Studio Diary - Lavinia Lanner

"Die Isolation erreicht mich inmitten meines 3-wöchigen Artist-in-Residence im Schloss Wiespach, südlich von Salzburg. Gar nicht weit von hier, am Fuße des Tennengebirges, bin ich aufgewachsen und doch erlebe ich die Gegend neu. In Hallein bin ich jetzt (H)allein. Wie es die Natur dieser Arbeitsaufenthalte so will, bin ich eh isoliert und tue das, was ich auch im Wiener Atelier machen würde: ich zeichne. Mein Atelier hier ist großzügig, ich kann mehrere große Formate parallel machen. Ein Luxus. Der Schlossherr hat mir erlaubt, länger hier zu bleiben, also wird weitergezeichnet. Wohin dann mit der ganzen Kunst? Bis auf Weiteres ist alles abgesagt bzw. verschoben. Das hat mich im ersten Moment erstarren lassen. Geplante Ausstellungen geben ja doch eine Orientierung durch das Jahr.

Dass jetzt alle anderen auch plötzlich über ihre Zeit verfügen, ist neu. Tipps, wie man die Zeit sinnvoll verbringt, haben mich anfangs irritiert und – nein – ich möchte jetzt keine Découpage-Technik lernen, lasst mich mit eurer Isolations-Romantik bloß in Ruhe, ich habe keine Zeit, denn: an meinem Rhythmus ändert sich auch jetzt nichts.

Irgendwas macht der äußere Umstand des kollektiven Zuhausebleibens aber trotzdem mit mir. Nulla dies sine linea - plötzlich überdenke ich meinen sonst so hochgehaltenen Leitsatz der täglichen Emsigkeit. Eine neue Art der Kontemplation setzt ein. An manchen Abenden frage ich mich: Was mache ich da? Gerade jetzt. Does it matter?

Am nächsten Morgen ist dann alles plötzlich wieder ganz klar. Ich zeichne weiter. Mein Motto habe ich aber trotzdem überdacht, es lautet jetzt versöhnlich: Ein Strich nach dem anderen."