L: Rembrandt Harmensz. van Rijn (Leiden 1606–1669 Amsterdam), Großes Selbstporträt, datiert 1652, Öl auf Leinwand, 112 × 81,5 cm, Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 411 © KHM-Museumsverband R: Mark Rothko (Dvinsk 1903–1970 New York), Untitled, 1959/60, Tempera auf Papier, 97 × 64 cm, The Collections of Christopher Rothko, Inv.-Nr. 2122.60c ©2016 by Kate Rothko Prizel and Christopher Rothko

Zum Jahresende lässt das PARNASS Team persönliche Ausstellungshöhepunkte des auslaufenden Jahres Revue passieren. Was hat uns überrascht, amüsiert, berührt? Und was war längst überfällig?


Blockbuster Titel waren auch in diesem Jahr ein wiederkehrendes, nicht immer erfüllendes Thema – man denke etwa an „Beauty“ von Sagmeister & Walsh im Wiener MAK. Dass hinter einem einfachen Titel aber ein komplexes und stimmiges Konzept stecken kann hat der Kunstpalast Düsseldorf mit der Ausstellung „Black & White. Von Dürer bis Eliasson“ eindrucksvoll bewiesen. In heterogener Harmonie standen sich hier monochrome Werke vom späten Mittelalter bis heute gegenüber, so etwa Andrea Mantegna, Peter Paul Rubens, Rembrandt, Josef Albers, Heinz Mack, Jackson Pollock. Dazu kamen zwei begehbare Installationen von Ólafur Elíasson und Hans Op de Beeck.

Nicht weniger ambitioniert widmete sich das Whitney Museum of American Art in einer Sammlungsausstellung dem Thema „Protest“. Wohlwissentlich, dass eine solche Gruppenschau nie vollständig sein kann, gab man dem berührenden und stimmgewaltigen Zusammentreffen von Barbara Kruger, Martha Rosler, Carl Pope und vielen mehr den Titel „An Incomplete History of Protest”.

„Die Notwendigkeit bewusst machen, in einer zunehmend bedrohlicher werdenden Welt die vielfältigen Aspekte des Menschseins präsent zu halten“ möchte auch die sehenswerte, noch laufende Ausstellung „Pas de deux“ im Römisch Germanischen Kolumba Köln. Gekonnt kuratiert versammelt die Schau zum 10. Geburtstag des Hauses Arbeiten von ca. 500.000 vor Christus bis 2016 und bringt dabei kulturelle Phänomene, die durchaus wiederholten Dialog bedürfen in den Fokus.

Carl Pope (b. 1961), Some of the Greatest Hits of the New York City Police Department: A Celebration of Meritorious Achievement in Community Service, 1994 (installation view, Whitney Museum of American Art). Photograph by Ron Amstutz

Carl Pope (b. 1961), Some of the Greatest Hits of the New York City Police Department: A Celebration of Meritorious Achievement in Community Service, 1994 (installation view, Whitney Museum of American Art). Photograph by Ron Amstutz

Ebenfalls in Köln beeindruckte Haegue Yang mit ihrem Soloauftritt im Museums Ludwig. Die weltweit ersten Überblicksausstellung der Künstlerin versammelte über 120 Werke: von aktionsgebundenen Objekten der 1990er Jahre über Lackbilder, Fotografien, Papier- und Videoarbeiten, anthropomorphe Skulpturen und performative Werke bis hin zu raumgreifenden Installationen. Gerade wurde Haegue Yang vom Kunstkompass als „Aufsteigerin des Jahres“ gewählt.

Ähnlich hat sich Bruce Nauman im Schaulager Basel eingebrannt.

In derselben Liste rangiert gleich hinter ihr auf Platz zwei die Polin Alicja Kwade. Mit großer Geste präsentierte sie sich diesen Herbst in der König Galerie. Neben eindrucksvollen Skulpturen aus Stein und Glas wird auch die mächtige über den Köpfen lautstark pendelnde Uhr wohl kein Besucher so schnell vergessen.

Ähnlich hat sich Bruce Nauman im Schaulager Basel eingebrannt. Selten gelingt einer so umfassenden Retrospektive einen Künstler so persönlich und gleichsam anziehend zu vermitteln.

Hague Yang, Mountains of Encounter, 2008, Aluminiumjalousien, pulverbeschichtete Aluminiumhängestruktur, Stahlseil, bewegliche Scheinwerfer, Flutlichtstrahler, Kabel, Maße variabel, Gemeinsame Erwerbung der Gesellschaft für Moderne Kunst und des Museum Ludwig anlässlich des Wolfgang-Hahn-Preis 2018 Installationsansicht Haegue Yang: ETA 1994–2018. Wolfgang- Hahn-Preis 2018, Museum Ludwig, Köln, 2018
 © Haegue Yang | Foto: Museum Ludwig, Šaša Fuis, Köln

Hague Yang, Mountains of Encounter, 2008, Installationsansicht, Haegue Yang: ETA 1994–2018, Museum Ludwig, Köln, 2018
 © Haegue Yang | Foto: Museum Ludwig, Šaša Fuis, Köln


Unsere österreichischen Highlights

Auch in Wien gelang ein solches Vorhaben. Anlässlich ihres 85. Geburtstags widmet die Albertina der österreichischen Künstlerin Florentina Pakosta jene groß angelegte Retrospektive, die längst überfällig war. Ihre starken feministischen Gesten erhielten dank einer präzise gehängten Ausstellung 2018 endlich den verdienten Grad an Aufmerksamkeit.

Ein vergleichbarer Coup gelang auch der Secession. Bereits seit mehreren Jahren wird Rudolf Polanszky vermehrt am Markt gefragt. Diesen Frühling wurde der Wiener Künstler in der Secession ausgestellt – feingliedrig und melodisch präsentierte er sich und ist seither auch in Österreich wieder ins Blickfeld geraten. Zu Recht wie wir finden.

Ein vergleichbarer Coup gelang auch der Secession.

Unter den Gruppenausstellungen positioniert sich „The Shape of Time“ klar unter den Jahresfavoriten. Mit Gespür platzierte Jasper Sharp 19 Interventionen in der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museum, darunter auch herausragende Auftragsarbeiten von Peter Doig und Kerry James Marshall, und schlug damit den Bogen der Sammlung in die Gegenwart, denn „dem Kunsthistorischen Museum fehlen 218 Jahre Kunstgeschichte!”, wie Sabine Haag zur Eröffnung der Ausstellung verlauten ließ.

Dies auszugleichen, ohne dem Charakter der Sammlung in die Quere zu kommen, war ein Balanceakt der dem Museum hervorragend gelang. Auch abseits der institutionellen Szene gelangen ungewöhnliche Inszenierungen und wilde Paarungen. Etwa mit „Played“ der Salzburger Sommerausstellung der Galerie Ebensperger, die geradlinige gemeinsam mit weniger augenscheinlichen Interpretationen von „verspielt“ versammelte. Unter ihnen etwa John Bock, Christian Schwarzwald und Sandro Kopp – vielfältig wie ausgewogen.

Raffiniert mit den ausgleichenden Kräften umzugehen weiß auch der mexikanische Künstler Jose Dávila, den Marlies Wirth für eine Einzelausstellung im Kunstraum Franz Josefs Kai 3 nach Wien brachte. Dávila strapazierte in seinen prägnanten Objekten die Grenzen der Physik – gerade immer bloß so weit, um als Sieger aus dem Kampf zwischen Form und Materie hervorzugehen.

Gerade noch ein Geheimtipp war etwa die Ausstellung von Eugen Wist im Skulpturinstitut.

Einzigartig collagierte Materialität war es auch womit Iza Tarasewicz die Galerieräume von Croy Nielsen überzeugend konfrontierte. Die 1981 geborene Polin ist spätestens seit sie am polnischen Pavillon der diesjährigen Architektur Biennale in Venedig mitgewirkt hat eine vielbesprochene Newcomerin.

 Hannah Perry, Shock Absorber, 2018 Ausstellungsansicht, Halle für Kunst & Medien, Graz, Foto: MK

Hannah Perry, Shock Absorber, 2018, Ausstellungsansicht, Halle für Kunst & Medien, Graz, Foto: MK

Auch Hannah Perry, gerade in Miami von der Galerie Lisa Kandlhofer präsentiert, ist längst keine Unbekannte mehr. Ihre Soloschau „Rage Fluids“ im Künstlerhaus Graz hat es mit dem einnehmenden Vibrato – eine von Bässen getragene Skulptur erschloss den gesamten Hauptraum des Ausstellungshauses – und mit ihrer provokanten Kritik des Typus „Macho“ unter unsere Höhepunkte geschafft.

Aber auch weniger etablierte Positionen sind uns 2018 zahlreich ins Auge gefallen. Gerade noch ein Geheimtipp war etwa die Ausstellung von Eugen Wist im Skulpturinstitut. Mit seiner Präsentation auf der Parallel verdeutlichte der junge in Wien lebende Künstler, 1989 in Russland, Sibirien geboren, dann abermals seine faszinierende Art Räume zu erschließen. Ebendort, auf der diesjährigen Parallel, bewies sich auch Sophie Hirsch gekonnt. Aktuell stellt sie in der MQ Art Box aus.

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