Im Porträt

85 und kein bisschen leise | Margot Pilz

Klug, humorvoll, aufwühlend, vielfältig: Margot Pilz zeigt in der Kunsthalle Krems ab 23. Oktober einen Querschnitt ihres Schaffens.


Eva – aus Adams Rippe geformt? Ha! Diese biblische Rollenverteilung findet Margot Pilz geradezu lachhaft. Weshalb sie die biblische Schöpfungsgeschichte korrigiert und Michelangelos berühmtes Fresko in der Sixtinischen Kapelle mit einer riesigen Neonskulptur feministisch richtiggestellt hat: „Göttin schuf Eva“ ist eines der eigens für ihre Personale in der Kunsthalle Krems geschaffenen Hauptwerke. Das Ripperl gibt es extra, auch in Neon.

„Ich bin uralt und werde sichtbar“, diesen Satz sagt sie gern. Margot Pilz, geboren 1946 in Haarlem/Niederlande, ist von mitreißendem Elan und ebensolcher Arbeitslust. Pause?  Später. Irgendwann. Ihr jugendlicher Geist ist hellwach, die Fantasie überbordend, der feministische Kampfgeist ungebrochen, die Begeisterung mitreißend, der Humor treffsicher. Und außerdem sieht diese Frau einfach fantastisch aus. Die Arbeit an der Ausstellung und dem Katalog, das ist aus jedem Wort hörbar, in jeder Geste bemerkbar, macht sie froh – und, ja, auch ein wenig stolz.

Keine Erinnerungslücken. Jedes Datum parat. Jedes Erlebnis so frisch, als wäre es gerade erst gestern passiert: etwa, dass sie 1978 bei einem Frauenfest der IntAkt (Internationale Aktionsgemeinschaft bildender Künstlerinnen) wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt von der Polizei unsanft an den Armen gepackt und abgeführt wurde. „Dabei habe ich nur den einen Satz gesagt: ‚Lassen Sie Ihre Aggressionen nicht an uns Frauen aus!‘ Sechs Frauen und ein Mann haben mich begleitet und mir den Zettel mit der Telefonnummer eines Rechtsanwalts in die Hand gedrückt, der dafür bekannt war, Künstler zu verteidigen.“ Die konnte sie auch brauchen, denn es trudelten fünf Anzeigen ein: „150 Schilling für dies, 250 für das, und ich hatte eh kein Geld!“ Dank der anwaltlichen Hilfe und der Widersprüche in den Polizistenaussagen blieb von den Anzeigen nichts übrig.

Folgenlos war der Polizeieinsatz für sie dennoch nicht: Er rüttelte wohl ihre furchtbaren Erlebnisse in einem Internierungslager auf Java wieder wach: Ihre Eltern flüchteten mit der kleinen Margot vor Hitlers Mörderbanden aus den Niederlanden nach Indonesien. Nach Nazidiktion war Margot als Enkelin eines Wiener Juden eine Viertel- und ihre Mutter eine Halbjüdin. Als die Japaner in Indonesien einfielen, landeten Mutter und Tochter in einem Lager. „Once upon my Time“ sollte sie die Performance nennen, mit der sie diese Erlebnisse ein halbes Jahrhundert später künstlerisch aufarbeitete.

Weiter lesen Sie in unserer PARNASS Ausgabe 03/2021!

Margot Pilz, My wild life, 2018, Foto: Daniela Beranek

Margot Pilz | Selbstauslöserin

23. Oktober 2021 bis 3. April 2022

Kunsthalle Krems

 

Margot Pilz | >Sassy Sequences<

24. September – 13. November 2021

Galerie3

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