Leopold Museum

Amazing | The Würth Collection

Die Würth Collection zählt zu den größten Privatsammlungen Europas. Das Leopold Museum zeigt nun eine Auswahl anhand einiger Meisterwerke – von der klassischen Moderne bis hin zu zeitgenössischer Kunst – und ermöglicht so eine Reise durch rund 100 Jahre Kunstgeschichte.


Am 1. Dezember 2022 erzielte das Auktionshaus Grisebach mit 23,2 Millionen Euro einen internationalen Rekordpreis für Max Beckmanns „Selbstbildnis Gelb-Rosa“ von 1943. Eingeliefert wurde es direkt aus der Familie des Malers – ein auratisches Bild von besonderer Farbgebung. Der Bieter, der sich gegen Gebote aus fünf Ländern durchsetzte, war der Sammler Reinhold Würth. Ende Dezember outete er sich als Käufer, er möchte das Bild alsbald in einem seiner Museen bei freiem Eintritt präsentieren. Es wird also nicht nach Wien reisen. Das Porträt reiht sich in das umfangreiche Konvolut von Arbeiten Beckmanns in der Sammlung Würth ein, zu dem auch das bekannte Bild der Ehefrau des Künstlers „Quappi in Blau im Boot“ von 1926/1950 zählt, das im Leopold Museum sehen ist.  

Was Reinhold Würth in seiner bald 60-jährigen Sammelleidenschaft zusammengetragen hat, umfasst rund 500 Jahre Kunstgeschichte – Werke vom späten Mittelalter bis zum frühen 21. Jahrhundert. Süddeutsche Renaissanceporträts finden sich ebenso darunter wie ganze Werkblöcke von Anselm Kiefer, Max Ernst oder Christo und Jeanne-Claude. Als der aus der Zeit Goethes stammende Fürstenbergische Bilderschatz aus Donaueschingen zum Verkauf stand und drohte auseinandergerissen zu werden, kaufte Würth den Gemäldebestand mit Werken aus dem 15. und 16. Jahrhunderts, darunter auch Tafeln von Hans Holbein dem Älteren, dem Meister von Meßkirch, Lucas Cranach dem Älteren und anderen. Seit November 2008 ist die spätmittelalterliche und neuzeitliche Kunst bei freiem Eintritt in der säkularisierten und zum Museum umgebauten Johanniterkirche in Schwäbisch Hall zu sehen.

Angeblich war es der Fotograf Paul Swiridoff, der nach Kriegsende als Galerist tätig war, der Reinhold Würth zur Kunst brachte. Legendenbildung oder auch nicht: Fakt ist, dass Reinhold Würth 1971 mit Emil Noldes „Wolkenspiegelung“ aus dem Jahr 1935 um 60.000 Deutsche Mark sein erstes Bild erwarb. Mit Werken des Spätimpressionismus und Expressionismus fand er einen Einstieg in das Sammeln von Kunst – und die Sammlung wuchs mit dem Erfolg und der internationalen Präsenz des Unternehmens. Bald folgten Beispiele klassischer Abstraktion, insbesondere der École de Paris, sowie figurative Positionen der 1960er- und 1970er-Jahre. Mit vielen Künstlern verband und verbindet das Sammlerpaar auch langjährige freundschaftliche Beziehungen, etwa mit Anselm Kiefer, Georg Baselitz, Rudolf Hausner, den Bildhauern Alfred Hrdlicka und Anthony Caro oder mit Christo und Jeanne-Claude. 1995 verhüllten Christo und Jeanne-Claude das Museum Würth von innen mit Stoffbahnen und Packpapier. „Wrapped Floors and Stairways and Covered Windows“ gilt als die größte Innenverhüllung, die Christo jemals realisierte. Heute besitzt die Sammlung Würth die umfangreichste Sammlung von Werken des Künstlerpaares.

MAX BECKMANN, Quappi in Blau im Boot, 1926/1950 © Sammlung Würth, Foto: Volker Naumann, Schönaich

Die Sammlung Würth im Leopold Museum

Carte blanche hatte Hans-Peter Wipplinger bei der Auswahl für die Ausstellung im Leopold Museum, und hat aus der beinahe 20.000 Objekte umfassenden Sammlung 200 Meisterwerke ausgewählt. Diese sind sechs Monate auf zwei Ausstellungsebenen zu sehen. Die exzellente Mittelalter-Bestände sind allerdings nicht in Wien. Der Fokus liegt – auch im Hinblick auf die hauseigene Sammlung – auf der Klassischen Moderne und der Kunst des 20. Jahrhunderts. Die Schau umfasst Werke der französischen Spätimpressionisten, eine große Anzahl an Gemälden Max Liebermanns, des deutschen Expressionismus und Beispiele aus den umfangreichen Sammlungsbeständen abstrakter wie konkret-konzeptueller Kunst. Einzelne Künstlerräume zeigen Schwerpunkte der Sammlung mit Werken etwa von Anselm Kiefer, Max Beckmann oder Max Ernst, von denen die Würth Collection neben Gemälden auch einen dichten Bestand an Grafiken umfasst. Werke von Edvard Munch veranschaulichen dessen Einfluss auf den deutschen Expressionismus.

Darüber hinaus können in Wien Werke von Max Beckmann in unmittelbarer Korrespondenz mit Arbeiten von Picasso gesehen werden. Eine Kombination, die auch für die im Herbst geplante Ausstellung „Pablo Picasso – Max Beckmann – Mensch, Mythos, Welt“ vom Von der Heydt-Museum gemeinsam mit dem Sprengel Museum Hannover konzipiert wird. Max Beckmann maß sich lange Zeit mit der Kunst in Paris und suchte den kreativen Wettstreit. Picasso und Beckmann sollen sich geschätzt haben, auch wenn sie sich nie begegnet sind. Als Beckmann 1931 eine Ausstellung in der Pariser „Galerie de la Renaissance“ hatte, soll Picasso – laut dem deutschen Galeristen und Sammler Günther Franke – bemerkt haben: „Il est très fort“ (Er [Beckmann] ist sehr stark). Als während der Kriegsjahre Picassos „Guernica“ neben Beckmanns Triptychon „Abfahrt“ im Museum of Modern Art in New York präsentiert wurde, lobte die Kritik die ästhetische Kraft Beckmanns. So gibt es in dieser Ausstellung auch eine Reihe interessanter „Suberzählungen“, betont Hans-Peter Wipplinger.

JOSEF ENGELHART, Am Wörthersee, 1900 © Sammlung Würth Foto: Volker Naumann, Schönaich

Österreichische Kunst in der Würth Collection

Zwei Räume sind österreichischen Künstlern gewidmet – besitzt doch die Sammlung Würth das größte Ensemble österreichischer Kunst außerhalb des Landes. Skulpturen von Alfred Hrdlicka, Fritz Wotruba, Rudolf Hoflehner, Malerei der „Neuen Wilden“ von Damisch, Brandl oder dem jüngeren Franco Kappl, Werke von Maria Lassnig, Rudolf Hausner, abstrakt-figurative Werke von Jürgen Messensee, Kurt Kocherscheidt und anderen. „Reinhold Würth sammelt nicht nach dem Markt“, so Hans-Peter Wipplinger, „sondern Künstler, die er schätzt und deren Bilder ihn begeistern. Im Vordergrund steht ein persönliches Interesse.“ So kommen auch ungewöhnliche Schwerpunkte zustande, wie etwa Kunst aus Mexiko und Polen, Werke des Kolumbianers Fernando Botero oder der bemerkenswerte Skulpturenbestand mit Positionen von Horst Antes bis hin zu Eduardo Chillida, Tony Cragg, Richard Deacon, Antony Gormley oder dem Österreicher Markus Redl. Seit 2005 berät ein Kunstbeirat die Sammlung der Würth-Gruppe, zu dem Museumsdirektoren gehören, wie auch seit 2017 Maria Würth, Kunsthistorikerin und Enkelin des Sammlers. Sie betont, dass Würth nicht „sammelt, um zu besitzen, sondern um zu teilen, um die Gemeinschaft zu bereichern und um Kulturgüter zu bewahren.“ 

Dieser Text wurde gekürzt. Den ganzen Beitrag lesen Sie in unserer PARNASS Frühjahrsausgabe.

GUNTER DAMISCH, Rotweg Weissfeld, 2004/05 © Sammlung Würth Foto: Ralph Feiner, Malans © Gunter Damisch

Leopold Museum

Museumsquartier
Museumsplatz 1
1070 Wien
Österreich

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