Während in den „Giardini“ und dem „Arsenale“ die 59. Biennale in Venedig über die Bühne geht, werden auch viele Palazzi der Stadt zum Schauplatz sehenswerter Ausstellungen. Ebenso empfehlen wir den Besuch in den großen Ausstellungshäusern der Stadt, von Gallerie dell´Accademia bis zum Guggenheim Museum.


Anish Kapoor

Gallerie dell´Accademia und Palazzo Manfrin

bis 9. Oktober

In der „Accademia“ ist der englische Bildhauer Anish Kapoor zu Gast. Der Kurator des Rijksmuseums in Amsterdam, Taco Dibbits, hat die Schau zusammengestellt und lenkt die Aufmerksamkeit in einer Retrospektive auf die wesentlichen Momente in Anish Kapoors Künstlerkarriere. Die gezeigten Werke stehen in einem dynamischen Dialog mit der hauseigenen Kunstsammlung. Kapoor deutet beispielsweise mittels der haut-ähnlichen Oberfläche von Objekten als Schleier zwischen Innen- und Außenwelt, zwischen Körper und Geist gewisse Parallelen zur Kunst der Renaissance an. Neue Arbeiten, die auf Kohlenstoff-Nanotechnologie basieren und die der Künstler als „Nicht-Objekt“ bezeichnet, sind ebenfalls zu sehen. Es geht ihm um die Erforschung der Essenz venezianischer Malerei und Interaktion mit Werken von Tizian, Veronese, Tintoretto und anderen mit seiner einzigartigen visuellen Sprache von Farbe, Licht, Raum und Perspektive.

ANISH KAPOOR | Gallerie dell’Accademia di Venezia, 2022 | © by the artist, Foto: © Attilio Maranzano


Anselm Kiefer

Dogenpalast

bis 29. Oktober

Mit Anselm Kiefer im Dogenpalast gelingt ein großer Paukenschlag. Anknüpfend an die Feierlichkeiten zum 1600. Jahrestag der Gründung Venedigs im vergangenen Jahr hat der deutsche Maler und Bildhauer einen Gemäldezyklus geschaffen, dessen Titel sinngemäß „Wenn diese Schriften verbrannt werden, werden sie endlich etwas Licht geben“ lautet. Er ist dem Werk des 1983 in Rom verstorbenen Philosophen Andrea Emo entnommen. Die 33 monumentalen Bilder unterstreichen in der historischen Sala dello Scrutinio die Rolle der zeitgenössischen Kunst in der Reflexion universeller Themen. Überlieferte Geschichte, Mythen, Bücher und Bibliotheken ziehen sich als Inspirationsquellen durch das Œuvre von Anselm Kiefer. Er entlehnt ihre Motive, um sie für seine Art der Deutung oder Darstellung des Unbegreiflichen heranzuziehen.

ANSELM KIEFER | Palazzo Ducale, 2022 | Foto: Georges Poncet


Ocean Space Venice

The Soul Expanding Ocean #3

bis 2. Oktober 2022

Ocean Space in der Kirche von San Lorenzo in Venedig wurde von der TBA21–Academy zum wissenschaftlichen Zentrum für Ausstellungen, Forschung und öffentliche Vermittlungsprogramme etabliert. Im Rahmen der Biennale sind Arbeiten der afrikanischen Künstlerin Dineo Seshee Bopape und der portugiesischen Künstlerin Diana Policarpo zu sehen.  

DIANA POLICARPO | Ocean Space, 2022, Foto: PARNASS


Marlene Dumas

Palazzo Grassi

bis 8. Jänner 2023

Die großangelegte Personale „open-end“ der 1953 in Kapstadt geborenen Künstlerin ist sehenswert. Eindrücke des Apartheid-Regimes sowie Reflexion aktueller politisch wie gesellschaftlichen Gegebenheiten bilden sich eindrucksvoll in Collagen, Texten, Ölgemälden und Tuschezeichnungen ab. Leid, Angst, Verzweiflung werden auch in ihren Porträts sichtbar Aber auch Liebe, Tod, Geschlecht, Rasse oder Schuld kommen als Themenkomplexe vor. Oft sind es abfotografierte Bilder aus Zeitungen, Zeitschriften oder Filmen, die Dumas ihren eigenen Arbeiten zugrunde legt.

MARLENE DUMAS | Palazzo Grassi, 2022 | Foto: PARNASS


Louise Nevelson

Procuratie Vecchie

bis 11. September 2022

Bei der 31. Venedig Biennale war Louise Nevelson (1899–1988) eine von vier Künstlern, die den US-amerikanischen Pavillon bespielten. Nun, 60 Jahre später, muss sie sich die Bühne nicht mehr teilen und überzeugt solo mit einer poetischen Großgeste in den Procuratie Vecchie als offizielles Collateral Event der 59. Venedig Biennale. Zum ersten Mal in der 500-jährigen Geschichte des Gebäudes wurde ein großer Teil der Procuratie Vecchie nach einer mehrjährigen Restaurierung des Gebäudes unter der Leitung von David Chipperfield Architects Milan, die auch als Berater für die Ausstellung agierten, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ein dichtes Kunsterlebnis mit junger Kunstgeschichte, das diese Würdigung mehr als verdient: Das intuitive und unkonventionelle Werk von Louise Nevelson funktioniert als Artefakt des 20. Jahrhunderts genauso wie als präziser Kommentar zum Heute. Die hervorragende Lichtsetzung der penibel restaurierten Umgebung tut ihr Übriges. Eine klare Empfehlung!

LOUISE NEVELSON | Procuratie Vecchie, 2022 | Foto: Lorenzo Palmieri


Bosco Sodi

Palazzo Vendramin Grimani

bis 27. November 2022

Die Fondazione dell'Albero d'Oro präsentiert im Palazzo Vendramin Grimani, zwischen Campo San Polo und Canale Grande Arbeiten des mexikanischen Künstlers Bosco Sodi. Der heute in New York lebende Künstler ist bekannt für seine Objekte und Malereien in denen er rohe Naturmaterialien in Szene setzt. Die wertvollen Pigmente seiner Wandbilder stammen aus der ganzen Welt und erzählen verweisen durch ihre Herkunft auf ihren historischen Hintergrund  auf der ganzen Welt. Viele der Werke, die in der Ausstellung zu sehen sind, entstanden direkt vor Ort und wurden vom Künstler in einen eindrucksvollen Dialog mit den opulenten Räumen des venezianischen Palazzo gesetzt.

Bosco Sodi, Palazzo Vendramin Grimani, Foto: PARNASS

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