Studio Diary - Theresa Hattinger
Kunst wird produziert. Ob in den städtischen Ateliers oder auf dem Land, wohin einige der Künstlerinnen und Künstler sich zurückgezogen haben. Wir haben sie um Einblicke aus den Ateliers und Notizen zu dieser Zeit gebeten. Heute schickt uns Theresa Hattinger die an der Schnittstelle von Kunst und Deisgn agiert persönliche Zeilen.
"Isolation also: In die Luft schauen und mit den eigenen Gedanken allein sein kann gruselig werden wenn man nicht aufpasst. Das fehlende "Aufdieschultergeklopfe" der Peers, die man ernst nimmt oder auch nicht, fällt mehr auf als gedacht. Die Fähigkeit zur Eigenlegitimation ist beim Teufel. Man ist sich selbst der einzige Maßstab, was oft gleichbedeutend scheint mit der eigene Henker. Was ist viel, was ist wenig, und was ist zu viel oder zu wenig?
Einmal musste ich heulen. Die im Halbschlaf gemurmelten tröstenden Worte waren dann "Gögö. Wirf den Nagel nicht an die Wand." Something definitely gone wrong in Sprichwortland. Die morgendliche Erklärung dazu leuchtete dann aber ein: "Naja der bleibt da ja nicht hängen."
Also begann ich diesen gehypten Bibelpodcast von Sabine Rückert zu hören und über Geschichten nachzudenken die von jeder Zeit neu gedeutet werden. Und ob diese Fähigkeit sie zu guten Geschichten werden lässt. Bei mir wären das dann die inneren Monologe in Woche 1 der Ausgangssperre im Vergleich zu denen der Wochen 2, 3, 4 und 5. Alles ist eben eine Ewigkeit wenn man möchte.
Auch diese eine Frage die mich schon lange begleitet kroch wieder hervor: wieso kommen wir nie ohne das Erklärmodell "Ursache ist gleich Wirkung" aus? Wie viel Schaden entsteht allein durch dieses Denkmuster und wo hat es (evolutionäre) Vorteile? Warum ist es so schwer Zufall und Wahllosigkeit zu akzeptieren?
Alle Pläne stoppten. Auch das ist nichts Neues. Kurzum erklärten wir also unsere Hausfassaden zur Ausstellungsfläche. Wir, das sind meine Nachbarin, geschätzte Kollegin und gute Freundin Magdalena Kreinecker und ich. Auch die Hausverwaltungen hatten Kurzarbeit angemeldet.
In der Zwischenzeit verarbeitete ich noch das Füllmaterial meines Sofa zu Kunst und richtete in der Duschkabine ein Fotostudio ein. Mittlerweile bin ich aber wieder in unser geteiltes Studio gezogen und meine Möbel sind vor mir sicher. So wie ich vor ihnen.
Dabei wäre ich eigentlich gerade gar nicht hier. Am 1. Mai hätte meine Artist Residency in Buenos Aires begonnen. Jetzt bin ich hingegen Besitzerin eines Ticketgutscheins einer holländischen Airline die nicht unwahrscheinlich ohnehin hops geht."