Studio Diary - Michaela Schwarz-Weismann

Michaela Schwarz-Weismann, Atelier, Foto: © Jork Weismann

Die gebürtige Tirolerin Michaela Schwarz-Weismann studierte von 1998 bis 2002 an der Universität für angewandte Kunst in Wien und 2004/05 am Royal College of Art, London. Eigentlich wäre bis 1. April 2020 ihre Ausstellung "Enchated Garden", kuratiert von Alexandra Grubeck, im Oberösterreichischen Kunstverein zu sehen gewesen. Anstelle eines realen Rundgangs mit der Künstlerin sendet sie uns ein paar Zeilen und Ansichten aus ihrem Wiener Atelier. Zumindest fotografisch können wir auch in die Ausstellung blicken.


"Wenn die Musik aufhört zu sprechen, entstehen die Geräusche. Die Gedanken werden laut, das Unausgesprochene flüstert. Aus welchem Material ist Stille? Was passiert im Schlaf? Diese Fragen beschäftigen mich seit langem. Der Schlaf, die Idee der Verwundbarkeit während des Schlafes, das Ausgeliefertsein, egal ob reich oder arm, erfolgreich oder nicht. Die Reinheit dieses Zustandes, der eigentlich so gar nicht mehr in unsere optimierte gestylte Zeit passt.

Dieser Stillstand ist so laut. Wie eine Explosion.

Michaela Schwarz-Weismann

Mein Atelier liegt im Dachgeschoss, es ist sehr hell, mit großen Fenstern, an denen die Vögel und die Geräusche der Stadt vorbeiziehen. Es ist ein fröhlicher, bewegter Ort. Jetzt ist es sehr still hier. Und leer. Ich bin erst vor ein paar Monaten hier eingezogen. Viele Arbeiten, die ich hier gemalt habe, hängen zurzeit im oberösterreichischen Kunstverein in Linz. Die Ausstellung ist geschlossen. Manchmal schicken mir Linzer Freunde Fotos, die sie durch die Auslagen durch machen. Dann erinnere ich mich wieder daran, dass es da eine Eröffnung gab. Am 4. März 2020. Das kommt mir vor wie vor einer Ewigkeit, wie aus einem anderen Leben. "Enchanted Garden" heißt der Titel der Ausstellung und thematisiert eine Welt, in der plötzlich alles stehenbleibt. Damals hatte ich noch keine Ahnung, dass das bald Realität wird.

Ich bin froh, dass mein Atelier gerade so leer ist. Tabula rasa. Das passt zu dieser Situation. Ich male derzeit vorwiegend kleine, intuitive Aquarelle, oder schreibe. Es ist mehr ein Sortieren meiner Gefühle und Fragen. Mehr geht gerade nicht. Dieser Stillstand ist so laut. Wie eine Explosion."

Michaela Schwarz-Weismann, Atelier, Foto: © Jork Weismann

Michaela Schwarz-Weismann, Atelier, Foto: © Jork Weismann

Einblicke in die Ausstellung im Oberösterreichischer Kunstverein

"In der Ausstellung inszeniert Michaela Schwarz-Weismann einen magisch-malerischen Zaubergarten", so die Kuratorin Alexandra Grubeck, "indem sie neue Facetten des Themas Stillstand präsentiert". Die Ausstellung umfasst die neue und beindruckend intensive Werkgruppe "Enchanted Garden", sowie Arbeiten der Serie "Sleeping Men", die – von Schlafperformances begleitet – mit großem Erfolg bereits 2018 in Wien zu sehen war. Stillstand fasziniert Michaela Schwarz-Weismann schon lange, auf vielfältige Weise: formal, narrativ, vor allem als Antithese zu einer überdynamisierten und ins Unendliche optimierten Welt. Schlaf und Ruhe als Lösung, um auf Bedrohung zu reagieren, als Idee der sinnvollen Flucht, als Möglichkeit sich zu entziehen, – auch um sich wieder anders anzunähern. Untersuchte sie zunächst Schlaf als politisches Statement, als Moment des Nichtkonsumierens, als Gegenentwurf zum Neoliberalismus, so nähert die Künstlerin sich hier nun weiteren, weniger radikal anmutenden Facetten des Innehaltens, wobei die Grundidee des Regenerierens ebenso mitschwingt. Nun geht es mehr um eine Verweigerung das Alltägliche betreffend, gepaart mit dem Hinterfragen „klassischer“ Träume, weniger um einen Kontrapunkt zum patriarchal kriegerischen Denken. Dafür bemüht die Künstlerin das archaische Dornröschenmotiv und verknüpft dieses mit der Frage nach Schönheit, bis hin zum oftmals völlig sinnentleerten, gierig-kompromisslosen Streben nach diesem so existentiell erstrebenswert scheinenden Gut. (Text: Alexandra Grubeck)

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