Tony Ourslers „Specular“
Die monumentale, im Dornbirner Stadtgarten gelegene Montagehalle einer ehemaligen Maschinenfabrik mit ihrer imposanten Raumhöhe von mehr als elf Metern präsentiert sich in der aktuellen Bespielung durch den amerikanischen Künstler Tony Oursler komplett im Dunkeln. Sieben von der Decke abgehängte oder am Boden liegende „Augen“ blitzen bunt daraus hervor.
Ihre Pupillen werden jeweils zu einer Art Camera obscura, in der die unterschiedlichsten Geschichten verhandelt werden. „Specular“ nennt der 64-jährige New Yorker seine mit sieben Kunststoffkugeln mit Durchmessern zwischen einem und zwei Metern bestückte, speziell für den Ort entwickelte Rauminstallation. In ihrer Anmutung verströmt sie nicht zufällig das Flair des Surrealen, nennt der ursprünglich von der Malerei beziehungsweise klassischen Bildhauerei herkommende Künstler doch neben den Pop-Künstlern Salvador Dalí als eines seiner großen Vorbilder. Nach Experimenten mit Fotografie, Performativem und Videokunst begann er ab den 1970er-Jahren damit, Letztere aus der Enge des Bildschirms zu befreien, indem er Videos auf diverse unkonventionelle Untergründe projizierte. Etwa Schauspieler, deren Gesichter oder andere Körperteile er durch einen Monitor oder ein Kissen ersetzte, sodass sie zu Zerrbildern des Realenwurden.
Tony Oursler, Obscura, Installationsansicht: Black Box, Kaohsiung Museum of Fine Arts, Kaohsiung, Taiwan, 2021
In seinem seit 1996 laufenden Projekt „Obscura“ bevorzugt Tony Oursler dagegen neuerdings die perfekte Glätte von Kunststoffkugeln als Projektionsfläche – sozusagen ins Monumentale aufgeblasene Augäpfel, die zum visuellen Einfallstor für die Welt werden. Geflutet mit Erzählfragmenten, Bildern voller narrativer Brüche und mehrfach überlagerter Wahrnehmungen. Da taucht auf einer der Sphären etwa eine Netzwerkgrafik mit einem ehemaligen US-Präsidenten im Zentrum auf, auf einer anderen sind Teile eines Renaissancegemäldes zu sehen, auf wieder einer anderen steht nur das Wort „Left“. Zu lesen als subversive Reaktion des Künstlers auf den via TV, Internet und soziale Medien ubiquitär verbreiteten Bilderterror. Ein Thema, das den Medienkünstler besonders in aktuellen Pandemiezeiten sehr beschäftigt.
Tony Oursler, Obscura, Installationsansicht: Black Box, Kaohsiung Museum of Fine Arts, Kaohsiung, Taiwan, 2021
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