alterslimit, das bis 1998 bei 35 Jahren lag, aufgehoben. Die Ausstellungen werden gemeinsam mit einem anderen Ausstellungsraum in Österreich oder im Ausland geplant und Einzelkataloge werden herausgebracht und sind in der Salzburger Landesgalerie und anschließend – oder zum Teil auch vorher – in der anderen Institution zu sehen.

Bereits 1985 habe ich angefangen, für die Kulturabteilung des Landes zu arbeiten, ab 1986 gehörte die Betreuung des Traklhauses zu meinen Agenden. Damals gab es in der Galerie einen großen Tisch, einen Stuhl, einen Besen, wuchtige Eisenschienen mit Ketten zum Bilderaufhängen und eine miserable Neonbeleuchtung. Kein Depot, kein Team, keinen Kühlschrank, nichts … das Telefon hatte ich bald, ein WC hab ich adaptieren lassen, Minibüro, Büchertisch, Empfang wurden eingerichtet. Gott sei Dank konnte ich mit den neuen Programmen das Interesse eines kunstinteressierten Publikums wecken, das weit über die lokale Entourage hinausgeht.

Andy Warhol, Tom Sachs, Werner Reiterer, Gilbert & George, Hans-Peter Feldmann, Ausstellungsansicht, Kunst im Traklhaus, Salzburg

P: Wie hat sich das Programm der Galerie im Traklhaus in den Jahren positioniert? Welchen Stellenwert hat es zwischen Museen, Kunstverein, Galerien und Einrichtungen wie Fotohof, Stadtgalerie u.a.?

DG: Das Förderprogramm ab 1986 war österreichweit etwas Besonderes, etwas wirklich Neues. Das war für die ersten 15 Jahre sehr wichtig. Ab den 1990er-Jahren wollte ich eine größere Öffnung andenken, da sich nun auch andere Ausstellungshäuser dem Förderaspekt zugewandt hatten. Das Programm im Traklhaus ist für alle Kunstsparten und für Künstler aller Generationen offen; für mich war immer eine hohe künstlerische Qualität ausschlaggebend für ein Ausstellungskonzept. Im Sinne der Künstler ist es, die Ausstellungen mit Dokumentationen, Katalogen, Publikationen zu begleiten – damit erreicht man viele Interessierte, auch wichtige Kulturinstitutionen und man schafft ein Netzwerk, in dem sich das Traklhaus, die Künstler entsprechend präsentieren können. Kooperationen mit anderen Ausstellungshäusern vor Ort, in Österreich oder im Ausland waren mir immer wichtig. Ein Großteil der Aktivitäten des Traklhauses verdankt sich dieser Intention und die Künstler konnten davon profitieren.

Dietgard Grimmer | Foto: Gerold Tusch

Dietgard Grimmer | Foto: Gerold Tusch

P: Es gab explizite Zusammenarbeit mit anderen Institutionen bildender Kunst in Salzburg, vor allem dem neu gegründeten Rupertinum (heute Museum der Moderne), aber auch mit der Internationalen Sommerakademie, dem Fotopreis etc. Gibt es das heute noch, bzw. soll das wieder aufgegriffen werden?

DG: Ja, besonders in den Anfangsjahren des Rupertinums wurden viele gemeinsame Ausstellungen im Traklhaus organisiert, seit dem Neubau auf dem Mönchsberg war das allerdings beendet. Ebenso wie die ISBK nun fast keine Ausstellungen ihrer Mitwirkenden an anderen Orten mehr mitveranstaltet. Wichtig war vor allem das Zusammenwirken mit der räumlich nah gelegenen Grafischen Werkstatt und voriges Jahr gab es eine schöne Kooperation mit dem Salzburg Museum, also grundsätzlich ist das Programm im Traklhaus stark auf Kooperation ausgerichtet und sollte dies weiter verfolgen.

P: Da sind wir bei einem wichtigen Aspekt: wie wird es mit der Galerie im Traklhaus weitergehen? Gibt es ein Programm, für wie lange?

DG: Ich durfte bis Ende 2021 programmieren und vor allem die Ausstellungen fixieren, die in Planung waren und zu denen es Zusagen mit Partner-Institutionen gab. Weiters fixiert sind die Ausstellungen zu den jeweiligen Landespreisen. Wie es à la longue weitergeht, ist noch nicht kommuniziert. Der große Vorteil dieser Landesgalerie war, dass sie mit sehr geringem Budget funktioniert hat und doch viel Renommee gebracht hat, weit über die Landeshauptstadt und das Land Salzburg hinaus.

P: Was wäre wichtig für die Zukunft des Traklhauses? Welche Kernaufgabe soll die Galerie weiterhin beibehalten?

DG: Seit 2016 heißt der Ausstellungsort „Kunst im Traklhaus“. Damit signalisieren wir, dass die Galerie eine öffentliche Kulturinstitution und keine kommerziell geführte Galerie ist. Als Kunstraum offeriert er viele Möglichkeiten für Künstler auch für In-situ-Installationen, für Überschneidungen in Richtung Design, Schmuck, Keramik oder Outsider-Kunst. Mir war immer der Dialog wichtig und die Realisierung von aktuellen Projekten, etwa die im Traklhaus initiierte Begegnung von Esther Stocker und Flora Miranda, die ihren Niederschlag in einer viel beachteten gemeinsamen Collection fand.

P: Zum Schluss zu Ihrer persönlichen Bilanz: Sie haben ja im Landesdienst nicht nur „Kunst im Traklhaus“ betreut, sondern auch Atelieraufenthalte und Stipendien für Künstler ins Leben gerufen und organisiert, Förderungen und Ausschreibungen betreut, Preisvergaben organisiert, neue Kunstpreise schaffen können und die Kunstankäufe für die Landessammlung abgewickelt und viele zusätzliche Projekte realisiert. Zu viel in einer Hand?

DG: Ich denke nicht. Es hat mir große Freude gemacht, in den vielen verschiedenen Bereichen Künstler unterstützen zu können. Ob das so weiter gehen wird? Es ist ein großer Bereich mit vielen unterschiedlichen Anforderungen. In allen österreichischen Bundesländern gibt es Leute für die Landesgalerien und andere, die in den Kulturabteilungen die Förderungen und Projekte betreuen. Es wäre zu wünschen, dass eine gute Lösung gefunden wird und Kunst im Traklhaus das Renommee, das in 30-jähriger Tätigkeit erarbeitet wurde, weiter halten und ausbauen kann.

Draußen vor der Tür Da draußen spielt mit Wolken der Wind, / Die kommen wie wir, von irgendwo. (Georg Trakl, Die Vollendung) Ein Stück nach Wolfgang Borchert / mit Dietgard Grimmer Regie: Julius Deutschbauer / Foto: Matthias Hermann, fotografische Assistenz: Michael Baschata, Styling: Sarah Kretschmer Ort: Traklhaus, Waagplatz 1A, 5020 Salzburg / Zeit: immer

Das könnte Sie auch interessieren