Galerie Emanuel Layr, Vienna/Rome, Frieze London 2019 | Courtesy: Galerie Emanuel Layr, Vienna/Rome

Unsicher ist, ob der Brexit nun im Oktober tatsächlich real wird, sehr real waren aber Anfang Oktober die internationalen Kunstverkäufe auf der Frieze. Wenn auch nicht überall „fanatisch“, so scheint die Lage am zeitgenössischen Kunstmarkt doch wesentlich solider als am politischen Parkett Großbritanniens.


Die ganze Messe spiegelte sich wortwörtlich in der ikonischen blauen Kugel „Gazing Ball“ von Jeff Koons, an der sich die Kunstwelt eigentlich schon sattgesehen hat. Wie ein alter Bekannter begrüßte sie nun aber die Besucherinnen und Besucher vergangene Woche gleich am Eingang der Frieze. David Zwirner fuhr dort sein ganzes Angebot auf. Neben Koons brachte er etwa Wolfgang Tillmans, Neo Rauch und Isa Genzken. Für 3,8 Millionen US-Dollar soll die Galerie die Arbeit „Car Girl 2” (2019) von Kerry James Marshall in einem großen Museum platziert haben. Jubelmeldungen wie diese blieben nicht aus – Brexit zum Trotz.

„Vor der Eröffnung der Messe war sich niemand sicher, ob und wie sich der Brexit auf die Messe auswirken würde, und ich freue mich sagen zu können, dass es keinen wirklichen Effekt gab“, so die Direktorin der Frieze Fairs Victoria Siddall im Interview mit Artsy. Wenngleich auch die absoluten Millionenrekorde ausblieben, was weniger als Spiegel des Brexits zu sehen ist, denn vielmehr als Status Quo des Kunstmarktes im Allgemeinen, sind doch Auktionsverkäufe über 10 Millionen im ersten Halbjahr um 35 Prozent zurückgegangen, wie artnet im Halbjahresbericht vorlegte.

Nicht weit von Zwirner zeigte die Galerie Thaddaeus Ropac eine sehenswerte Arbeit von Georg Baselitz – eine Figur wie im Sturz kopfüber. Für 1,2 Millionen wurde „Nicht, nicht verloren“ (2019) verkauft. Ebenda wechselte auch der Publikumsliebling „Kiss“ von Elizabeth Peyton um eine halbe Million den Besitzer, während Gagosian seinen Solostand mit Sterling Ruby überhaupt in wenigen Stunden am ersten Tag ausverkaufen konnte (einzelne Arbeiten lagen ungefähr bei 325.000 US-Dollar).

Unbestrittener Verkaufsstar der Messe war wieder Hauser & Wirth. Über 20 Millionen US-Dollar konnten auf der Frieze sowie der wenige Meter entfernten Frieze Masters umgesetzt werden. Mit 6,5 Millionen US-Dollar für eine Arbeit ohne Titel aus dem Jahr 1968 von Cy Twombly (Frieze Masters) und 5 Millionen US-Dollar für Philip Gustons „Arm“ (1979) sowie weiteren 3,4 Millionen US-Dollar für Mark Bradfords „A Molded Pool of Stories“ (2019) wurden bereits am ersten Tag einige Millionenrekorde gemacht.

Messestand Galerie Thaddaeus Ropac, Frieze 2019 | Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, Salzburg/Paris/London

Messestand Galerie Thaddaeus Ropac, Frieze 2019 | Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, Salzburg/Paris/London


Die Wiener Galerien auf der Frieze

Neben Ropac aus Salzburg – der seit 2017 erfolgreich eine Niederlassung im Londoner Mayfair führt – konnten auch die Wiener Galerien in London punkten. Vielbeachtet brachte Emanuel Layr eine Auswahl aus seinem Programm mit und stellte zum ersten Mal in der Hauptsektion der Messe aus. „Ich habe einzelne der Künstler schon in der Sektion ‚Focus‘ präsentiert, jetzt geht es mir darum, sie in Bezug zu setzen und einzelne starke Werke zu platzieren“, so der Galerist. Erfolgreich gelang ihm dies bereits seit der Art Basel 2018 mit Stano Filko.

Inzwischen konnte er Filko in die Sammlungen des Kunstmuseums Basel und der Tate Modern verhelfen, arbeitet exklusiv mit dem Estate zusammen und zeigte Stano Filko diesen Herbst nicht nur auf der Frieze, sondern auch auf der viennacontemporary – jeweils mit Arbeiten, die trotz des Interesses von privaten Sammlern vorzugsweise an Institutionen verkauft werden sollen. Hier gibt es infolge der Messen auch bereits weitere Gespräche.

In London wählte er eine sehenswerte Farblehre Filkos, gezeigt im Kontext des Galerieprogramms – gleichwertig interagierten am Stand Lena Henke, Philipp Timischl, Lisa Holzer und reizvolle Hocker aus den faszinierenden Welten von Cécile B. Evans. „Das Interesse war nicht so fanatisch, aber wir konnten durch harte Arbeit von jedem Künstler etwas verkaufen“, resümiert Layr.

Galerie Emanuel Layr, Vienna/Rome, Frieze London 2019 | Courtesy: Galerie Emanuel Layr, Vienna/Rome

Galerie Emanuel Layr, Vienna/Rome, Frieze London 2019 | Courtesy: Galerie Emanuel Layr, Vienna/Rome

Hingegen erstmalig in der Sektion Focus heuer mit dabei: Sophie Tappeiner. Gemeinsam mit Sophie Jung nahm sie an der „Live“, also der Performance-Reihe der Frieze, teil und intervenierte dabei im Zentrum des Focus – jenem Messebereich, der sich auf Galerien, die maximal 15 Jahre alt sind, fokussiert.

Weitere Wiener Beteiligungen kamen von der Galerie Martin Janda, der eine Arbeit von Jakob Kolding an eine institutionelle Sammlung verkaufen konnte und großes Interesse für Nilbar Güres verbuchen konnte, während die Galerie Krinzinger Arbeiten von Martha Jungwirth erfolgreich verkaufen konnte, wie Eva Komarek in der Presse am Sonntag berichtete.

Eine neue kuratierte Sektion feierte dieses Jahr Premiere: Woven. Cosmin Costinas, Kurator und Executive Director von Para Site, Hong Kong, kuratierte den neuen Themenbereich, der sich mit Textilien, Webereien und Vermächtnissen des Kolonialismus befasste. Stellenweise gelang dieser Exkurs recht vorzeigbar, wie etwa bei Nature Morte, die Arbeiten von Mrinalini Mukherjee zeigten, einem indischen Bildhauer, dessen Ausstellung im Met Breuer heuer bereits viel diskutiert wurde. Andernorts verlor sich der Bereich in Beliebigkeit und hätte vielleicht besser in die Messe integriert werden sollen – man widmete Woven stattdessen eine Reihe von Ständen an einer rückseitigen Außenwand.

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