Studio Diary - Jakob Gasteiger

Studio Gasteiger © Jakob Gasteiger

Trotz Shut Down – Kunst wird produziert, ob in den städtischen Ateliers oder auf dem Land, wohin einige der Künstlerinnen und Künstler sich zurückgezogen haben. Wir haben sie um Einblicke aus den Ateliers und Notizen zu dieser Zeit gebeten.


Jakob Gasteiger lebt und arbeitet in Wien und im Weinviertel. Uns hat er Einblicke in sein Wiener Atelier geschickt. Derzeit läuft noch seine Ausstellung im W&K Palais der Galerie Wienerroither & Kohlbacher.

Jakob Gasteiger entwickelte sein Werk im erweiterten Feld der Malerei, in einem Crossover von Malerei, Grafik, Objekt und Fotografie. Seine Bildkonstitution beruht dabei auf einer stringenten Verfahrensweise, die im Sinne der Konkreten Kunst einer konsequenten Reduktion folgt und auch das Prinzip des Seriellen einbezieht. Gasteiger studierte Bühnenbild an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Salzburg und lebt seit 1972 in Wien. Sein umfangreiches Œuvre besteht aus unterschiedlichen Werkgruppen, die in ihrer künstlerischen Intention stets miteinander in Beziehung stehen. 1984 beginnt Gasteiger mit „strukturierten Arbeiten“, in denen er mit einem aus Karton geschnittenen, kammartigen Werkzeug die Farbe über die Leinwand zieht, sodass eine Struktur von Farbgraten entsteht. Der malerische Aspekt der Gestik wird durch den Kamm ersetzt, und der reliefartige Farbauftrag impliziert die Frage nach dem Bild und seiner Objekthaftigkeit, ebenso wie jene nach dem Materialcharakter der Farbe und der Bedeutung des Bildträgers.

Studio Gasteiger © Jakob Gasteiger

Studio Gasteiger © Jakob Gasteiger

Die Farbe wird in einem systematischen Prozess, der durchaus sowohl der Wahl des Materials als auch dem Duktus einer Veränderung unterworfen ist, auf die Leinwand gebracht. Durch das Ziehen eines Kammwerkzeuges entsteht in der dichten, opaken Farbmasse eine lineare Struktur, und die körperliche Bewegung schreibt sich in die Farbmasse ein. Die präzisen Experimente im Feld einer radikalen Reduktion schließen auch stets Variationsmöglichkeiten mit ein, die sich aus dem Prozess des Arbeitens am Bild ergeben und in weitere Bilder einfließen.

Die Farbe ist für Jakob Gasteiger kein Bedeutungsträger auf der Leinwand, weder im Hinblick auf ihren emotionalen Gehalt noch im Sinne eines ikonographischen Anspruchs. Die wiederholende Tätigkeit des Farbauftragens und Strukturierens des Materials Farbe verweigert sich jedem Bildinhalt. Vielmehr bezeichnet der Künstler die Malerei als ein System von Handlungsabläufen. „Es geht um den Prozess, die Malerei, die Farbe, all die Komponenten, die ein Bildobjekt ausmachen, und sie sind gleichzeitig der Inhalt“, so der Künstler in einem Interview mit Paula Watzl für PARNASS 2019.

Es geht um den Prozess, die Malerei, die Farbe, all die Komponenten, die ein Bildobjekt ausmachen, und sie sind gleichzeitig der Inhalt

Jakob Gasteiger

Die der Malerei immanenten Effekte wie Tiefenräumlichkeit oder Stofflichkeit entstehen dennoch, jedoch nicht im illusionistischen Sinn, sondern allein durch das Material selbst. In vieler Hinsicht ist Jakob Gasteiger ein genauer Beobachter von Materialprozessen, die er auch nicht vollständig kontrollieren will; so lässt er im Rahmen seiner Kompositionsschemata durchaus die Eigendynamik des Materials zu. Ein weiteres Interesse gilt der Reflexion des Lichtes, das an der Oberfläche durch die Grate gebrochen wird und dem Bild auch eine räumliche Präsenz verleiht. In den letzten Jahren arbeitete er mit flüssigem Aluminium, das er ähnlich einem kalligraphischen Zeichen auf die Leinwand schüttete oder auch zu dreidimensionalen Objekten formte. In dieser Werkphase interessierte den Künstler vor allem das Arbeiten mit Materialien, die im eigentlichen Sinne keine Farben sind, wie flüssiges Aluminium oder Farbe aus reflektierenden Glaspartikelchen, wie sie auch auf den Autobahnschildern verwendet werden.

Studio Gasteiger © Jakob Gasteiger

Studio Gasteiger © Jakob Gasteiger

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