Ab nach Paris: Martha Jungwirth wechselt zu Thaddaeus Ropac

Mit 81 Jahren mischt sie die Pariser Szene auf: über zwei Etagen bei Thaddaeus Ropac im Marais mit neuesten Arbeiten, fleischiger Palette und energischem Duktus. Begeistert vom Post-Abstrakt-Expressionistischen sind vor allem junge Künstler*innen, berichtet der Galerist unserem Pariser Autor J. Emil Sennewald.


Misstrauisch sind die Pariser, wenn es um Malerei geht. Sie kamen trotzdem schauen – gekauft wurde vor allem im Ausland. „Die neue Zusammenarbeit mit Martha Jungwirth ist ein Zeichen, eine Strategie“, sagt Thaddaeus Ropac, entspannt in die Herbstsonne blinzelnd, vorm Eingang der großen Hallen seiner zweiten Galerie im Pariser Vorort Pantin, „mit ihrer Arbeit, aber auch mit Neuzugängen wie Mandy El-Sayegh, Megan Rooney oder Rachel Jones antizipieren wir einen Trendwechsel hin zum Abstrakten im weiter wachsenden Interesse für Malerei.“

Man könnte auch sagen: Ropac forciert eine aktuelle Tendenz (siehe Parnass Up&Coming 2021). Dass er es durchgehend mit Frauen tut, gehört dazu. „Das ist sicher nicht falsch“, antwortet der Galerist lächelnd, „gleichzeitig sind wir aufmerksam auf das, was von Sammler*innen und Museen gefragt wird.“ Das gilt auch für die Alex Katz-Ausstellung, die hier in Pantin eröffnet. Frankreichs Chef-Kunsthistoriker Eric de Chassey wählte jene Werke des 94-jährigen New Yorkers, die als abstrakter Impressionismus bezeichnet werden könnten: Wasserspiegelungen, Wellen, pastellige Landschaften. Im Marais kommen die großen Formate der 13 Jahre jüngeren Wienerin keinesfalls pastoral-milde daher: „Sie hat eine unbändige Energie“, schwärmt Ropac, „die sich vor ihren Werken überträgt. Das macht sie so einzigartig.“ Tatsächlich hielten manche Besucher*innen ihren explosiv-leiblichen Gestus für den einer jungen Malerin. „Sie ist, trotz der großen Solo-Ausstellung in der Albertina, noch immer beim großen Publikum kaum bekannt“, erklärt der Galerist, „trotz ihrer großen Bedeutung für die österreichische Kunstgeschichte.“

PARNASS Special Up&Coming

Jungwirth, 2018 mit dem Oskar-Kokoschka-Preis ausgezeichnet, sei international ein „artist’s artist“. In Österreich wirke sie, nach den zehn Jahren als Professorin an der Universität für angewandte Kunst Wien (1967 bis 1977), nach ihrem Soloauftritt auf der documenta 1977, oder nach dem Preis der Stadt Wien für Bildende Kunst 1986, vor allem erheblich auf die Entwicklung der Kunst, weniger auf das breite Publikum. Kenner sehen die intensive Mal-Erfahrung hinter den Kompositionen. Nur vordergründig wie hingeworfen, nimmt die Figur einen klaren Platz ein in den gähnenden Räumen ihrer großen, auf Leinwand gezogenen Kartons, die sie im großen Saal im Erdgeschoss der Galerie so inszeniert, dass die Lebendigkeit dieser Malerei zum Tragen kommt. „Sie kam selbst zur Hängung, natürlich“, berichtet Ropac, „das war sehr wichtig, dass sie die Räume auf sich wirken lässt. Zu ihrer Vernissage kam übrigens auch Peter Handke, das hat sie sehr berührt, es ergab sich ein herzlicher Austausch.“ In der zweiten Etage der Galerie hat die Künstlerin kleine Formate aufgereiht, Möglichkeit für Intimität.

Martha Jungwirth, Ohne Titel, 2020, Öl auf Papier auf Leinwand, Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac

Nähe zur Malerei ist nicht leicht für eine französische Kunstszene, die über Jahrzehnte Gemälde höchstens als Meta-Malerei zuließ.„Mit Martha Jungwirth stellen wir in Paris eine bedeutende Künstlerin vor, deshalb bin ich sehr froh darüber, dass das Centre Pompidou eine große Arbeit aus seiner Sammlung während unserer Ausstellung hängt“, freut sich Thaddaeus Ropac. Jungwirth aus Wien abzuziehen, am internationalen Markt zum Bluechip aufzubauen – das bleibt nicht ohne Kritik. „Ja klar, man hat uns vorgeworfen, die Preise stark anzuheben“, gibt der Galerist zu, „aber ich finde, sie hat das einfach verdient.“ Auch hier zeigt sich der Kunsthändler marktgenau: In Österreich konnten jüngste Auktionen ihrer großen Werke die Taxe teils verfünffachen. Zur Reaktion von Galerien wie Ursula Krinzinger, die sich sehr aktiv für Jungwirth eingesetzt hat, oder auch vom Pariser Rivalen David Zwirner, bleibt der Salzburger vornehm schmallippig: natürlich bleibe eine solche Abwerbung nicht unbemerkt, „doch Martha hat jetzt einen Lebens- und Werkabschnitt erreicht, in dem sie ihre Kräfte sammeln will, und zwar auch in Bezug auf ihre Vertretung am internationalen Markt.“

Galerie Thaddaeus Ropac - Paris Marais

7 Rue Debelleyme, 75003 Paris
Frankreich

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